Щугор – I
Nach einer schier unüberblickbaren Flut an Demos sind die norwegischen Vintlechkeit Geschichte: „„We“ are turning into the Щугор project.“ – das nun mit I im Atmospheric Black Metal vorstellig wird, leider manchmal noch zu sehr an der Stangenware genormt ausgelegt.
Auch wenn Status des Projekts Vintlechkeit zuletzt bereits in der Schwebe hing (und es im vergangenen Jahr heimlich auch schon zu Winterkälte transformiert worden war), kommt die Zäsur nun doch gefühlt unerwartet – wiewohl sich die tatsächlichen Überraschungen bei der nunmehrigen russischen Spielwiesen Щугор – für die neben V. Koren als Art-Beauftragter (wobei er für I wie bei gefühlt 200% aller anderen Szene-Veröffentlichungen im Allgemeinen und Vintlechkeit-affinen-Releases im Speziellen eine obligatorische Schwarz-Weiß-Winterlandschaft das Cover ziert) alleine Mastermind WV (Guitars, Vocals) verantwortlich zeichnet – dann doch in überschaubaren Grenzen halten.
Den MO von Щугор definiert schließlich bereits das eröffnende Зеркала застывших глаз: da zeigt ein finster-beklemmender und auch bedrängender Drone den Einstieg in eine Welt, die als harscher Black Metal im Lo-Fi-Sturm losbricht. Die Drums rackern mit maschineller Präzision zwei Wälder weiter, die Gitarren schrubben im schmutzigen Tremolo wie ein dichtes Schneegestöber, das Geschrei gleicht einem hysterischen Banshee. Ein atmosphärischer Ambient-Part lässt als Einkehr kurzes Durchatmen zu, bevor sich der Black Metal kontemplativer lauernd erst hymnischer und dramatischer aufbäumt, und dann doch versöhnlich auf einer geradezu warmen, weichen Wohltat endet.
Damit ist der Radius und Spielraum im Grunde vermessen. Denn auch wenn das atmosphärisch toll und stimmungsvoll ist, ist es eben auch ziemlich austauschbar; deklinieren die ästhetischen Klischees des Genres so formelhaft wie kompetent, lassen jedoch kaum individuellen Erkennungsmerkmale aufkommen, praktisch keine Riffs oder Melodien gedeihen, die für sich stehend abseits der Ausstrahlung und Melange herausstechend hängen bleiben würden.
Das funktioniert als rauschhafter Sog – doch kennt man einen Track (der nicht sonderlich originär oder individualistisch agierenden Band) kennt man alle.
Die Amplituden und Facetten verschieben sich danach nichtsdestotrotz noch vage in der Ambivalenz von I. Зимние руины hofiert ein bisschen mehr Grandezza im Ambient, ein bisschen mehr progressiver Groove-Rhythmik in den (freilich weiterhin leise im hintersten Winkel des verrauschten Mixes stattfindenden Drum-Pattern, und das Songwriting bekommt eine latent dynamischer mutierende Variabilität – wenn auch nicht Bandbreite. Ähnliches gilt für Среди мертвых звёзд (das auch ein paar Twin Peaks-Synthies gönnt), das sich aber vor allem gefühlt ewig und noch länger zieht.
Am besten gelingt dann sogar im Grunde Одиночество, in dem der Atmospheric Black Metal in weite Ferne rückt: Hier tupft Щугор Ahnungen einer minimalistischen Melodie in den Drone, gibt der rein ätherischen Gangart und Träumerei endlich mehr Raum und nicht nur den typisierten Rahmen. Gerne mehr davon.
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