Wovenhand – Refractory Obdurate
David Eugene Edwards erhöht den Druck kontinuierlich und nähert die Studioband Wovenhand über 10 Songmonolithen noch näher an deren wuchtiger Live-inkarnation an: so gewaltig wie polarisierend.
‚Refractory Obdurate‚ setzt den Weg konsequent fort den der Vorgänger ‚The Laughing Stock‚ eingeschlagen hat: Wovenhand packen auf Konserve noch unmittelbarer zu, ziehen die beschwörenden Riemen enger und wirbeln mit einem abermaligen Zuwachs an Direktheit und relativer Härte auch abseits der Bühnen deutlich mehr Staub auf. Die Orgel ist aus dem Soundbild verschwunden, mit Neil Keener (Planes Mistaken for Stars) steht diesmal ein waschechter Post-Hardcorler am Bass, Sanford Parker als Produzent ist bis in den Black Metal verankert und Jacob Bannon besorgt nicht nur das Artwork sondern veröffentlicht die hierzulande via Glitterhouse erscheinende ‚Refractory Obdurate‘ in den Staaten auch gleich selbst auf Deathwish Inc.
All dies ist stimmig, auch wenn Wovenhand natürlich keine Metalband geworden sind, sondern immer noch Folkrock und Alternative Country in einen Old-Time/Native American Music-Kontext destilieren: das siebente Album seit 16 Horsepower ist alleine atmosphärisch betrachtet grollender und unbesänftigbarer als seine Vorgänger ohne auch nur einen Moment lang unbesonnen zu wirken – mehr brodelnder Rock als auf ‚Refractory Obdurate‚ waren Wovenhand abseits der Bühne so noch nie.
‚Masonic Youth‚ bricht hinten raus in einen regelrechten Punk-Jähzorn aus, das fiebrige ‚Hiss‚ ist Metal (also doch!) mit den Mitteln des Dark America und dreht mit schamanenhaften Halluzinutionen bechwörend am Temporat. Das orientalisch angehauchte Psychedeliktreiben ‚Obdurate Obscura‚ lockert die Gangart ebenso wie das mit leichten Elektronikeffekten spielende Ritual ‚King David‚. ‚The Refractory‚ lässt die Gitarre im Hintergrund durch grimmige Droneschwaden wandeln und gibt sich vorne herum versöhnlich, während vor allem ‚Good Shepard‚ oder das postpunkig ausgeleuchtete ‚Salome‚ mit unverrückbarer Schwere poltern und das Wort Gottes mit imposant bedrohlichem Nachdruck verbreiten. Schuld, Sühne, Verdammnis. Edwards mitten drinnen im Auge des Sturms, das jüngste Gericht in mächtig aufragender Dringlichkeit durch die düstere Wüste geprügelt.
Das hat dann nichts vom aufdringlichen Bibelvertreter der artig an der Haustür klingelt: Edwards kanalisiert hier einen archaischen, alttestamentarischen Gottesdienst aus vergangenen Zeiten, der in seinen Bann zieht und fasziniert, selbst ohne das entsprechende Bekenntnis. Hier wird ein unbeugsamer Glaube als Urgewalt mit Inbrunst und ohne falsche Hoffnung vertont. Johnny Cash hat das mit gänzlich anderen Mitteln stets ähnlich kompromisslos artikuliert, Dustin Kensrue ist daran im Pathos ertrinkend gescheitert ohne sich die Hände schmutzig zu machen.
Man muss ‚Refractory Obdurate‚ deswegen gar nicht unbedingt abseits der zu jedem Zeitpunkt zutiefst religiösen Texte wahrnehmen, um die 43 Minuten als spirituellen Rausch zu hören oder den mutmaßlich konservativen Bekehrer Edwards als reinen Chronist des Übernatürlichen wahrzunehmen. Das wäre ungefähr so, als würde man sich die Bad Brains wegen ihrer Rastafari-infizierten Lyrics generell ablehnen, Slayer wegen ihrer Teufelstexte und OM wegen der Hinwendung zum Hinduismus und Co. nicht anhören – oder anders: (auch aus einer eigenen Engstirnigkeit heraus) auf den Genuss von Genrekönigen verzichten. Nichts anderes sind Wovenhand seit jeher. Und‘Refractory Obdurate‚ ist dennoch die stärkste Platte Edwards seit mindestens ‚Mosaic‚.
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