Witchcraft – Legend
„Die klingen ja plötzlich wie The Sword!“ – stimmt natürlich nicht und doch absolut. 5 Jahre nach ‚The Alchemist inklusive Besetzungswechsel an allen Positionen, neuem Produzenten (Jens Borgen) sowie Label-Umzug (von Rise Above zu Nuclear Blast) kämpfen die Schweden um Mastermind Magnus Pelander jedenfalls zumindest nicht gerade verbissen darum, ihre Stammhörerschaft aus Traditional-Doom-Landen mitzunehmen. ‚Legend‚ offenbart aber auch, dass dies unerwarteterweise eine ganz fantastische Einstellung ist.
Gar nicht so sehr dann, wenn man sich vor Augen führt, dass Witchcraft mit dem Duo ‚Witchcraft‚ (2004) und ‚Firewood‚ (2005) den Vorbau dazu lieferten, was man 2007 mit ‚The Alchemist‚ schlicht perfektionierte – klassischen, am traditionellen Doom der 1970er geschulten Metal mit leichter Tendenz zum psychedelischen Folkrock – und Magnus Pelander in den fünf Jahre seitdem vielleicht einfach realisiert hat, was wohl zahlreiche Fans ohne zu überlegen unterschreiben würden: weiter hinauf und noch besser wäre da vielleicht ohnedies nicht möglich gewesen. Ob diese Mutmaßung zutrifft, wird man, geht es nach ‚Legend‚, wohl nie erfahren. Sind die Wege, welche Black Sabbath oder Iron Butterfly für die Schweden freigelegt haben 2012 für Witchcraft doch mit anderen Vorbildern geteert, den selben sogar die eben auch The Sword – wenn auch heavier und vor allem deutlich aggressiver – anhimmeln: Thin Lizzy, Iron Maiden oder Deep Purple also; hier geht die Sonne im Heavy Metal auf und über Stoner-Elemente im Hardrock niemals wirklich unter.
Die Eingangs erwähnte Erkenntnis, die schlägt unter diesen Fixsternen schlussendlich genau dann eiskalt zu, wenn man sich nicht mehr entscheiden will, ob da nun Überraschung oder Enttäuschung ob des runderneuerten, sorgfältiger in die dichte gedehnten Sounds herrscht und plötzlich die schiere an der Makellosigkeit der Ursprünge grenzende Versiertheit der „neuen“ Witchcraft eine Sammlung von mitreißenden Riffs und Melodien, schlicht von kraftvoll die Matte schüttelnden Metalperlen zu strahlen beginnt. Dass man von Beginn an nie vollends den Anschluß verliert, dafür sorgt allein Pelanders märchenhaft schwebende Stimme, facettenreicher im Einsatz denn je, die sofort an der Hand nimmt und trotz aller Veränderung nur der kleinste gemeinsame Nenner zur eigenen Vergangenheit ist: ‚Dystopia‚ pendelt mit entrückter Druiden-Stimmung und sanfter Percussion in die lieb gewonnene Psychedelik, nicht nur hier schimmern die Wurzeln der Band unweit von Blood Ceremony und sonstigen ehemaligen Rise Above-Kollegen durch. Dass die Gitarren ab der Hälfte weitaus härter braten als bisher, passt dann nur zu konsequent auf ‚Legend‚: es herrscht eine verletzliche Härte unter all jenen breitbeinigen Killerriffs, die letztendlich das markanteste Puzzleteil des vierten Witchcraft-Album geworden sind.
Mehr astreine Hits, das kann man ruhig derart bestimmt feststellen, hatte Pelander noch auf keiner Platte. Kein Song, der sich nicht als Singlekandidat anbieten würde, sei es nun das nach schwerfällig walzendem Beginn schnell an Fahrt aufnehmende Rockmonster ‚Deconstruction‚, die beinahe balladeske Hymne ‚It’s Not Because of You‚ oder das in Lauerstellung variierende ‚An Alternative to Freedom‚ mit einem Pelander in stimmlicher Höchstform, der hier über 51 Minuten wahlweise seine bisher am wenigsten in altertümliche Zauberwelten abdriftenden Texte abliefert. Am Ende schmieden Witchcraft dann doch noch einen Song, der sich der Wahl zur potentiellen Single verweigert, dafür aber gleich um die Krone zum majestätischsten Metal-Song des Jahres rittert: ‚Dead End‚ reiht als atemberaubende Riff-Kaskade Gitarrenarbeiten in allen Gemüts- und Geschwindigkeitslagen um die Ohren, erstreckt sich dabei über 12 Minuten und verliert in keiner einzigen davon seine immense Spannung, ist in Summe eventuell gar der beeindruckendste Song, den Witchcraft je zustande gebracht haben – ‚Witchcraft‚ und ‚Firewood‚ hin, ‚The Alchemist‚ her, alleine ‚Dead End‚ ist die finale Selbstkrönung für die gelungene Neuausrichtung. Plötzlich versteht man ohne Erklärungen, warum Phil Anselmo der Band immer schon gehuldigt hat, da mag man die mittlerweile angebrachten Vergleiche mit den unfehlbaren The Sword alleine deswegen nicht überstrapazieren, weil den Texanern seit dem Debütalbum kein von vorne bis hinten derartig stringent-ausfallfreies Werk dieser Klasse mehr gelungen ist. Ende des Jahres wird sich weißen, ob deren Viertling ‚Apocryphon‚ dieser Rechnung weitere Gültigkeit verleihen wird. Neun Songs lang versichern Witchcraft dies aber mit nahezu nachdrücklicher Sicherheit.
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