Wisp – Pandora

von am 10. Juni 2024 in EP

Wisp – Pandora

Bitte nicht mit dem New Yorker Elektroniker oder dem alten Alias von Joseph Hawker verwechseln: Wisp meint in diesem Fall die Shoegazerin Natalie R. Lu aus San Francisco – und ihre Debüt EP Pandora.

Vielerorts wird der knapp 20 jährigen als „Next Leader of the Shoegaze Revival“ ja deswegen vorgeworfen, eine vom Major für die TikTok-Bedürfnisse des Genre-Booms gelenkte Industry Plant zu sein, weil sie einen Gutteil der Wisp-Songs nicht (komplett) alleine schreibt, sondern in der von Dreampop und Alternative Rock beeinflussten Perspektive mehr mehr oder minder nur ihren sehnsüchtig gehauchten, sphärischen Gesang zu kompetent ausproduzierten Songs säuselt.
Was aber eigentlich nicht das wirkliche Problem der Pandora EP ist, wie vor allem die durch die Decke gehende Single Your Face vorführt: Lethargisch zurückgelegt mäandert die von Grayskies auf einen „Whirr Type Beat“ gebaut nach allen Regeln der modernen Szene-Kunst inszenierte Nummer gefällig, aber in Summe vor allem auch extrem generisch und formelhaft eine bestmögliche 08/15-Basis bedienend – nichts falsch machend, aber eigentlich ziemlich langweilig, weil abseits der Ästhetik (oder der eben von Genre-Experten übernommenen Produktion) kaum etwas hängen bleibt.

Enough for You schmiegt sich mit ein paar netten Ideen in die exakt gleiche Kerbe – überzeugt ohne individuelle Prägnanz, es fehlt neben der Eigenständigkeit und einem sich von der Masse absetzenden Songwriting aber mehr noch an zwingendem Biss, an Spannung oder packender Energie. Das von Momma-Drummer Zach Capitti Fenton und Max Epstein mitgetragene Mimi ist sehnsüchtig und bratzend dröhnend, also vom Sound her erfüllend, findet inhaltlich jedoch nicht zum Punkt, und lässt deswegen halbwegs kalt – aber manchmal genügt es halt auch, einen wundervollen Sonnenaufgang, statt in der Realität, in einer ideal eingefangenen Fotografie zu sehen. So ungefähr funktioniert Pandora in diesen austauschbaren Momenten.

Und dann sind da noch jene Szenen, in denen Wisp schlicht und einfach überzeugt – ohne Wenn und Aber und egal ob ihre Songs nun im Kooperationsmodus oder von Strippenziehern erschaffen entstanden sind.
Das ist etwa beim von Kraus initialisierten Titelstück so, das sich mit kräftigen Konturen zwischen Fleshwater und Grivo positioniert, in der Aufbruchstimmung des hinten raus die Bremsen lösenden See You Soon oder der knisternd brutzelnden, träumenden Schönheit Luna mit ihrem weiten Panorama. In diesen Momenten (die zum Aufrunden mit Welpenschutz-Bonus in der Bewertung sorgen) spielt es nämlich keine Rolle, dass die Diskussionen über die Hintergründe von Wisp genau genommen faszinierender sind, als der „Style-over-Substance“-Eindruck der Musik an sich.

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