Yeah Yeah Yeahs – Cool it Down
Dass Karon O, Nick Zinner und Brian Chase nach zwei brillanten Alben mit It’s Blitz! und Mosquito zu einer frustrierend durchschnittlichen Synthpop-Band mutiert sind, war eine der größten Tragödien der jüngeren Indie-Geschichte. Cool it Down ist insofern eine kaum noch für möglich gehaltene Aussöhnung mit den Ambitionen der drei New Yorkern.
Um es vorwegzunehmen: Cool it Down kann zwar nicht an die Klasse und Qualität von Fever to Tell oder Show Your Bones (bzw. den drei drumherum veröffentlichten tollen EPs) aufschließen, denn bei aller über den Erwartungen liegenden Euphorie über das erste Yeah Yeah Yeahs-Album seit neun – und das beste seit sechzehn – Jahren bleibt die restlose, unbedingte Begeisterung dann doch aus.
Das liegt aber weniger daran, dass der eine emotional überwältigende Ausnahmesong diesmal fehlt (weil man alleine schon mit dem Perfume Genius-Feature Spitting Off the Edge of the World, das zwischen bedächtiger Einkehr und wuchtig getragener Majestät so hymnisch-astral wechselt, um den Moment als epische Ewigkeit zu zelebrieren, zumindest verdammt knapp dran ist), sondern an der Tatsache, dass sich Cool it Down mangels eines übergeordnet kohärenten Spannungsbogens entlang eines komplett unausgegorenen Sequencings viel eher wie die fragmentarische Sammlung homogener (auch gelegentlich zu abrupt beendeter) Einzelnummern anfühlt, was mit dem Blick aufs große Ganze nach nur knapp 32 Minuten eben auch immer mit einem unbefriedigenden Beigeschmack entlässt.
Tritt man einen Schritt näher heran, lässt sich allerdings eben auch nicht ignorieren, dass die Yeah Yeah Yeahs hier weitestgehend auf dem Niveau von Spitting Off the Edge of the World eine ausfallfreie Riege an rundum starken Songs geschrieben haben, der man im Grunde nur ihre zerfahrene Reihung vorwerfen kann.
Gerade der als Appendix nicht zwangsläufig essentiell funktionieren könnende Lullaby-Elektronik Pop des transzendental in Trance rezitierten Mars hätte beispielsweise als stimmungsverlängerndes Intermezzo hinter Blacktop (ein melancholisch gedrosseltes Indietronic-Stück, das sich mit der weichen Dunkelheit als Decke absolut bezaubernd in die ruhig pluckernde Sehnsucht der Introspektive schmiegt) positioniert so viel ergiebiger seine Tiefenwirkung entfaltet, bevor beispielsweise erst der wunderschöne, kontemplativ-esoterische erzählende Space-Dreampop des regelrecht hypnotisch in ätherischer Zeitlupe von M83 träumenden Lovebomb übernehmen hätte können, um danach von dem langsam an Fahrt aufnehmende Burning (das danach soulig vom Klavier und abgedämpft stampfenden Beat über eine giftig heulende Gitarre melodramatisch nach vorne stürzende Bond-Streicher in opulenter Dringlichkeit findet, quasi im Windschatten von Lux Primas Woman) ideal die zweite Hälfte der Platte einleiten hätte lassen können.
Es ist also immanent, dass das beinahe unfertig scheinende (von unterschiedlichen Produzentenhänden auf eine Linie gebracht wordende) Cool it Down famoser hätte ausfallen können, als das Album nun tatsächlich geworden ist. Doch es ist auch ein geradezu unaufgeregter, selbstsicherer und unangestrengter Hang zur nicht überhöhten Größe, der all die Ohrwürmern (!) hier ohne die plakative Aufdringlichkeit und eindimensionale Durchsichtigkeit der vorherigen beiden Alben auszeichnet, obwohl das seine Karten tatsächlich mit einer fast abgeklärten Coolness offen ausdielende Werk mit einer Agenda arbeitet, die kaum erarbeitet werden muss.
Der ist den 80ern kultivierte Hit (!) Wolf trumpft etwa mit einer herrlich theatralischen Keyboard-Parade auf, mächtig voluminös und erhebend, während sich Different Today als beschwingt-unbeschwerte Einkehr mit geschlossenen Augen in die Glückseligkeit dreht und beinahe so viele Spurenelemente von Milano in sich trägt wie das heavier auf der Tanzfläche dröhnende Fleez mit seinem markant funky Bass, der irgendwie zum Vintage-Jam tendiert (und wenn überhaupt der einzige ansatzweise Fremdkörper bleibt).
Selbst wenn das Material von Cool it Down in eine besser fließende Reihenfolge gebracht wäre¹ bleibt danach zwar das Gefühl, dass noch das letzte Quäntchen Etwas fehlt, der eine Song, der das Album wirklich rund gemacht hätte. Aber eben: Das schmälert den Reiz dieses ebenso unmittelbar wie nachhaltig fesselnden, so konstanten Comebacks entlang einer überraschend gefestigten Halbwertszeit ohne Frustration – am Ende überwiegt die Freude über diese so kaum noch für möglich gehaltene Rückkehr. Weswegen bei der finalen Bewertung auch ruhigen Gewissens die seit einhalb Jahrzehnten eingestaubte Fanbrille wieder hervorgekramt wird, um punktetechnisch aufzurunden.
¹
Spitting Off the Edge of the World
Wolf
Fleez
Blacktop
Mars
Lovebomb
Burning
Different Today
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