…And You Will Know Us By The Trail Of Dead – IX
Conrad Keely und Jason Reece geben sich weniger frontal als zuletzt und ziehen sich von melancholischen Verlustgedanken geprägt in einen Rausch aus großen Melodien, klug arrangierten Riffs und kraftvoller Sehnsucht zurück: …And You Will Know Us By The Trail Of Dead sind (endgültig wieder) eine todsichere Bank.
Den einzigen Vorwurf, den man dem – no,na- neunten Studioalbum der Texaner letztendlich machen kann, ist dann ein zwischen den Zeilen durchaus schmeichelhaft zu lesender: ‚IX‚ verabsäumt es vom vorhandenen Potential her gar an die ab 1999 einsetzende Hochphase der Band aufzuschließen – und die triumphale „Rückkehr“ von Trail of Dead nach dem guten, aber im Kontext auch etwas halbgaren ‚The Century of Self‚ über ‚Tao of the Dead‚ und ‚Lost Songs‚ zu krönen.
Kleine Details hätten es richten können, marginale Feinjustierungen in der Eingangsphase der Platte vor allem. ‚IX‚ saugt nicht derart unmittelbar in seinen atmosphärischen Bannkreis wie es frühere Alben zu tun pflegten, eröffnet anhand des wehmütig getriebenen ‚The Doomsday Book‚ mit einem tollen Song, aber keinem epochalen Opener. Vor allem aber bremsen sich Trail of Dead danach selbst aus: das Doppel aus ‚Jaded Apostles‚ und das perkussiv auf den Gitarrenexzess zupolternde ‚A Million Random Digits‚ treibt seine Melodien energisch voran, bewegt sich aber kaum von der Stelle und wird ohne Zuspitzungen der relative Schwachpunkt der Platte bleiben. Dass ‚Lie Without a Liar‘ seinen fett nach vorne gehenden Refrain danach ganz unverhohlen nach den Stadien des Alternative Rock greifen lässt mag dann Geschmackssache sein, zündet aber enorm wirksam: die Aufwärmphase der Platte nähert sich ihrem Ende.
Spätestens, wenn sich ‚IX‚ mit ‚The Ghost Within‚ endgültig auf eine höhere Ebene schraubt: Keely verdichtet das stattliche Szenario rund um eine liebliche Pianomelodie und ein stoisch abwartendes Grundgerüst immer dramatischer, am Spannungshöhepunkt packt Reece den Song ruppig am Schopf, bevor der Song in Ruhe verebbt und der Albumfluss richtig in Fahrt kommt. ‚The Dragonfly Queen‚ ist ein unangestrengt über Keyboardflächen und Indie-Gitarren tänzelnde Popanlehnung mit simplem Aufbau und Ohrwurmgespür, die nahtlos in das epochal Dampf machende, sich stetig steigernde Instrumental ‚How to Avoid Huge Ships‚ übergeht. Früher einmal wären die beiden Stücke vielleicht zu einzigen Nummer verschmolzen worden, auf ‚IX‚ hallt das episodenhafte und songorientierte der beiden letzten Alben jedoch nach.
So fädeln Trail of Dead mit ‚Bus Lines‚ die nächste Perle auf, ein dynamisches Wechselspiel aus fließender Zurücknahme und zupackender Härte. Das Songwriting zeigt dabei stellvertretend einen weniger markanten Zug zum Tor, vertieft sich stattdessen in seine Ansätze und oft auch seinen Klang. Die tief stehende Produktion rückt die rollenden Drums stets energisch in den Mittelpunkt, die oszillierenden Gitarren dröhnen nicht nur beim streicherdurchfluteten Instrumental ‚Like Summer Tempests Came His Tears‚ geradezu postrockig in die Breite gehend, die hallenden Effekte auf Keely’s Stimme gehen Hand in Hand mit bisweilen wavigen Synthesizernflächen. ‚Lost in the Grand Scheme‚ tarnt sich dagegen eingangs als klassischer Reece-Brecher mit Rückblick auf ‚Source Tags & Codes‚, um sich als längster Track doch in proggig-majestätische ‚Worlds Apart‚-Gefilde ausdehnen zu wollen.
Wenn ‚Sound of the Silk‚ dann ein nicht optimal besetzter Closer ist (weswegen die Special Edition mit dem okayen ‚Warm Fire‚, dem Keis-schließenden ‚Feelings and How To Destroy Them‚ und dem furiosen ‚Tao of the Dead Part III‚ auch die schönere, rundere Albumversion darstellt), aber in nur fünf Minuten orientalische Psychedelika, Tribal-Percussion, ein Spoken Word-Rodeo und eine rasanter Rock-Abfahrt unterbringt, dann geht ‚IX‚ gzwar enau genommen der eine oder andere alles überragende Ausnahmesong ab, das kleine Quäntchen zügelloser Energie, das die Band in ihren besten Zeiten einfach noch zwingender zu artikulieren verstand. Denn so wie man das Gefühl hat, das Trail of Dead mittlerweile vor allem daran interessiert sind für ihre angestammte Fanbase zu zaubern, misst man die Texaner natürlich immer noch an der Magie der alten Tage. Diese heraufzubeschwören gelingt ‚IX‚ nicht restlos. Muss es aber auch gar nicht. Weil Trail of Dead zum neunten Mal in Folge kein schwaches Album abliefern, viel mehr das zumindest dritte bärenstarke in Folge gar, und mit einer eigentlich beispiellosen Konstanz ohnedies weiterhin in ihrer ganz eigenen Liga spielen.
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