When Knives Go Skyward – A Thousand Miles Of Rope
Was den einen ihr Smile oder Eros ist, ist für andere A Thousand Miles Of Rope. Oder: „Before there was Danza, A Dark Orbit, Glass Cloud, Emmure and Frontierer…there was KNIVES!“.
„Versions of our debut have floated around the internet for years. It’s hard to say what version you may find out there for download as we recorded this album 3-4 times due to circumstances like leaks, failed hard drives, etc. This is the final version we did and the real true version that was supposed to see the light of day. The original stems are lost, but these tracks have been livened up a bit.
We’ve given it out for free for so many years, so that is why there is a pice for now. Please feel free to donate what you want. We appreciate it and hope you enjoy this album as much as we did creating it.„
Dass Brüllwürfel Chad Kapper (der hiermit nach Parhelion von 2020 auch für eine ideale Archiv-Klammer um das Frontierer-Meisterwerk Oxidized aus dem vergangenen Jahr sorgt) und Gitarrenwizard Joshua Travis zuletzt daran arbeiteten, das legendäre, aber eben auch trotz unzähliger Demos, Bootleg-Versionen und sonstiger in Umlauf gebrachter Songs offiziell nie erschienene Debütalbum ihrer Band When Knives Go Skyward – in verschiedenen Phasen ergänzt durch Keith Riley (guitar), Mike Krueger (drums), Casey Bourisaw (bass), Brian Sankus (bass), Brad Sexton (drums) – doch noch herauszubringen, war ein offenes Geheimnis in der Szene.
A Thousand Miles Of Rope nun aber nach über eineinhalb Dekaden tatsächlich in seiner finalen Form serviert zu bekommen, ist dann (zwar insgeheim freilich auch ein internes Ringen mit der nostalgiegetränkten Erwartungshaltung ob der unterschiedlichen Versionen des Materials, das seit jeher im WWW zirkulierte, sich über die Jahre ins Herzen eingeprügelt hat – und alleine die Frage übrig lässt: Wo bitte ist Your Basic Western?) doch schlicht und ergreifend unglaublich – und löst eine ungläubige Euphorie aus: Wie extrem fit und trendresistent, knüppelhart und ausdauernd der Metalcore der (mittlerweile als veritabler Allstar-Zusammenschluß deklarierbar seienden) Gruppe aus St. Louis war und ist, muß Freunden des Genres irgendwo zwischen den heaviesten Momenten der Deftones und Car Bomb feuchte Träume mit angespannten Nackenmuskeln und geballten Fäusten bescheren, währen die Riffs hungrig reißen, die massiven Kompositionen zeitlose State-of-the-art-Klasse haben, und Kapper unerbittlich infernal brüllt, als gäbe es kein Morgen (und es nebenbei auch umso erstaunlicher erscheinen lässt, dass er damals ebenso agressiv wie heute klingen konnte/ immer noch kann).
Ob einiger Modifikationen im Sound und Sequencing braucht es zwar ein paar Durchläufe, um sich mit den Veränderungen zu arrengieren – mit jedem Durchgang wächst jedoch die Bereitschaft, dieses A Thousand Miles Of Rope bedingungslos als die ultimative Erscheinungsform anzunehmen. Denn die Songs wirken teilweise, als wären sie einer Frischzellenkur unterzogen worden, ballern so heftig, dass sie ein Gros der aktuellen Konkurrenz Staub fressen lassen – auch wenn ihnen vielleicht das geniale, ikonische Quäntchen fehlt, das die versammelten 69 Minuten zu einem tatsächlichen Klassiker machen würden…wiewohl, wäre A Thousand Miles Of Rope wie angedacht 2007 veröffentlicht worden, das Album heute neben Platten von Ion Dissonance und Co. als absolute Genre-Pflichtlektüre auf jeder Liste stehen würde.
Optics wütet schließlich wie eine Abrissbirne, die dem Nu Metal die Apokalypse bringen wird, das Tempodrom The Cure They Speak Of Is Unreal frickelt proggig als Synapsentanz im Pit und hat zahlreiche Wendungen in der Brutalität parat. Upper West Side shreddert mit manischem Pump revidierend und Diary Of The Runner holt das exemplarische Chaos-Stakkato aus einer atmosphärischeren, grungigen Alternative-Kante, derweil Expedition mit punkigem Melo-Core liebäugelt, den straighten Killer-Hit mit Cut und Twist planiert, später noch die irre flimmernde Gitarre auspackt: was für ein Highlight! Glass-Eating Champions ist Dillinger-Extase auf dem Grind-Brandbeschleuniger mit einem Finale zum Niederknien, und das Acoustic-Schrammeln im Rahmen von Ghost freilich ein Red Herring-Moment: Hier gibt es über weite Strecken nur das permanente Flexen, dynamisch und unberechenbar genug, um nicht abstumpfen zu lassen.
Desert Necktie verschmilzt die Punkrock-Einspritzung im massiven Gekloppe a la Misery Signals mit einer ätherischen Synth-Mystik-Patina, denn mit Fortdauer wird Kapper und Travis klar, dass sich die Variationen des MO im überschaubaren Radius austoben dürfen. Taking Back The Bridge bekommt deswegen ein beschwörendes Panorama und sampelt den Ambient samt Nachhall (-_-), während The Assembly Line die brüderlich in den Armen liegende Gemeinschaft forciert. She Used Her Wings To Drown holzt danach noch einmal alles ab, weil Yellow nach einem energischen Dampf-Ablassen zur Hälfte in die Hidden Track-Rille springt, [ Pale Yellow Secret ] dort Richtung Harsh Noise-Installation weiterläuft und dann als instrumentale Jam-Kaskade ein herrlich unkonventionelles Appendix-Ende genüsslich auf die Spitze treibt, das so als Fortsetzung nach dem Abspann irgendwie sinnbildlich für die ungewisse (Existenz-)Zustandes von When Knives Go Skyward im Ganzen ist. Oder anders: Indem die Band nach all den Jahren doch noch Nägel mit Köpfen macht, das Mysterium quasi lüftet, hätte sie den eigenen legendären Status auch durchaus aushöhlen können. Stattdessen unterstreicht sie nicht nur, dass all die Szene-Glorie immer schon berechtigt war, sondern macht vor allem Hunger auf mehr – und die Zukunft.
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