VUG – VUG
VUG aus Berlin wissen, wie man einen relativen Mangel an Originalität ansatzlos aufwiegt: Mit starkem Songwriting, instrumentaler Klasse, ordentlich Gefühl und dem nötigen Gewicht an Authentizität hinter der transportierten Leidenschaft. So macht Retrorock auch im x-ten Anlauf verdammt viel Laune.
Ganz allgemein funktioniert das selbstbetitelte Debüt des Quartetts nach altbewährten Zutaten und traditionellen Prinzipien. 2015 landete die erste Demo der Band im Netz, während der Langspieler VUG selbst letztendlich bereits 2016 live eingespielt wurde, bis zu seiner Veröffentlichung über den Qualitätsgaranten Noisolution aber bis auf weiteres zurückgehalten wurde.
Eher deswegen, weil (der geschmackssichere) Schlagzeuger Nick DiSalvo primär mit seiner Stammband Elder (und jüngst eben der 2017er-Grandezza Reflections of a Floating World) beschäftigt war. Definitiv nicht, weil die mit skandinavischen Ethos arbeitenden Max Raine (Gitarre), Philip Hennermann (Bass) und Felix Scholl (Gitarre, Vocals) eine relative Schwächephase der stilistisch nahverwandten Marktführer Graveyard und Blues Pills geschickt getimt nutzen wollten, um den wertkonservativen Geist zwischen den prägenden Impulsgebern Kadavar und Witch Mountain, Pentagram und Hendrix, Wolf Mother und Witchcraft, Thin Lizzy oder Cream ökonomischer zu beschwören.
Dafür spricht alleine, dass VUG im zyklisch mal stärker aufbrandenden, mal weniger in der Auslage stehenden Vintage-Trend, ihre herrlich kompakt versammelten 34 Minuten auch mit einer aktuell härteren Konkurrenz praktisch aus dem Stand heraus Richtung Speerspitze gezirkelt hätten. Vor allem aber, dass es einer alterslos aus der Zeitkaspel geborgenen Platte wie VUG ohnedies relativ egal sein kann, welche Jahreszahl ihr nun anhaftet. Geiler Retrorock geht immer – und VUG ist entlang seines inbrünstig röhrenden Gesangs, instrumentalen Intensität und packenden Songs einer der stärksten Genrebeiträge seit langer Zeit.
Dafür reklamiert der Einstand mit Atomic Rooster-Referenz seinen zeitlichen Ursprung natürlich ansatzlos in den 70ern, im Proto-Ursumpf des Heavy Metal, im Hard- und Bluesrock, mit Stoner-Vibe und Psychedelic-Ansaätzen, eben bei Blue Cheer und all den anderen den üblichen Verdächtigen.
Weswegen es auch durchaus zulässig gewesen wäre, sich noch expliziter vor Black Sabbath zu verbeugen, und gleich den Opener einer selbstbetitelten Debüt-Platte nach sich selbst zu benennen. Stattdessen macht VUG, der Song, hier den verdienten Closer – und gönnt sich nach an sich archetypisch gestrickten Mustern mit einer zwingenden Extraportion Soul soviel mitreißenden Jam-Freilauf, dass einem schon im Gedanken an Livekonzerte der Band der Schweiß auf die Stirn tritt….und unweigerlich der nächste Repeat-Durchlauf folgt.
Dass es Facetten wie die hier erst spät aufgefahrenen, Richtung Queens of the Stone Age-Falsett schielenden Backingvocals gewesen wären, die VUG ein zusätzliches Plus an individuellem Charakter verliehen hätten, fällt am Ende einer rauschhaften Platte übrigens nur bedingt ins Gewicht.
Das seine physische Präsenz mit einer wunderbar direkten Sound transportierende, mit enormen Spielwitz zündelnde Quartett artikuliert seine Stärken auf VUG eher als ganzheitlichen Husarenritt, zelebriert seinen heavy Boogie dynamisch und energiegeladen, mit einem entwaffnenden Gespür für den Groove. Auch mit mehr Gefühl für variablen Druck und anziehende Melodien im kleinen Finger, als andere Bands im ganzen Körper.
Zwar gibt es grundlegend eher straight ausgelegte Songs wie White Room als unbändige Anpeitscher, dennoch ist das eigentlich Highlight der Platte die Art und Weise, wie jedes Element im Bandsound miteinander kommuniziert und interagiert, wie beweglich das Songwriting keinerlei Gleichförmigkeit aufkommen lässt, wie lässig sich VUG in die latente Coolness von Nummern wie dem atmosphärisch-sinistren Garden oder dem unberechenbaren Poseidon geben können, nur um die Zügel im nächsten Augenblick als organischste Sache der Welt knackig eng zu ziehen, mit satter Wucht nach vorne zu treiben.
Dann schlängelt sich die Band durch großartige Riffkaskaden wie jene der seinen Fuzz scheppert im Gebälk schmelzen lassenden Glanztat Lose, die den Weg aus der Wüste auf den Highway findet, lehnt sich dabei jedoch in eine innere Spannung und nimmt sich so behutsam zurück, bevor sie hinten raus neuen Anlauf entwickelt und letztendlich wunderbar energisch schiebt. Dass die Hook sich scheinbar unspektakulär in die Gehörgänge frisst ist symptomatisch: VUG hält vielleicht keine offenkundigen Hits parat, dafür aber umso nachhaltiger in der Heavy Rotation zündenden Ohrwürmer mit Suchtpotential und der nötigen Geduld.
Trotz seiner fieberhaften Spielzeit wirkt VUG dadurch schließlich nie überhastet, sondern teilt sich deine Kräfte geschickt ein, variiert mit smarter Balance zwischen dem unbedingten Zug zum Tor und einer strawanzend ausgebreiteten Liebe zum zweckdienlichen Jam. Am besten steht es den Berlinern insofern, wenn sich das überragende Prophecy in einer großartig balladesken Unaufgeregtheit entspannt – weil niemals deutlicher wird, dass diese Band alle Zeit der Welt hat.
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