Zach Bryan – Zach Bryan
Mehr als nur eine Country-Maschine: Zach Bryan fokussiert seinen unbremsbaren Tatendrang mit einer selbstbetitelten Übung in Sachen ökonomischer Quantitäts-Konzentration samt prominenter Gästeliste, um endgültig in die erste Blockbuster-Liga aufzusteigen.
So absurd es in Relation zum 2022er-Opus Magnum American Heartbreak auch sein mag, darf man dem charttechnisch an so vielen Fronten durch die Decken gegangenen Zach Bryan über die Dauer von 16 Songs oder 55 Minuten Gesamtspielzeit trotzdem noch vorwerfen, eine Spur zu lang ausgefallen zu sein.
Schließlich wird allerspätestens im letzten Drittel der Platte überdeutlich, dass mittlerweile klar ist, dass Bryan sein Songwriting, seine Melodien und Akkordfolgen stets aus einem überschaubaren, gefälligen Spektrum zieht, und sie zudem einem meist ähnlichen Verhaltensmuster folgen lässt – sie wie in Tradesman (quasi eine Plüsch-Variation im pastorale Lavalampen-Licht nicht mit brutzelnder E-Gitarre) oder (dem einsam am Lagerfeuer in See-Nähe klampfenden) Smaller Acts allerdings immer wieder so packend neu in Szene setzt, dass sich die Vertrautheit niemals zu erschöpfen scheint, das Déjà-vu nichts von seiner euphorisierenden Wirkung verliert.
Das Ausdünnen der Tracklist tut dem Material dennoch auch in seiner jetzigen Form insofern gut, weil man nicht mehr nach den Highlights in der konsistenten Masse suchen muss, jede Nummer von Haus aus den Raum bekommt, um ohne Druck strahlen zu zu können, und Zack Bryan in seinem schönen Sequencing einfach effektiver ist, als American Heartbreak.
Dabei sind die Ambitionen im kompakteren Rahmen eigentlich gewachsen. Der seit kurzem wieder als Single viel Herzschmerz transportierende Bryan rezitiert im Intro Fear and Friday’s (Poem) zur nachdenklicher Gitarre „Yeah, I think fear and Fridays got an awful lot in common/ They’re overdone and glorified and they always leave you wantin‘“ und greift das Motiv mit sanfter Synth-Auskleidung später ins Stadion stampfend im Stimmungsmacher Fear and Friday’s noch einmal auf, um eine feiernde Extrarunde zu schmeißen.
Overtime poltert aus der amerikanischen Nationalhymne wachsend als eigene Hymne mit Spannung in den Drums und zurückgenommenen Fanfaren los: das Gefühl, das Epische im Momentum der Aufbruchstimmung am Ankerpunkt der Zeitlosigkeit mit juveniler Frische und erfahrener Abgeklärtheit einzufangen, hat Bryan einfach drauf. Siehe auch die exemplarische Aufbruchstimmung und latente Seratonin-Ausschüttung von East Side of Sorrow (die nebenbei lehrt, dass die fast formelhaften Gesangslinien des 27 jährigen einfach super catchy sind, während die instrumentale Seite für sich stehend oft nur begleitende Steigbügelarbeit dafür leistet).
Danach fächert Bryan seine Stärken kurzweilig auf: gibt sich minimalistisch und introspektive (im ruhig und dylanesken Summertime’s Close) oder frönt im Plätschern von Ticking mit Freunden im unterstützende Chor zwei Reihen dahinter der Romantik, um der Resignation traurig davonzuschippern; orgelt im zweiteiligen Jake’s Piano – Long Island soulig auf den Tasten, um das restliche Instrumentarium nach knapp der Hälfte der Nummer wirklich grandios behutsam unter das Gefüge zu streicheln und dabei zumindest theoretisch gar nicht so weit weg von den Folk-Ideen von The National zu agieren, seinen eigenen Country sanft in den Ohrwurm-Balsam zu knödeln (El Dorado) oder ihm mit vorangestellten Klavier und Bass mit einer Classic Rock-Prise zu würzen (Tourniquet).
So selbstbewusst und komplett all das passiert, ist es aber auch elementar für das transportierte Charisma, dass Bryan sich dabei stets weiterhin die Ausstrahlung eines ungeschliffenen, am Boden gebliebenen Rohdiamanten behält – wofür natürlich auch die DIY-Produktion in all ihrer erdigen Anti-Hochglanz-
Diese Inszenierung ist es auch, die selbst prominente Gäste nahtlos in den Fluss der Platte einbindet, illustre Namen quasi auf Augenhöhe mit Bryan holt, anstatt den kernigen Ex-Navy-Mann auf eine glatte Chart-Ebene zu heben.
Hey Driver wird so ein schlicht fabelhaftes unter die Haut gehendes, souliges Nostalgie-Duett mit The War and Thready in klimpernder Bar-Atmosphäre im Gewand minimalistischer Mittel, und Holy Roller (mit Sierra Ferrell) eine unscheinbar schmeichelnde, smoothe, niedliche und weich slidende Country-Harmonie. Die schöne Ballade I Remember Everything erreicht dank Kacey Musgraves neue kommerzielle Sphären, bleibt aber mit sentimentaler Streicher-Patina eigentlich unkitschig – das Candlelight-Chain-Gang-Schwofen Spotlight schrammt daran mit den Lumineers eigentlich sogar näher vorbei.
Sobald Oklahoman Son als schöner, aber betont unspektakulärer Ausklang letztendlich für einen gelungenen Abspann sorgt, ist das selbstbetitelte vierte Studioalbum von Zach Bryan zwar wieder nicht das ultimative Meisterstück geworden, dass in dem Amerikaner stets zu brodeln scheint. Im Fahrwasser einiger außerhalb des Platten-Kontextes gelandeten Standalone-Singles ist es im Ganzen betrachtet aber noch nie eine rundere und befriedigendere Sache gewesen, ihn daran scheitern zu sehen, als auf diesem endgültigen Durchbruchswerk.
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