Wu-Tang Clan – Of Mics & Men (Music From The Showtime Documentary Series)
Als Soundtrack zur äußerst gelungenem Showtime-Dokumentation Of Mics and Men serviert der Wu-Tang Clan leider nur eine kompakte EP – die sich dann auch noch als kleine Mogepackung erweist.
Obwohl die Tracklist ja eigentlich der Enttäuschung bereits vorbeugen sollte, dass zwei (beziehungsweise eigentlich ja sogar drei) der sieben versammelten Nummern reine Skits darstellen, ist es halt dennoch ein wenig ernüchternd, dass gerade das vollmundige Feature des Nas-Auftritt in Project Kids nur eine Spoken Word-Erinnerungrezitation von Mr. Jones an seinen Erstkontakt mit dem legendären Clan bleibt.
Wie oft man diesen, nach einmaliger Erzählung doch mit wenig Merhwert auskommen müssenden, stimmungsvoll ätherisch um pluckernde Beats und rasselnden Hi-Hats gebauten Nostalgie-Fugenkitt abseits des EP-Rahmens auf lange Sicht ansteuern wird, sei deswegen in Frage gestellt – aber dabei eben auch explizit erwähnt, dass die Nummer innerhalb des EP-Konextes durchaus stimmungsvoll funktioniert. Atmosphärisch ist Of Mics and Men ganz generell eine weitestgehend runde Angelegenheit geworden. Alleine der Übergang zu dem entspannt bassgroovenden Zeitlupentempo-Interlude Yo, Is You Cheo? ist ein erkennbarer Bruch im Fluss, auch wenn die Ästhetik des Kurzformates selbst hier kohärent bleibt, die Produktion (nein, nicht altbacken, sondern eher) herrlich klassisch und unmodern angelegt ist.
Wenn Masta Killa und GZA im Closer One Rhyme in einem abgedämpften Club-Banger auf Sedative durchaus einnehmend dem titelstiftenden ersten Rhyme nachhängen, dann ist das aber dennoch ein finaler von eben drei Bausteinen, die die Substanz der enorm kurzweiligen, 19 Minuten langen EP nicht zwangsläufig fördert.
Vor allem, weil die restlichen, vollwertigen Songs zwischen East Coast-Oldschool-Clan-Vibe und beinahe analoger The Roots-Physis ohne Feuerwerk doch zum absolut solidesten gehören, was die seit 2001 kaum noch relevante Gruppe abgeliefert hat. Gleich das mit seinem organischen Beat, Pianolauf und bestens routinierten Bars von Ghostface Killah und Mastermind RZA eröffnende On That Shit Again legt sich unaufgeregt in eine smoothe Klasse. Seen a Lot of Things geht mit einem leicht rockigen R&B-Anstrich samt Reakwon-Können mehr nach vorne und bekommt einen geschmeidigen Soulpop-Hook von Harley als Refrain, ist ein angenehmer Ohrwurm ohne Penetranz. Das lauernde Do the Same as My Brother Do ist unterschwellig pulsierend, eine typische RZA-im-Score-Modus-Arbeit. Die nuancierten Streicher und subtilen Gitarren verleihen dem unermüdlich marschierenden Song eine latent halluzinierende Entspannung, bevor im Titelsong feine Drums den immer wieder durchatmenden Track dynamisch unterspülen und sich Capadonna aufzeigend in das EP-übergreifend personell nur zu sechst auftretende Clan-Outfit einfügt.
Wer von dem Kollektiv irgendeine Form von herausragender Ambition oder nachhaltig aus der Diskografie strahlendem Genie erwartet, kann freilich abdrehen: Jede Minute hier ist in der Vergangenheit verhaftet und will niemandem etwas beweisen. Jeder Rhyme, jeder Beat existiert gefestigt, aber ohne Hunger. Ohne Klassikeranspruch (und substantiell eher Appetithappen als sättigende Gewichtszunahme) gelingt all das wie im Vorbeigehen allerdings doch soviel müheloser und bestimmter, als nahezu alles seit dem noch tollen Iron Flag.
Weswegen der Wu-Tang Clan mit der Of Mics and Men-EP unterstreicht, wie gut man auch auf Autopilot und Sparflamme ist, während der ganze Mumblecore- und Trap-Rotz im Rückspiegel versumpert – man sich selbst aber eben auch einen kleinen Bärendienst erwiesen hat. Immerhin kehren die Dokumentation samt ein hemmungslos in Erinnerungen schwelgender Soundtrack auch hervor, dass es eine Zeit gab, in der Veröffentlichungen des Clans ein über die Genregrenzen aufregendes Spektakel waren und nicht nur der kommerzielle Aspekt im Vordergrund stand.
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