Wear Your Wounds – Rust on the Gates of Heaven
Rust on the Gates of Heaven bestätigt, was WYW und das Ambientwerk Dunedevil bereits erahnen ließen: Ausgerechnet Bandkopf und Projekt-Urheber Jacob Bannon ist in seiner Position als Sänger das wohl gravierendste Problem von Wear Your Wounds.
Dass Rust on the Gates of Heaven als rein instrumental gehaltenes (oder zumindest weitestgehend ohne Vocals auskommendes) Album einfach besser geworden wäre, lässt sich auch im Opener Mercifully (bzw. seiner schwermütig schließenden Klammer Mercilessly am anderen Ende) noch einmal nachprüfen, wenn wehende Piano- und Streicher-Melancholien einen subtil glühenden Score beschwören, der mit dem erhebenden Gestus von A Whisper in the Noise das cinematographische Element der Platte vorwegnimmt, bevor Bannon mit dem Titeltrack ans Mikro tritt.
Die hauptberufliche Hardcore-Abrissbirne ist als passionierter Leisetreter eher ein sachter Erzähler, der sich in den strukturoffenen Klanglandschaften treiben lässt, traurig dösend, nicht die übliche beißende Leidenschaft und Manie seiner Stimmbänder an den Tag legt. Während der Song postmetallisch den Mond anheulend aufbricht, die Band mit ekstatischen Solierungen und geradezu gospelartigen Chören für die Katharsis zuständig ist, gibt sich Bannons Gesang schon hier (stellvertretend für alles folgen sollende) zu monoton, dünn und ein klein wenig ausdruckslos, wo er durch die limitierte Bandbreite seiner fast schüchtern gehauchten, cleanen Singstimme an immer ähnliche Melodien gebunden ist – er scheint zudem auch die restliche Mannschaft zu zähmen, wie man auch dezitiert im gegen den Strich gebürsteten Brittle Pillar verdeutlicht bekommt.
Sein prominent zur vollwertigen, mittlerweile fünfköpfigen Band angewachsenes einstiges Soloprojekt hat trotz all der illustren Mitmusiker – namentlich neben dem Converge-Brüllwürfel: Mike McKenzie (The Red Chord, Stomach Earth, Unraveller, etc.), Adam McGrath (Cave In, Nomad Stones, etc.), Sean Martin (Twitching Tongues, ex-Hatebreed, ex-Kid Cudi) und Chris Maggio (ex-Trap Them, ex-Sleigh Bells, etc.), dazu kommen Beiträge der Kollaborateure Ben Chisholm (Chelsea Wolfe, White Horse) sowie Gared O’Donnell (Planes Mistaken For Stars, Hawks and Doves) – derweil den Post-Rock und -Metal zumindest in der ersten Hälfte der Platte ein bisschen zu gleichförmig verstanden, folgt dort meist den immer selben Strukturen und Aufbauten: Wear Your Wounds kontrollieren die wehmütige, langsame Atmosphäre zwischen den Deftones und Chelsea Wolfe über Slowcore- und Goth-Motive so lange in Zaum haltend, bis sie dem aufgeschobenen Climax und der Spannungdenladung nicht mehr widerstehen können, sich exzessiv in Crescendi legen oder hymnische Solierungen in bester Jerry Cantrell-Manier schwelgend geradezu ätherisch traumwandelnd folgen.
Tomorrow’s Sorrow definiert da quasi die Signaturen, beginnt typisch mit in Zeitlupe geschlagenen Einzeltönen und erinnert vage an eine vollends entschleunigte Beinahe-Ballade, wächst an und nimmmt wieder an Fahrt auf, wird flott und ambitioniert, packt gar die triumphale Geste hinter tackernden Blastbeats aus und schickt trve Saiten-Figuren in den Nachthimmel.
Wie stark Ihnen dieser verinnerlichte Modus Operandi grundlegend gelingt, wird zwar immer wieder deutlich: Das famose Truth is a Lonely Word (das seine stacksenden Synthies einem modulierten Bass entlang nachschickt, wie eine Kindermelodie für Suspence-Szenarien anmutet, das seine enorm catchy gehaltene Griffigkeit in weitläufig nachhallende Massivitäten auflaufen lässt) oder Rainbow Fades (in dem Bannon gepresst betont düster haucht, die perlenden Saiten dem schlurfenden Rhythmus anheim fallen und die sinnierenden Leadgitarre der Windmaschine entgegen heult, bis sich hinten raus der Metal noch einmal aufbäumen darf) sind Paradebeispiele für das tolle Material der Platte.
Allerdings zeigt dieses auch die relative Komfortzone des Songwritings, wenn sich das zügiger nach vorne gehende Paper Panther als fast schon straighter Rock mit Akustikgitarre und Flamenco-Idee kompakter als das restliche Material gibt, die üblichen Formen umgeht und damit im Kontext zwar stimmig wirkt, aber im Albumfluss dennoch deplatziert-interludeartig anmutet.
Nichtsdestotrotz funktioniert Rust on the Gates of Heaven als Ganzes nicht nur über seine fesselnde und faszinierende Stimmung und Ästhetik, sondern mit Fortdauer generell auch kompositorisch immer überzeugender, wenn die Band die grundlegende stilistische Verortung entweder etwas weniger vorhersehbar untersucht, oder aber sowieso als Ausgangspunkt für Exkursionen in umliegende Gebiete hernimmt. Love in Peril findet etwa quasi mehr oder minder den Weg vom Shoegaze zu Alice in Chains, Lurking Shadow beginnt countryesk auf der Veranda sitzend und entwickelt sich zu einer entschleunigte Blues-Wehklage, bevor Shrinking Violet die Eleganz und Schönheit einer in das All driftenden Science Fiction-Epik über das Malen-nach-Zahlen-Schema ausbreitet. Über derartige Perspektiven mutet das voll ausgewachsene Rust on the Gates of Heaven mehr denn je wie die Übergangsplatte einer Band an, die schon dicht beeinander steht, aber ihr volles Potential erst wirklich zueinander findend fokussieren muß.
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