William Basinski – A Shadow in Time

von am 29. Januar 2017 in Album

William Basinski – A Shadow in Time

Mit dem sich vor David Bowie verneigenden A Shadow in Time treibt der vom amerikanischen Indie-Feuilleton geliebte Ausnahme-Avantgardist William Basinski noch weiter in die popkulturelle Breitenwahrnehmung. Gut so!

Eine der vielleicht größten Stärken des Künstlers Basinski ist es, dass der 59 Jährige es mit absoluter Präzision versteht, seine so abstrakten wie flüchtige durch die Wahrnehmung fließenden Arbeiten in einen faszinierenden Kontext zu setzen: Knapp 15 Jahre nach dem Start der unsterblichen, durch 9/11 geprägten [amazon_link id=“B00ML7Q0UY“ target=“_blank“ ]The Disintegration Loops[/amazon_link]-Serie liefert Basinski mit dem so poetisch wie stimmig betitelten A Shadow in Time nun zwei Klangerlebnisse, von denen sein Tribut an den im Jänner 2016 verstorbenen David Bowie in den allgemeinen Aufmerksamkeitsfokus rückt. Dabei sind es wieder vergilbten Tapes aus dem Archiv, zerfließend wie unwirkliche Erinnerungen, auf denen For David Robert Jones nun basiert. Oder: „Some old rotten things that the cat in New York had chewed up„.

Tatsächlich arbeitet der 20 minütigen Opener mit seinem aus der Zeit gefallenen, minimalistischen, immer wieder um kaum fühlbare Nuancen verschiebende Loop abermals aus dem Trademarkfundus von Basinski ausgehend. Allerdings addiert der Wahl-New Yorker nun über der kaum greifbaren bleibenden, sub-emotionalen fesselnden Gangart jedoch stärkere Konturen als auf vielen anderen seiner Werke, indem sich nach knapp sechs Minuten ein weiterer Loop als markantes Leitthema über das wellenförmige Geschehen legt: Eine hypnotisch Figur, die eingangs vielleicht auf einer Gitarre erschaffen sein könnte, zum Ende hin jedoch seine Wurzeln als zerfallende Saxofongeburt Preis gebend: „[It] reminded me of Subterraneans, and so it became my elegy for David Bowie„, wahrhaftig irgendwo zwischen [amazon_link id=“B00001OH7W“ target=“_blank“ ]Low[/amazon_link] und dem 2016er-Meisterwerk Blackstar.

Sich zersetzenden Assoziationen, die For Robert Jones mit einer fast schon schmissigen Prägnanz näher hin zu den Traumwelten von Dirty Beaches-Überlebenden Alex Zhang Hungtai verschieben. Zudem liefert die stilistisch assimilierte Verneigung anhand des sich über der trübseligen Melancholie wandelnden Musters (das im falschen Moment konsumiert durch seine unscheinliche und unerschöpfliche Repetition durchaus auch penetrant erscheinen kann) natürlich reichlich Interpretationsspielraum – etwa für das sich stetig verändernde Schaffen des Chamäleons Bowies vor dem Hintergrund einer erschöpfend gleichförmig malenden Musikszene. Insofern stellt For Robert Jones nicht nur einen klassisch imaginativen Basinski-Track mit Komfortzonenerweiterungen dar, sondern auch einen absolut würdigen Tribut an die unsterbliche Legende.

Weniger typisches Alleinstellungspotential reklamiert danach die Titelnummer – obgleich die subtile Variation des Basinski-Modus Operandi sich hier im Grunde ebenfalls als auffällig und nachhaltig präsentiert: A Shadow in Time entfaltet sich nach seinem beinahe orchestralen Beginn als ambiente Klanglandschaft, die sich, auf meditativen Synthieelegien und Drone-Malereien erschaffen, geradezu erstaunlich in eine kristalline Schönheit legt – und dabei einen von Basinski selten gehörten Optimismus gedeihen lässt. Gerade die letzten Minuten suhlen sich förmlich in einer sehnsüchtigen Zärtlichkeit, wenn Basinski verletzliche Pianotöne zu einem unwirklich-wohligen Score streichelt, der vage an die intimsten Momente von Aphex Twin denken lässt. Eine wunderbare Reise.
Zwar mögen sich die beiden relativ gegensätzlich ausgelegten, irgendwo doch auch irritierend fragmentarisch bleibenden Bausteine dieser Platte als Gesamtwerk weniger kohärent (oder: überwältigend) zusammenfügen, als die meisten vorausgegangenen Alben Basinskis, jedoch erschließen sie sich dafür auch unmittelbarer, nachvollziehbarer und direkter, wachsen so ihrem eigenen gefühlvollen Charakter entgegen. Zudem gelingt Basinski (natürlich primär durch die Verortung des Bowie-Tributs) hinter dem gestiegenen medialen Interesse ein interessanter Spagat: Wo A Shadow in Time Langzeitfans durchaus spannende neue Facetten eines akribisch-originären Schaffens offenbart, war der Zugang für Neulinge wohl noch nie einfacher als anhand dieser 44 Minuten.

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