Wolfmother – New Crown
Der Galgenhumor steckt im Titel, wenn Andrew Stockdale am Abgrund der Verzweiflung seine Band reaktiviert: das aus dem Nichts kommende dritte Album von Wolfmother wird man vor allem wegen seiner zahlreichen Makel in Erinnerung behalten. Unausgereift recykelte Songs und ein katastrophaler Sound sind eben keine gute Mischung.
Doch der Reihe nach: Wolfmother gibt es tatsächlich noch – genau genommen gibt es sie nun plötzlich wieder. Denn nachdem das immer noch frische selbstbetitelte Debüt im Jahr 2005 neben 6 Singles und Grammy-Ehren die Säfte zum kochen brachte, aber der 2009er Nachfolger ‚Cosmig Egg‚ trotz einiger Highlights (‚Far Away‚, ‚Sundial‚) klar an den Erwartundhaltungen scheiterte, zog Stockdale im April 2013 bekanntlich den Stecker und verkündete dass Wolfmother für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werden würden – der 37 jährige wollte sich nach Problemen mit der Plattenfirma und einem wild rotierenden Besetzungskarusell auf deine Solokarriere konzentrieren.
Weil ‚Keep Moving‚ (inoffiziell ja die Neuaufnahme des angedachten aber verworfenen dritten Wolfmother-Albums) allerdings in jeder Hinsicht floppte sah Stockdale sich gezwungen die Tour unter eigenen Namen zu stornieren sowie (der alte Glanz seiner Band am Ticket zieht einfach stärker!) Wolfmother nach nur 10 Wochen Hiatus wieder kleinlaut zu reaktivieren.
Beinahe neigt man zur Unterstellung: weil ‚Cosmic Egg‚ inzwischen eben doch schon wieder satte 5 Jahre alt ist – aber die Festival-Saison – bevorsteht wollte Stockdale auf die Schnelle ein neues Werk seiner Band (auf ‚New Crown‚ übrigens im Kern die selbe, die bereits ‚Keep Moving‚ einspielte und die dazugehörige Tour hätte absolvieren sollen!) vorzulegen um Wolfmother (nicht ohne verzweifelten Beigeschmack) wieder auf die Radarschirme zu befördern. Soviel also zur beinahe erbarmungswürdigen Vorgeschichte die erzählt, wie eine der heißest gehandelten Bands der mittleren Zehnerjahre plötzlich zum letzten Strohhalm eines sich Selbst Überlebenden wird.
‚New Crown‚ ist nun in beinahe allen Belangen ein überhasteter Schnellschuss geworden – was wohl auch Stockdale selbst klar gewesen sein dürfte. Denn egal wie angestaubt die Reputation von Wolfmother inzwischen auch sein mag sollte man durchaus mutmaßen dass es der Band möglich hätte sein sollen ein reguläres, physisches Release an die Plattenfirma zu bringen (?). Stattdessen ist ‚New Crown‚ eine rein digitale Sache zum freundlichen Schleuderpreis, in Eigenregie aufgenommen und direkt auf Bandcamp gestellt.
Mag diese Spontanität und Ungezwungenheit manchen Songs auch durchaus gut tun, weil es sie von der auf ‚Cosmig Egg‚ herrschenden Verkrampftheit verschont, liegt hier jedoch auch der erst Stolperstein. ‚New Crown‚ klingt absolut grauenhaft, die matschige Produktion ist mit übersteuernden, dünnen Gitarren und untergehenden Bässen irgendwo zwischen dilettantisch und nicht vorhanden anzusiedeln: das geht sogar soweit, dass die 10 Songs phasenweise allesamt in unterschiedlichen Lautstärke abgemixt erscheinen. Auf den ersten Blick mag derart roher und ungeschliffener Pseudo-Vintage-Sound nahe am Demo-Charakter und Proberaum-Schweiß auch durchaus verlockend wirken – letztendlich fehlt es ‚New Crown‚ aber vor allem an differenziertem Druck und einer dynamischen Bandbreite.
Das schmerzliche Fehlen einer fähigen Produzentenhand setzt sich zudem in der Inszenierung der Songs fort. Mag Stockdale mit seiner Söldnertruppe sich mittlerweile auch immer öfter selbst kopieren (der Titelsong bereitet etwa ‚Joker & The Thief‚ ohne Melodien in stumpfer Funktionalität neu auf, bevor er ihn psychedelisch gemeinte Langeweile umkippt) und ausgebrannt wirkend kaum noch wirklich erinnerunswürdige Riffs aus den Saiten hauen: grundsätzlich schlägt Stockdale auf ‚New Crown‚ eine potente Rückwärtsorientierung zur breitbeinigen Pose ein, indem er sich trotz Garagensound nach wieder alleine auf den fetten Retro-, Blues- und Hardrock konzentriert und den zehn (bzw. praktisch gar zwölf) Songs immer dann eine durchwegs vielversprechende Ausgangslage präsentiert wenn er ihnen keine Rundumsicht, aber Altbewährtes gewährt. ‚How Many Times‚ oder das doomig orgelnde ‚Enemy Is In Your Mind‚ wären gerne Songs des Black Sabbath Comebacks oder zumindest im Rahmenprogramm des letzten Led Zeppelin Konzerts gelaufen – die erste Albumhälfte im Allgemeinen schrammt mit der richtigen Motivation und dem nötigen Feuer gar knapp an diesen Zielen vorbei. Danach geht es allerdings bergab.
‚„I Ain’t Got No“‚ rockt stacksend zu MC5, den Stooges und den Rolling Stones, ‚She Got it‘ würde gerne dort weitermachen wo die Queens of the Stone Age mit ‚Monsters in the Parasol‚ aufgehört haben‘, ‚Feelings‚ verbindet ganz dem Namen nach die Britpoppigkeit der Kinks mit dem Massenpunk von The Offspring. Programmatisch jedoch der Bonustrack ‚I Don’t Know Why‚, der eine wunderbare Idee für 30 Gedenksekunden an Cream parat hat, aber eben danach noch dreieinhalb Minuten weiterdümpelt: Wolfmother schaffen es nicht die vorhandenen PS über die gesamte Distanz auf den Boden zu bekommen, verlieren sich lieber in ermüdende Repetitionen bevor zündende Ideen kommen, weswegen letztendlich auch jedem Song (wie eben auch der Platte als Ganzem) die Puste ausgeht und die gerade noch schüttelnde Mähne plötzlich zu gähnen beginnt. Eine Ausgangslage auf der sich nichtsdestotrotz als schwacher Trost aufbauen ließe und ‚New Crown‚ vielleicht sogar seine Bestimmung erfüllt: im Livegewand könnte dieser leidlich inspirierte und in jeder Hinsicht unnötige Rohrkrepierer durchaus sein Potential entfalten.
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