Worm Ouroboros – What Graceless Dawn
Ohne jede Hast tauchen Worm Ouroboros nach knapp vier Jahren wieder aus dem ätherischen Nebelmeer auf, in dem die Band aus San Francisco/
Die beiden Bandköpfe Lorraine Rath und Jessica Way sowie Ausnahmedrummer Aesop Dekker knüpfen unmittelbar an die bisherigen Grenzgänge von Worm Ouroboros an – bewegen sich also abermals mit kaum greifbar werdender Präsenz in einem Spannungsfeld, das sich ästhetisch im Metal verankert scheint, tatsächlich aber ohne klare Konturen seine Substanz aus den umliegenden Gefilden bezieht: Ambient, Doom und Goth sind da nur vage Verortungen. What Graceless Dawn speist sich aus der Anmut des Neofolk und den elegischsten Ruhephasen des Postmetal, ist wenn man so will Subrosa aus der Marissa Nadler-Perspektive mit 40 Watt Sun im Hinterkopf.
Eine Kategorisierung die freilich zu kurz greift, da What Graceless Dawn sich mehr noch als viele vergleichbare Klanggemälde mehr auf die Aura der daraus beschworenen Soundlandschaften verlässt, als auf tatsächlich fokussiertes Songwriting: Die Atmosphäre und Ausstrahlung steht über allem, die Strukturen schweben und umspülen, die entrückte Stimmung nimmt verführerisch und abgründig betörend gefangen, hypnotisiert.
What Graceless Dawn ist damit ein transzendental meditierender Fluss geworden. Selbst in den wenigen die Dynamik enger ziehende Knotenpunkte (im sich aufbäumenden, in einen sanften Sog verfallenden Broken Movements etwa oder dem mit ansatzweise konkreten Riffs liebäugelnden Suffering Tree) ist diese Reise entschleunigt, langsam und bedächtig, behutsam gar – ein ätherischer Traum, der seine sphärischen Gemälde mit reduzierter Zurückhaltung entfaltet. Der unwirkliche Gesang (manchmal nicht mehr als ein verletzliches Flüstern, eine gespenstisches Wispern) von Rath und Way ist verwunschen im Gesamtstrom eingeflochten; die Gitarre tröpfelt um den postpunkig wattierten Bass, Aesop Dekker spielt so versiert wie genügsam, alles pulsiert geduldig in Zeitlupe und beschwört eine melancholische Elegie voller romantischer Sehnsucht. Alles hier hat Raum, Freiheit, darf auch mäandern, wenn der Weg das Ziel ist.
In den sich umgarnenden Melodien und Harmonien des so dunkel wie wärmend ausgebreiteten What Graceless Dawn kann dies ohne eklatante Extremsituationen im Ganzen zwar durchaus ein wenig zu gleichförmig wirken, lässt das Gefühl von einigen Längen aber nur bedingt aufkommen: What Graceless Dawn ist ohnedies ein geisterhaft bleibendes, mit sich selbst im Einklang schwingendes Album-Album, dass – als mehr als die Summe seiner Teile funktionierend – nicht in jeder Gemütsverfassung packt, sondern eines, in das man sich unter den richtigen Grundbedingungen fallen lassen muss – dass dann aber von der organischen Produktion bis zur imaginativen Strahlkraft verzaubernd an der Hand nimmt.
Und daher Zeit hiermit ohnedies relativ wird, lässt sich auch die Wartezeit auf die erst nächstes Jahr aufgelegte Vinylversion etwas lockerer verschmerzen.
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