Die Alben des Jahres: 30 bis 21
Nicht verpassen! | 50 – 41 | 40 – 31 | 30 – 21 | 20 – 11 | 10 bis 01 |
30. Chris Cresswell – One Week Record
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Wo manch einer ‚One Week Record‚ nur zu leicht in die „Punkrock-Frontmann-
29. The Menzingers – Rented World
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‚Rented Word‚ ist, so ehrlich muss man wohl selbst als glühender Verehrer der Band sein, ein ziemliches Nummer-Sicher-Album geworden – und damit das erste dieser Art im weiterhin makellosen Menzingers-Katalog. Begnügen sich die Vier aus Scranton diesmal doch weitestgehend damit, die Errungenschaften des herausragenden Meisterstücks ‚On the Impossible Past‚ zu verwalten, inklusive einem gehaltvoll hinzuaddierten Plus in Sachen rockiger Stadion- und Radiotauglichkeit. Man darf ‚Rented World‚ insofern durchaus ein wenig enttäuschend finden, muss den Menzingers selbst im stagnierenden Modus allerdings neidlos zugestehen, dass dieses auf Nummer Sicher gehen immer noch genügt, um das Gros der Konkurrenz mit dem verinnerlichten Händchen für erstklassige Songs geradezu mühelos wirkend in die Tasche zu stecken. Auf Tonträger konserviert einerseits, direkt und unmittelbar von der Bühne geschmettert sowieso.
28. Aphex Twin – Syro
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Als ein Zeppelin mit markantem Logo über London auftauchte, sah es so aus, als würde demnächst die Zukunft für die elektronischen Musik beginnen – kaum geringere Erwartungshaltungen weckte alleine die Aussicht auf das erste Aphex Twin-Album seit knapp 13 Jahren; wofür auch sonst hätte Richard D. James seinen Winterschlaf nach der vorbereitenden Mottenkistenausgrabung Caustic Window beenden sollen? Wenige Monate und ein vitales Marketingfeuerwerk später war man schlauer: ‚Syro‚ klingt nicht nach einer weit entfernten Zukunft, sondern hätte so tatsächlich sogar weitestgehend auch im Windschatten von ‚Drukqs‚ erscheinen können. Was einem aber nur vor Ohren führt, dass eben niemand außer Aphex Twin die Lücke füllen kann, die der immer schon seiner Zeit vorauseilenden Aphex Twin vor eineinhalb Jahrzehnten hinterließ. Retrofuturistisch ist das also, wenn man so will. Mit dem erstaunlich zugänglichen ‚Syro‚ (vielleicht ist gerade seine Zugänglichkeit DIE Überraschung an einem überraschenderweise erfreulich überraschungsarmen Album!) positioniert James sein Flaggschiff jedenfalls anhand einer aufwärmenden Fingerübung über unzähligen akribisch geschichteten Spuren. Eine die Dinge geraderückende, Neu-Startrampe für die Zukunft.
27. Pharmakon – Bestial Burden
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In der Legendenbildung ist die 24-Jährigen Margaret Chardiet schon recht weit fortgeschritten. Vor ihrer Europatour 2014 musste sich die New Yorkerin einer Notoperation unterziehen, die auf die Entnahme eines inneren Organes hinauslief. Die Musik auf ‚Bestial Burden‚ entstand zum Großteil nach diesem Einschnitt in ihrem Leben, und angesichts des bisherigen Output der Künstlerin als Pharmakon wäre es verwegen zu sagen: das hört man. Man sieht es allerdings, und so ist es wohl nicht zu weit hergeholt, die krankhafte Rastlosigkeit die auf diesen unbequemen dreißig Minuten zur Schau gestellt wird in diesem Kontext zu sehen. Vom Opener ‚Vacuum‚ an durchzieht ‚Bestial Burden‚ eine panische Angst, die Pharmakons (selbst)zerstörerischen Noise immer öfter am Ruhepol festhält. Ähnlich dem ersten Song des phänomenalen ‚Abandoned‚ befindet man sich sofort in einer ganz oder gar nicht Situation, anstatt markerschütternd zu brüllen hyperventiliert Chardiet sich als Leitmotiv durch diese klaustrophobischen anderthalb Minuten, und weit genug in ‚Intend or Instinct‚ ist es dann ohnehin zu spät umzukehren. Von Kotzgeräuschen bis Schlachtengetrommel feuert Chardiet aus allen Rohren um den geneigten Hörer in ihr Unwohlsein zu integrieren, nur um den laschen Griff um den Hals im Moment des größten Unbehagen, den letzten albtraumhaften Klängen des Titeltracks straight outta Silent Hill, abrupt zu lösen. „Remember when we used to play?“
26. Ought – More Than Any Other Day
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Wie es tatsächlich geklungen hätte, wenn Parquet Courts, die Talking Heads, Clap Your Hands Say Yeah! und Sonic Youth in einen Raum gesperrt worden wären und darin eine Mischkulanz aus ausschweifender Party und theoretischem Vortrag gefeiert hätten, wird man wohl nie mehr mit absoluter Sicherheit in Erfahrung bringen. Dass Ought mit ‚More Than Any Other Day‚ am Ergebnis allerdings ziemlich eng vorbeischrammen dürften, ist dank einem nimmermüden Spielball aus akribisch verzweigtem Post-Artpunk und disharmonisch noisig ausfransendem Indierock mit Math-Schlagseite alledings sehr wohl möglich. Zumindest wer bei ‚Only Run‚ wieder nicht fand, was an Alec Onswourths Musik grundsätzlich längst verloren gegangen zu sein scheint, oder die ‚Sunbathing Animals‚ als zu wenig explosiv wahrgenommen hat, darf mit Thurston Moore zum ‚Weather Song‚ abtanzen, als gäbe es kein Morgen.
25. Cloud Nothings – Here and Nowhere Else
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Mit ‚Attack on Memory‚ hat Dylan Baldi Cloud Nothings nicht nur als Band gefunden, sondern auch definiert wohin die Reise für seine Kombo gehen soll. ‚Here and Nowhere Else‚ ist nun nochmal weitaus selbstsicherer und zielstrebiger in dem, was die Platte tut und Baldi will, wird kurzerhand zum atemlosen Spießrutenlauf von einer energiegeladenen Hookline zur nächsten mitreißenden Explosion; jeder Höhepunkt pusht sich zu einer neuerlichen Steigerung oder zumindest uvorbereitet an der Gangschaltung reißenden Kehrtwende; ist ein ständig an Tempo und Stringenz zulegender Tritt aufs Gaspedal, ein permanent unter Strom stehender Husarenritt. Verschnaufpause gibt es da höchstens im shuffelnden Schlusspunkt ‚I’m Not Part Of Me‚, der dem verschwitzen Ganzen letztendlich die krönende Größe verleiht, auch, wenn das Brimborium gar zu plötzlich vorbei ist. Da hilft nur die dauerhafte Repeatfunktion. Und die permanente Erkenntnis, dass Drummer Jayson Gerycz einen absoluten Glücksgriff für Baldi darstellt.
24. Pianos Become The Teeth – Keep You
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‚Keep You‚ ist weniger das Album einer Band, die sich erfolgreich neu erschaffen hat, als vielmehr das Dokument einer, die sich endlich selbst gefunden hat, die angekommen ist. Der Screamo der ersten beiden Alben wurde dafür durch Postrock ersetzt, der Hardcore-Anteil durch weitläufige Indielandschaften, die Gitarren von The Saddest Landscape zu The Cure umgepolt, das spitze Geschrei von Kyle Durfey ist einem eindringlichen Klargesang gewichen. Das Weniger an Aggression, Direktheit und Lautstärke hat dabei den kathartischen Effekt von Pianos Become the Teeth nur zusätzlich verstärkt, die Emotionen der Band noch einmal unkaschierter freigelegt: man ist am offenen Herzen angelangt und streichelt sich gedankenverloren über die Narben der Vergangenheit und prosuziert Gänsehautwallungen wie ‚April‚. Was in der Theorie weniger hart daherkommt als die Vorgängerplatten, funktioniert in der übermannenden Praxis weitaus erschütternder und nachhaltiger, als es ‚Old Pride‚ oder ‚The Lack Long After‚ selbst in ihren besten Momenten konnten.
23. Conan – Blood Eagle
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Neben all den Schwärmereien über das beste Doom-Jahr seit dem letzten besten Doom-Jahr fällt folgender Fakt häufig unter den Tisch: Conan ist die heavieste Band des Planeten. Wer dieses markierte Revier nach ‚Monnos‚ 2011 noch nicht wahrgenommen hat, dem könnte ‚Blood Eagle‚ dieses Jahr durchaus in den Sack gebissen haben, mit seinem Brückenkabel zerfetzenden Dröhnen und tonnenschweren Rhythmen – in der Tat kann man durchaus vergessen haben wie heavy Conan eigentlich sind. ‚Blood Eagle‚ gleitet durch die Berge und Täler zerschundener Fantasy-Landschaften, und versetzt – während Electric Wizard Bilder von mit barbusigen Hexen besetztem Exploitation-Horror evozieren – direkt in die schmutzigsten Wikingerschlachten. Klanglich manifestiert sich das anders als bei vielen Genrevertretern nicht als lächerlich langsam, sondern lächerlich tief gestimmte Gitarreneskapaden mit einer Membranen pulverisierenden Basslautstärke. Conans Geheimwaffe stellt seit jeher aber Drummer Paul O’Neil dar, der mit einer Rhythmusarbeit dick wie schwarzes Blut und leichtfüßigen Phrasierungen auf gefühlten tausend Schellen den Schlachtgesängen nicht das nötige Fundament, sondern den überraschend passenden Groove verpasst. Man will nicht behaupten, Songs seinen egal, bei Conan zählt jedoch einzig der perfekte Sound, und den sollte zum einen jeder einmal erlebt haben, und zum anderen jede sich halbwegs ernst nehmende Doom Band anstreben.
22. The War On Drugs – Lost in the Dream
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Ganze zwei Jahre und vier Bundesstaaten hat es gebraucht, um ‚Lost in the Dream‚ fertigzustellen. Ob das nun Adam Granduciels Rastlosigkeit oder seine Besessenheit ausdrückt, vermag man seinem dritten Album nicht anzuhören. Da wird sich von ‚Under the Pressure‚ an um die Songs, die auf einem bombenfesten Springsteen-Manifest stehen, gewunden, mit all den dick aufgetragenen Trademarks die so dazugehören, und am Ende bleibt eigentlich nur ein Gesamteindruck: betörende Schönheit. Diese zehn Songs malen ein Portrait des Americana und seines reichen musikalischen Erbe – zwar kulminierend im Vorzeigesong ‚Red Eyes‚, und trotzdem ausgewaschen wie das ikonische Artwork ständig vor Augen. Die nicht nur deshalb unvermeidlichen Dylan-Parallelen finden im bezaubernden ‚Eyes to the Wind‚ ihren Höhepunkt, einer melancholischen Nummer über das – oha – nach Hause kommen, und zu merken, wie man sich verändert hat. Die Songs auf ‚Lost in the Dream‚ handeln von Einsamkeit, Depression und Trennungsschmerz, worüber angesichts ihrer alles – und auch Granduciels Stimme – überstrahlenden Kraft einfach hinweggehört werden kann. Und mittlerweile ist es zwar kein Geheimnis mehr, bei The War on Drugs genauer hinhören zu müssen, aber immerhin noch eine gute Empfehlung, es zu können.
21. Iceage – Plowing into the Field of Love
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Der delirante Wahnsinn leuchtet in den Augen von ‚Plowing into the Field of Love‚: diesem betrunken torkelnden Drahtseilakt über den Ruinen von Popmomenten und rumpelnden Rock-Ansätzen, dem gelungenen Versuch Schönheit mit dilettantischer Disharmonie zu dekonstruieren und das Vermächtnis von The Pogues, dem Gun Club und Nick Cave mit dem selben bösartigen Nihilismus zu untergraben, der bereits die beiden Vorgängeralben ‚New Brigade‚ und ‚You’re Nothing‚ antrieb. Das Drittwerk der Kopenhagener hantiert dafür mit kaputten Pianoakkorden und windschiefen Bläsern, sticht hymnische Refrains hinterrücks ab, uriniert ohne falschen Scham auf die Skizzen großer Balladen und verortet Iceage endgültig als unberechenbar tickende Zeitbombe. Wohin sie überhaupt wollen, das sei ihnen gar nicht unbedingt klar, stellt Elias Bender Rønnenfelt fest, gibt sich aber zielstrebig dort auch ungeachtet etwaiger heftigst auftretender Schreibblockaden anzukommen. Dass Iceage trotz spottender Country-Ausflüge keineswegs zu Scherzen aufgelegt sind, sondern immer ernst machen sollte indes klar sein. Auch, weil selbst limitiertes Handwerk das Talent, die Kreativität und die überbordenden Ambitionen dieser Band nicht einbremsen können. Hiernach kann praktisch alles kommen.
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