Weezer – Van Weezer
Grundsätzlich enttäuschend inkonsequent, aber irgendwie dennoch ordentlich spaßig: Nach dem tollen, vorgezogenen OK Human ist das mit über einem Jahr Verspätung kommende Van Weezer polarisierendes Spaltmaterial.
Dass Rivers Cuomo mit dem Release von Van Weezer warten wollte, um das Momemtum der Platte für die gemeinsame Tour mit Green Day zu nutzen, erscheint durchaus vernünftig: Seine prolongierte Verneigung vor dem Heavy Metal und Hardrock, dem AOR und Glam, vor Bands wie Quiet Riot oder Kiss , wirft über gut zwei Drittel seiner kompakten Spielzeit von 30 Minuten praktisch unverschämt zwingenden Hits und Ohrwürmer ab, die förmlich nach breiten Posen vor ausgelassenen Partymengen verlangen.
Symptomatisch dafür ist aber auch, dass das nunmehr fünfzehnte Studioalbum von Weezer seine penetrante Referenz im Titel weniger wegen einer tatsächlichen Nähe zu Van Halen trägt, sondern primär als so banalen wie griffigen Gag; und von den angekündigten heavy Gitarren im Stadion Rock-Sound rifftechnisch eigentlich nur die von Randy Rhoads zu Ozzy im Bubblegum-Powerpop-Modus galoppierende 1:1-Adaption von Crazy Train in Blue Dream hängen bleibt – während man so viele Refrains nicht mehr aus dem Kopf kriegen will.
Im immerwährende Russischen Qualitäts-Roulette von Weezer haben wir es also einmal mehr mit einem ambivalenten Stück Musik zu tun, wenn das Quartett seine massenkompatible Liebeserklärung an die Pommesgabel eben mit derselben Penetranz zelebriert, mit der das schwarze Album kontemporärer Pop sein wollte. Nur haben Cuomo und Co. hier trotz einer gewissen Pastiche-Ästhetik einfach die besseren Songs geschrieben.
Songs zumindest, die wie alleine im stampfenden Opener Hero (mit seinen wenig subtilen „Ohohoo“s, der gniedelnden Bridge und der Vorschlaghammer-Frontalität seines Killer-Chorus) schon auf den Erstkontakt mit unendlich repetierten Schmissigkeiten und keinerlei Vielschichtigkeit vorgaukelnden Agenda übersättigen können, spätestens beim vierten Durchgang aber doch mit einer unerschöpflich gut gelaunten Oberflächlichkeit mitgegrölt werden wollen, müssen – und nochmal, es schadet einfach nicht!
Weezer machen dafür keinen Unterschied zwischen cheesy und catchy, haben keinen Genierer, All the Good Ones mit seinen Arena-Animations-Handclaps weder als Kopie von Beverly Hills, noch von I Love Rock’n’Roll auszuweisen, und den direkten Zug zum Aufmerksamkeitsdefizit über die pure Hommage zu fahren. Macht ja auch wirklich nix, wenn die Sache einen so unkomplizierten Spaß macht, kurzweilig und unbeschwert, nonchalant kalkuliert.
Ob all die am Silbertablett servierten Hooks und Melodien nach dem Prinzip Zuckerwatte im H&M-Nietenjacke sich bis zu den Nachholterminen der Hella Mega Tour halten werden, ist indes auch deswegen fraglich, da Suzy Shinn als Produzentin die Songs weitestgehend harmlos und kaum bissig oder angriffslustig klingen lässt. Die Vermutung, dass da ein Jake Sinclair mehr herausholen hätte können, liegt insofern nahe, weil Weezer rein kompositorisch eigentlich nahe am klassischen Sound bleiben, immer wieder gar in die Nähe der weißen Platte schielen.
The End of the Game lässt beispielsweise das Griffbrett neongrell tappend flimmern und stampft dann mit fetter 80er Attitüde in den typischen Weezer-MO, das nostalgische I Need Some of That ist ein Instant-Smasher und Beginning of the End kann es sich gar erlauben, im Albumkontext eine von der bekannten Single-Variante abgehängt werdende Version aufzufahren: weniger euphorisierend-jubilierend täuscht man erst die melancholische Einkehr an, um dann Leads solierend in den Himmel zu heben.
Schade nur, dass Van Weezer in der schwächeren zweiten Hälfte bisweilen die Luft auszugehen droht. 1 More Hit verkleidet sich etwa beinahe grimmig heavy zu Maladroid schielend, gönnt sich gar eine tolle, aber leider nicht zum äußersten gehenden Thrash-Bridge, fährt in seinem schwachen Chorus aber nur einen frustrierend beliebigen Singalong auf. She Needs Me ist wenig inspiriert bestenfalls ein solider Standard und das punktockigere Sheila Can Do It klaut seine tolle Gesangslinie dreist bei Bob Dylan (im Gegensatz zu Billy Joel, Asia und Blue Öyster Cult gibt’s dafür aber keine Anerkennung in den Credits), bleibt jedoch farblos und langweilig.
Mag Precious Metal Girl als wunderbarer Kleinod-Abschluss in Form einer sentimentalen Akustik-Romanze auch noch einmal das Ruder rumreißen, reicht das zwar nicht ganz für die nächsthöhere Wertung, aber dennoch absolut locker für ein zufriedenes Resümee: denn ja, da wäre offensichtlich mehr möglich gewesen – mit mehr Mut zur Konsequenz im Tribut, zumindest aber einem stärkeren hinteren Drittel – weswegen man enttäuscht sein darf; aber ja, Weezer liefern auch so praktisch dennoch exakt entlang der Erwartungshaltung, nur geschmackvoller und weit über ihren qualitativen Untiefen ab. Der Tausch der erfrischenden Streicher von OK Human zurück zu käsigen Bratgitarren macht das zweitbeste Weezer-Album des Jahres jedenfalls so oder so zu einer runden Sache, die gar nicht erst den Anspruch stellt, Tiefgang zu erzeugen.
1 Trackback