Wanda – Ciao!
Quo Vadis, Wanda? Die Wiener wissen es aktuell offenbar selbst nicht so genau und begnügen sich auf Ciao! deswegen mit einer so penetranten wie unentschlossenen Komfortzonenverwaltung zwischen nebensächlicher Egalität und frustrierender Potentialverschwendung.
Schade: Wanda haben die besten, weil am freigeistigsten ausgelegten Momente von Niente (2017) also nicht als Steilvorlage genommen, um mit ihrem vierten Studioalbum endgültig scheuklappenfrei über jenen Tellerrand zu marschieren, der sich längst irgendwo in der Grauzone aus Trademarks, Manierismen und Klischees manifestiert hat.
Dabei zeigen einige Szenen auf Ciao! durchaus, wohin die Reise für die fünf Wiener gehen hätte können – nämlich mit Vollgas in die 60er: Ein komischer Traum wählt als angenehmer Melancholiker beispielsweise zwar rhythmisch (wie so oft) den einfachsten Weg und endet abrupt, nimmt mit den sentimentalen Abbey Road-Streichern aber den latenten Beatles-Vibe zwischen den Zeilen vorweg, der einem auf Ciao! immer wieder sporadisch begegnet. Etwa im gackernden Nix Reparieren oder wenn Gerda Rodgers gleich zum Mitglied vonSgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band wird, während das entspannter klimpernde, verträumte Vielleicht abseits der richtigen Stimmung viel Flowerpower schuldig bleibt.
Das Erste an was ich denk gönnt sich dagegen den Ansatz von The Cure-Gitarren und das unterhaltsame Ein schneller Tod stompt und galoppiert mit bluesigem Americana-Flair samt wirbelnden Drums. Swing Shit Slide Show beginnt so ermüdend, weil schon tausendmal von der Band gehört – bekommt dann aber sehr fein den Dreh, mal ein bisschen strukturoffener zu strawanzen, fast schon progressiv jammend.
Alleine: Allen gemein ist (mal mehr, mal weniger) ein frustrierender Mangel an Kompromisslosigkeit, der die Substanz der aufgezeigten Perspektiven auch wirklich in Griffweite holen würde. Die möglichen Neujustierungen, sie wirken halbherzig anvisiert, zu faul und bräsig umrissen, um tatsächlich für frische Impulse zu sorgen. So bleiben die Songs unter der Fassade relativ typische Wanda-Nummern, eben vielversprechend verkleidet, aber nicht mutig genug, um sich aus dem eigenen Baukasten zu entfernen – und Ciao! im Ganzen eine unentschlossene, auch unausgegorene Angelegenheit.
Insofern ist das funky gemeinte Nach Hause gehen mit seinem nervigen Chorus und Synthieschwaden (sowie im Video aus Nostalgiegründen zur Vorsicht auch noch ein peinliches Pendant zu Johnny 5 auffahrend) zwar ein mieser Song, vielleicht sogar der schwächste im Repertoire der Band überhaupt, aber zumindest konsequenter als der Rest.
Dass die um polarisierende Aufmerksamkeit buhlende Single auch nicht in den Albumfluss passt, ist zudem schon okay: Ciao! hat ohnedies keinen Spannungsbogen, sondern ist eine souverän-wahllose Aneinanderreihung aufgehübschter Déjà–vus und gewohnter Stärken. Dass (abseits von Nach Hause gehen) keines der restlichen 13 Stücke zudem einen tatsächlichen Ausfall darstellt, man vielleicht hier und da Material sparen hätte können (das zurückgelehnte Der Erste der aufwacht verliert sich ein wenig in der Belanglosigkeit, Domian ist ein netter Singalong mit verspulter Pointe, aber kompositorisch zu egal), fällt jedoch kaum begeisternd positiv ins Gewicht. Im Umkehrschluss holen schließlich auch die auf Nummer Sicher gehenden Routinestücke nur bedingt ab, Hits drängen sich diesmal keine auf.
Der Standard Ciao Baby holt jedoch an Bord, ist wie die gesamte Platte erst unterwältigend und beim fünften Durchgang durchaus ein gefälliger, effektiver Ohrwurm. S.O.S gibt den schmissigern kleinen Twister, risikolos und nett. Zu wem oder was spannt den textlichen Bogen zu Nach Hause gehen mit pummeligen Bass, das instrumentale Outro Alma ist atmosphärisch geschrammelt, aber kaum essentiell.
Ohnedies bleibt diesmal abseits der grundlegenden Agenda innerhalb der Diskografie-Geschichte wenig Spezielles hängen – „die Platte, die hier und da mit vagen Beatles-Reminiszenzen liebäugelte„. Schön und gut, nicht aufregend, nicht spannend, nicht fordernd. Was bleibt ist trotzdem eine Wanda-Zuverlässigkeit im vertrauten Ambiente, die mit ihren mittlerweile leider arg plump gewordenen Texten durch die noch einmal gestiegene Repetition bei aktiven Konsum verdammt anstrengen kann. Und deren größtes Manko vielleeicht trotz allem nicht so sehr all das liegengelassene evolutionäre Potential darstellt, sondern eher die Tatsache, dass auf Ciao! auf emotionaler Ebene niemals wirklich packt, sondern die Verwaltung der eingetragenen Signaturen zu gerne als beiläufiges Hintergrundgedudel begnügt. Fans können und werden mit solch einer in Nuancen neu schattierten Fließband-Platte, die nett nebenbei zu hören ist, wohl alleine durch den Hinweis auf die immanente Kulturgut-Tauglichkeit rundum zufrieden sein – ohne deswegen allerdings ansatzweise in Euphorie zu verfallen. Passt schon!
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