William Doyle – Great Spans of Muddy Time

von am 8. August 2021 in Album

William Doyle – Great Spans of Muddy Time

East India Youth-Kopf William Doyle hat nach Your Wilderness Revisited auf Great Spans of Muddy Time ganz offenbar keine Lust auf derart stringentes, direktes Songwriting.

Stattdessen löst er seinen barocken Artpop über weite Strecken in einem elektronisch unterspülten Ambient auf, der wieder abstrakter als zuletzt klingt, sich aber auch form- und strukturoffen seine melancholisch verträumte Surrealität behalten hat.
Verspielt, elegant – aber auch wankelmütig. Homogen – aber eine Aneinanderreihung von Stückwerk.
Das geht soweit, dass Great Spans of Muddy Time meistens wie eine Sammlung an Interludes klingt, die zu vollwertigen Songs aufgeblasen ohne klare Linie oder erkennbares Ziel zerfahren aneinander gereiht wurden.

Somewhere Totally Else ist etwa ein trippig plätscherndes Sedativum und Shadowtackling dystopische Clubmusik, wie sie Thom Yorke als Hintergrund gefallen wird. Die halluzinogene Klanginstallation Who Cares leitet zum postpunkig gefärbten, Dirty Beaches’esken New Uncertainties, während St. Giles‘ Hill den orchestralen Fiebertraum in Zeitlupe auslegt und A Forgotten Film delirante Soundscapes bietet. Im retrofuturistischen Geplänkel Rainfalls deutet sich mit somnambuler Fantasie an, dass all das auch Pop sein könnte, bevor [a sea of thoughts behind it] in astraler Geduld ein wundervolles Bad im Weltraum nimmt.

Die Dosierung dieser Klangflächen – oder, weitaus schöner und auch passend: „song gardens/sound landscaping/“ –  ist stets latent enervierend, wenngleich schon auch auf gefällige Weise interessant.
Besser sind dennoch die Szenen, in denen sich Great Spans of Muddy Time erkennbaren Songs annähert. Gleich eingangs in der betörend romantischen Dreampop-Fantasie I Need to Keep You in My Life etwa, oder wenn ein physischer Rhythmus dem relaxten And Everything Changed (But I Feel Alright) mehr Kontur bietet, die Gitarren aber dennoch psychedelisch ausfransen. Nothing at All nutzt einen minimalistischen Synth-Twang, um die Eingängigkeit von Beirut aus der Perspektive der Young Marvel Giants zu erforschen, wohingegen der dösend-schlapfende Synthpop von Semi-bionic nicht zum Punkt findet – genau genommen aber nicht mehr oder weniger erinnerungswürdig als die entschleunigte Anmut von Theme From Muddy Time ist, die die proggigen Tendenzen von Doyle vorsichtig schimmernd erkennen lässt. Ohne Frustration trägt jedoch auch diese Passage nur bedingt dazu bei, in den kurzweiligen 42 Minuten ein wirklich erfüllendes Erlebnis zu finden.

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