Wolves in the Throne Room – Primordial Arcana

von am 13. Oktober 2021 in Album

Wolves in the Throne Room – Primordial Arcana

Thrice Woven war vor vier Jahren eine relative Enttäuschung, aber nichts, wofür man auch nur ansatzweise Abbitte leisten müsste. Dennoch wirkt Primordial Arcana über weite Strecken, als wäre dies der primäre Motor der Platte.

Das siebte Studioalbum der Weaver-Brüder und dem seit 2017 fix zum Gefüge gehörenden Kody Keyworth hat schließlich zwar absolut nichts anbiederndes an sich, destilliert die Trademarks der Band aber in kürzer konzipierte Songs über die Mechanik weitaus schneller zugänglich und einfacher erfassbar zu sein, als man das von Wolves in the Throne Room bisher gewohnt war. Gerade der Einstieg mit dem effektiven Mountain Magick und die erste Hälfte von Primordial Arcana allgemein funktioniert absolute barrierefrei, als hätte das Trio mit möglichst direkten Nummern sofort wieder an Bord holen wollen.
Und tatsächlich hat die Atmosphäre, die Riffs, die Blastbeats und die starken Melodien, die heroisch-bösen Nuancen auch in dieser Kompaktheit etwas sofort vertrautes, die fast simplizistische Ader funktioniert in gewisser Hinsicht durchaus als Katalysator des Momentums, bevor der Black Metal sich spätestens im zweiten Drittel auszubremsen beginnt und in die Breite geht. Spirit of Lightning implementiert etwa eine folkige Nostalgie, die bis zu ätherischen Space-Synthflächen wächst, wohingegen Through Eternal Fields mit pastoralem Chorgesang liebäugelnd, sogar geradezu breitbeinig zurückgelehnt rockt und sinfonische Nuancen zeigt. Wie eine böse Hymne bauen Wolves in the Throne Room die Stimmung monolithisch und düster, gar heroisch auf – bevor das Ende jedoch frustrierend abrupt ausfällt und die Percussion auf dem Weg dorthin regelrecht filigran anmutet.

Was die beiden gravierenden Schönheitsfehlern der Platte aufzeigt.
Zum einen führt der neue Hang zu kompakteren Kompositionen auch zum Gefühl, als würden Wolves in the Throne Room weder sich selbst noch die Hörerschaft herausfordern wollen, sondern in der Form möglichst bissfertiger Happen entwaffnende, unkomplizierte Quasi-Hits servieren, die so veranlagt nur eben nicht die vielschichtige Größe alter Großtaten erreichen können und wie gestutzte Versionen potentieller Leviathane anmuten.

Mehr noch aber krankt Primordial Arcana an seiner Produktion, die diesmal von den Weaver-Brüdern selbst bewerkstelligt wurde. Die technische Inszenierung der Platte ist schließlich zwar klar, im positiven Sinne sauber und jedes Element differenziert ausgeleuchtet, die organische Natürlichkeit passt auch an sich hervorragend zum Charakter der Band, doch fehlt es so an brutaler Wucht und reißendem Zwang, der bestialischen Kraft. Viele Passagen und Elemente, ob nun die Drums oder die zu leise gemixten Gitarren, gerade in der Black Metal-Ausrichtung agierend hätten mehr martialische Angriffslust vertragen können.
Auf spiritueller Ebene geht der Sound insofern meist großartig auf, die körperliche Physis erscheint jedoch unbefriedigend artig und hinterlässt so einen generell ambivalenten Beigeschmack. Underworld Aurora zieht beispielsweise mit einer esoterischen Seite sofort in seinen Bann, die Drone-Schattierungen hätten gefühlt jedoch weitaus mächtiger sein dürfen. Dennoch erzeugt das symbiontische Wechselspiel der Nummer aus rituellem Schamanismus und der malenden Schönheit des fauchenden, keifenden und greinenden Cascadian Black Metal eine großartige Intensität, die es eben wirklich so verdammt einfach macht, sich wieder einmal in die Ausnahmestellung dieser Band zu verlieben.

Dass Primordial Arcana aber noch näher zu den Sphären der hauseigenen Meisterwerke heranreichen hätte können, zeigt sich im überragenden finalen Drittel der Platte.
Dort assimiliert Masters of Rain and Storm Essenzen aus dem Death, Thrash und Folk, zündet wie alle Songs sofort, wirkt aber auch aufgrund seiner Länge von knapp 11 Minuten ambitionierter. Extrem kurzweilig und ohne leeren Meter erzeugen Wolves in the Throne Room hier süchtig machende imaginative Welten mit dem nötigen dynamischen Raum um nichts zu überstürzen, zumal die Kaskade aus dem pastoralen, den Naturalismus findenden Nachhall Eostre sowie dem meditativ-dystopischen Ambient-Score Skyclad Passage in Richtung von Celestite den Black Metal verlassen und damit auch die Synergie mit der Produktion fördern.
Danach stellt sich zwar keine Begeisterung ein, aber eine enorm befriedigende, auffällig unterhaltsame Zuverlässigkeit (die auch dadurch in Erinnerung bleiben wird, dass rund um das Veröffentlichungsdatum von Primordial Arcana die Vinylpreise in absurde Luxusgüter-Klassen explodiert sind). Damit kann man verdammt gut leben – und für den Vorwurf nicht mehr an ihre formvollendeten Genre-Geniestreiche heranzureichen, werden sich Wolves in the Throne Room bei einem Kompensationprogramm auf solchem Niveau nun wirklich nicht wieder entschuldigen müssen.

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