Willie Nelson – Oh What a Beautiful World

von am 28. April 2025 in Album

Willie Nelson – Oh What a Beautiful World

Nicht, dass man dem bald 92 jährigen Willie Nelson auf seinem 77. Soloalbum Oh What a Beautiful World die überdeutliche Komfortzone nicht durchaus gönnen wollen würde.

Allerdings sorgen zwei Umstände für Schattenseiten hinter dem seltsam seriös nach AI anmutenden Cover (das gerade ob der bisher doch stets auch durch eigenwillige/ geschmacklose Artwork-Entscheidungen zu begeistern wissenden ästhetischen Tradition in der endlosen Nelson-Diskografie aus der Reihe tanzt).
Zum einen ist da die (zugegeben arg subjektive) Tatsache, dass man sich Oh What a Beautiful World grundlegend schwer tun kann, wenn man nicht der größte Fan von Rodney Crowell und seinem zeitlosen, stets solide, aber nur selten wirklich begeisternden Songs ist. Denn aus dessen Katalog speist Nelson den Nachfolger von Last Leaf on the Tree ausnahmslos und covert sich freundlich durch zwölf Stücke des texanischen Kollegen.

Und zum anderen wiegt einmal mehr der Umstand, dass Stamm-Produzent Buddy Cannon für Nelson eher einen tonalen Wohlfühlbereich schafft und kein soundtechnisch irgendwie aufregendes oder spannendes Ambiente kreiert: Vom Ohrwurm-Opener What Kind of Love weg ist das Setting diesmal alber sogar noch gefälliger an der Radiofreundlichkeit im gepflegten Americana-Midtempo angelegt, ohne in Form oder Inhalt wirklich über dem Standard aufzeigen zu wollen.
Vor diesem Hintergrund spielen Nelson, Cannon und die kompetente Musikerriege aus alten Bekannten ein Album ein, das angenehm zu hören ist und sicher auch auf lange Sicht ebenso wohlwollend wie sporadisch begleiten wird – dies aber eben eher auf eine beiläufige Art und Weise, weil wie in Still Learning How to Fly für wenig Reiz gesorgt wird.

Weite Strecken der Platte gefallen friedlich und ruhig (Banks of the Old Bandera), schunkeln gemütlich (I Wouldn’t Be Me Without You, Stuff That Works) und laufen in versöhnlicher Nostalgie schippernd dahin (in den Highlights The Fly Boy & the Kid oder dem sentimentalen Open Season on My Heart).
Hier und da werden schöne Facetten eingewoben – in Forty Miles From Nowhere schippert die Harmonika wehmütig, She’s Back in Town lehnt sich an den jazzigen Bar-Blues an und für das feine Titelstück steuert Crowell selbst die Backingvocals bei – was schon für Kurzweil sorgt. Doch es ist auch dabei stets ein schmaler Grad zwischen einer im besten Sinne risikofreien Middle-of-the-Road-Romantik (Making Memories of Us) und dem zu trägen Autopilot an der Grenze zur gepflegten Langeweile (Shame on the Moon). Derartige – durch den Mangel an Größe und heimlicher Brillanz in der unumstößlichen Klasse – schwächelnde Szenen ist man von Nelson einfach nicht (mehr) gewöhnt. Wobei man auch relativieren muss: Das Niveau, auf dem Willie in den vergangenen Jahren so konstanten veröffentlicht hat, hat wohl einfach ein bisschen verwöhnt.

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