Vince Staples – Vince Staples
Vince Staples, das offiziell vierte – und selbstbetitelte – Album des 28 jährigen North Long Beach-Guides setzt gleichermaßen bei FM! von 2018 an, wie es auch die Fäden von Summertime ’06 aufnimmt.
Der drei Jahre alte Vorgänger ist alleine insofern nicht weit entfernt, da Vince Staples mit gerade einmal 22 Minuten Spielzeit abermals auf eine enorm kompakte, knackige Dauer setzt und sich zudem wieder auf die primäre Produktionsarbeit von Kenny Beats verlässt. Dessen nun bewusst zum Downbeat schielenden Trap-Fundamente muten gleichzeitig aber nicht nur im mit orientalischen Texturen ausgestatteten Lil Fade wie ein Update des Staples-Debütalbum von 2015 an, dessen regionaler Mikrokosmos hier einmal mehr auflebt: das Gangsterleben in North Long Beach geht weiter, immer weiter; manche Akteure sterben, neue kommen nach.
Das Ergebnis dieses inhaltlichen Möbiusbandes ist eine erstaunlich relaxt Wanderung geworden, ein unaufgeregtes Sich-treiben-Lassen und beobachtendes Flanieren – wobei das Reflektieren mittlerweile gar auch ein müdes Abfinden mit den Gegebenheit ist, eine gewisse Lethargie ist zwischen den Zeilen zu spüren. „I am tired, tired, over again/ Tired, over again“ heißt es etwa am Ende des entschleunigten Sundown Town, das gospelige Texturen fragmentarisch formoffen in den Texturen erahnbar macht, und exemplarisch für die ebenso minimalistisch und aufgeräumt auftretende, wie tatsächlich detaillierte Produktion steht. Sie ermöglicht der Tour durch die Gangster-Nachbarschaft ihren besonders entspannten Flow.
Vince Staples fühlt sich aufgrund seiner geringen Masse (und obwohl diesmal mit dem hinter einem somnambulen Vintage-Sample-Schleier aufgekratzten The Apple & the Tree sowie der retrofuturistisch vom Soul gestreiften Radioshow Lakewood Mall „nur“ zwei Interludes ins Gefüge gespeist wurden) gewissermaßen aber auch bloß wie der Epilog zu den bisherigen Episoden der Diskografie an.
Durch die Kompaktheit (und vor allem durch eine mit Fortdauer ein klein wenig an Zugriff verlierenden Aktionsweise und Gleichförmigkeit) wirkt der verdammt kurzweilige Reigen weniger wie ein ergiebiges Album, als vielmehr wie eine Appendix-EP, deren Tiefenwirkung in direkter Relation zu kurz greift – als würde sich Staples immer mit Snippet-Fingerübungen begnügen, anstatt sich zu verausgaben.
Im Umkehrschluss ist Vince Staples ohne tatsächlichen Ausfall allerdings auch aus einem Guß geraten und holt barrierefrei ab und ist ungemein geschmeidig und angenehm zu hören.
Are You With That? gibt sich mit Subbässen wummernd und Trap-Snare rasselnd relaxt, Law of Averages ist mit seinen gepitchten Hooks im reduzierten Mosaikstil ein kleiner Ohrwurm mit Bon Iver-Assoziation. The Shining spannt verträumt ein halluzinogenes Backdrop und Taking Trips ist ein Trip durch den Club, paradoxerweise pushend und beruhigend. In Take Me Home wird der sommerlicher Vibe durch die gezupfte Gitarre und Fousheé als Feature-Gast intensiviert, während der Untergrund etwas subversiv bedrohlich köchelndes hat, bevor spätestens der sinistre Standard Mhm mit Zeilen wie „‚Fore corona, I was at Ramona with a mask (Free B. Skrap)/ ‚Fore corona, knew the streets was over, washed my hands (Dead homies)“ zumindest ansatzweise klären will, was Staples meint, wenn er sagt: „I feel like I’ve been trying to tell the same story. As you go on in life, your point of view changes. This is another take on myself that I might not have had before.„
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