Woe – A Violent Dread
Drei Jahre nach Hope Attrition halten Woe mit der EP A Violent Dread nicht nur das Niveau ihres bisherigen Karrierehighlights, sondern kurbeln die Erwartungshaltungen für ihr fünftes Studioalbum sogar noch nach oben.
Was wahlweise gar nicht nur am titelgebenden Original A Violent Dread liegt, wobei man schon sagen muss: Selbst, wenn man Woe zwar immer schon gut fand, die sie umgebende relative Szene-Euphorie (spätestens jene über ihr jüngstes Studioalbum) aber nur bedingt nachvollziehen konnte, ist diese EP wohl der Entwicklungsschub von einer sehr guten zu einer herausragenden Band – und gerade die eigene der beiden aufgefahrenen Nummern eine ziemlich imposante Machtdemonstration.
A Violent Dread gibt an sich den typischen Diskografie-Vertreter, ist ein atmosphärischer, mit Death-affiner Crust-Schlagseite sowie Hardcore-Sound ballernder Woe-Black Metal-Aggressor von finsterer Härte. Sauber produziert und technisch versiert mit variablen Blastbeats, melodischen Elementen sowie weitreichenden Gitarrenlinien auftrumpfend. So treibt das Stück energisch-bestimmt in Richtung epischer Geste, inklusive Groove, Synthteppichen sowie Gastvocals (von Produzent Nolan Voss) und einem extremen Gespür für packende Tiefgründigkeiten. Doch mit welch einer emotionalen Dynamik und Bandbreite Woe hier nun ihren angestammten misanthropischen Radius vermessen, ohne diesen stilistisch wirklich eklatant zu verschieben, immer wieder neue Climaxe für ihre Katharsis finden, das ist ein Next-Level-Momentum.
„It is a song about death, fear, and exploitation — the modern focus of Woe. It reflects the seemingly inescapable cycle of violence, mourning, and blame that has become a surreal, predictable backdrop to American life.“ gibt Mastermind Chris Grigg über die ursprünglich für einen Split mit (den als klare Inspirationsquelle markierten) Ultha geschriebene Nummer zu, meint damit aber mutmaßlich wohl noch konkreter den (zu abrupt beendeten) Startpunkt zum Durchbruch in die breite Black Metal-Aufmerksamkeit.
Nahezu ebenbürtig dann die Interpretation von The Knell and the World, einer Nummer von 1998 aus dem Schaffen der schwedischen Dawn – persönliche Favoriten der New Yorker: „I’ve been trying to rip off Dawn for years. It’s only fitting that we finally cut out the middleman (original songs) and just went straight to the source! This was the song that hooked me. I know that so many bands want to cover a deep cut, demonstrate their knowledge of a catalog, but this, for me, is the pinnacle of this kind of black metal and the obvious choice for a cover. It informed so many qualities of Woe’s sound, you can hear it everywhere if you look out for it. It manages to be unrelenting but still melodic without feeling soft or corny. It has momentum, it has purpose.“ bringt es Grigg auf den Punkt.
Zwar hat die Nummer nicht die im Woe-Kontext (r)evolutionär agierende Wandelbarkeit von A Violent Dread, dafür aber eine markant greifende Melodielinie sowie ein hinsichtlich der Dringlichkeit immer wieder neu verschobenes Spektrum der Intensität. Woe impfen dem Original zudem ordentlich eigenständige Identität ein und pflegen über den gesamten Spielverlauf der EP eine mitreißende Kurzweiligkeit, die süchtig entlässt: Welch brutale Schönheit bei all der schonungslosen Härte und pechschwarzen Aggressivität in beiden Nummern doch zwischen die Zeilen liegt, wie unheimlich hungrig und variabel Woe agieren – das ist eben ein veritabler Rausch. Man kann insofern kaum erwarten, wie es hiernach für die New Yorker weitergeht.
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