Vile Creature – Glory, Glory! Apathy Took Helm!

von am 25. Juni 2020 in Album

Vile Creature – Glory, Glory! Apathy Took Helm!

Seit ihrem soliden Debüt A Steady Descent Into the Soil vor fünf Jahren haben Vile Creature immer markanter werdende Spuren im Koordinatensystem des Doom- und Sludge hinterlassen – mit Glory, Glory! Apathy Took Helm! nun mehr denn je.

Das Duo aus Hamilton in Kanada hat sein Händchen für herausragende Färbungen ihrer Metal-Melange mittlerweile eben explizit wie nie herausgearbeitet. Was so natürlich am deutlichsten im abschließenden Doppel aus Glory! Glory! und Apathy Took Helm! – es bleibt übrigens offen, warum das Quasi-Titelstück hier in der Trackliste aufgesplittet wurde, obwohl das Gespann doch so eindeutig ein aufeinander aufbauender Leviathan ist: Wo Glory! Glory! als sakraler Chor mit gleißendem Ambiente den Plattenverlauf durchlüftet und -leuchtet, spinnt das absolut überragende Apathy Took Helm! diese Fäden weiter, indem das Duo die installierte hymnische Erhabenheit hier immer wieder wie Stoßgebete im zurückgekehrten Doom-Morast in den Himmel schickt und damit einen berauschenden Kontrast erzeugt. Dass der erste Part des Zweiteilers so alle Zeit der Welt bekommt, während das Ende des zweiten zu überhastet inszeniert wird, ist dagegen ein verschmerzbarer Schönheitsfehler.

Ärgerlicher – oder nein, eigentlich eher: trauriger, denn man gibt sich viel mehr so ergiebig den Stärken der Platte absolut befriedigt hin, als von den wenigen Mankos frustriert zu werden – sind da aufgrund dieser phasenweisen Brillanz auch die Segmente, in denen Vile Creature nicht derart demonstrativ an der Speerspitze der Szene agieren, sondern nur (über)durchschnittlich abliefern.
Harbinger of Nothing etwa repetiert sein Standard-Riff monoton (kann man das einer solchen Platte vorwerfen? In diesem Fall: ja!) wie auf Autopilot aus dem routinierten Genre-Baukasten, zeigt aber ab dem letzten Drittel, was in der Nummer steckt, wenn die Atmosphäre sich geduldig dem plättenden Klimax entgegen sehnt, und Vile Creature sich als begnadete Melancholiker entpuppen.

Dann wieder ist immanent, dass Kollegen wie Thou oder Primitive Men derartige Malträtierungen einfach doch noch besser beherrschen, indem sie einfach malmender, dreckiger, ekelhafter, böser und massiver klingen als Glory, Glory! Apathy Took Helm! (die Duo-Besetzung zwingt eben auch Limitierungen auf), in Summe auch das nachhaltigere Songwriting erzeugen.
When the Path Is Unclear baut sich schön kontemplativ immer garstiger und tiefenwirksamer auf, versandet aber ohne Katharsis, und You Who Has Never Slept treibt die Dynamik schön knackig an, bleibt aber eher ästhetisch anstatt anhand konkret-originärer Ideen hängen.
Der Vorwurf, den sich Vile Creature also gefallen lassen müssen, ist ein eigentlich schmeichelhafter: Die triumphalsten Augenblicke der Platte gehören zum stärksten, was die Sludge-Spielwiese in diesem Jahr zu bieten hatte, doch überschattet dies den souveränen Rest der kurzweiligen 44 Minuten nur umso müheloser – weswegen der Eindruck bleibt, als würde das Duo sein Potential und Gewicht noch immer nicht restlos auf den Boden bekommen. Da wäre einfach noch soviel mehr, soviel zwingendere Konsequenz drinnen. Bei kaum einer anderen Band dieser Verortung macht es jedoch so verdammt viel Freude, dem andauernden Optimierungs- und Wachstumsprozess dorthin beizuwohnen.

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