Vile Creature – A Steady Descent Into the Soil

von am 17. April 2015 in Album

Vile Creature – A Steady Descent Into the Soil

Vile Creature aus St. Catharines, Ontario haben kein Problem damit, sich ihre Agenda fett auf die Fahnen zu schreiben: mit seinem „anti-oppressive, vegan and queer doom metal“ fällt ‚A Steady Descent Into the Soil‚ inhaltlich aus dem gängigen Szene-Raster, liefert dahinter aber vor allem vorzügliche Genreware.

Anstatt sich thematisch auf ausgetretenen Pfaden die Kehlen wund zu schreien, marschiert das tierliebe Duo aus Kanada lieber ausdrücklich auf die konservativen Fronten bornierter Gender-Diskussionen los, trifft damit sicher auch einen Nerv der Zeit, letztendlich zündet ‚A Steady Descent Into Soil‚ aber vor allem als emotionale Katharsis, die Thamatisierung der eigenen identität und die Reaktion des sozialen Umfelds darauf: „There is/no place for me/Amongst the hordes of hate and hurt/…/Take my organs/Take my blood flow/Strip the flesh/From my brittle broken bones„. Im Krankenhaus aufzuwachen, nachdem man für die sexuelle Orientierung halb tot geprügelt wurde, da sind die Erfahrungen, die das Debütalbum von Vile Creature speisen und antreiben. Die Gangart in den Texten bleibt allerdings vage genug um darüber hinaus Interpretationsspielraum zu lassen: „My body/Won’t succum/ To pressure/ To conform/…/Never feel/Safe again/You have failed/At everything„.

Eine Geißelung, die im zurückgenommenen, sphärisch in die Dunkelheit starrenden Gitarrenstück ‚II: Motivated by Guilt‚ seine bedrohliche Anklageschrift ausrollt: „I will find you, broken and blistered/I will nurse you, fickle and feeble mind/ I will run you through if you are not receptive to change/There are no valleys nor mountains carved large enough/To hide your ignorance.“ Die Atmosphäre strahlt auf verstörende Weise einladend, auch wenn sich die Stimmung immer dichter hämmernd verfinstert, tatsächlich liegt eine gewisse Schönheit und keine Bösartigkeit in diesen Abgründen, zumal am Ende ohnedies alles vergänglich ist: „Consumes our bodies/I’ve always known/I was born to/Become one with the soil„. Deswegen funktioniert ‚A Steady Descent Into the Soil‚ auch ohne spezielles Hintergrundwissen über die Triebfedern von Vic und KW auf universeller Ebene, reihen sich Vile Creature doch neben Keeper – deren spätestens auf ‚The Space Between Your Teeth‚ zur Schau gestellte früh formvollendete Brillanz ‚A Steady Descent Into the Soil‚ zwar nicht erreicht, aber sei’s drum! – in die Riege der vielversprechenden, jungen Garde der instrumental minimalistisch bestückten, aber umso massiver mit ihrem kraftvollen Sound umgehenden Schlagzeug/Gitarre-Doomfraktionen ein.

I: A Constant Yearning to Leave‚ lässt die Drums also lauernd schleifen und unter der ausbrechenden Gitarre kreisen, Tempo und Ausrichtung der Riffs und Rhythmen varieieren permanent, bis man unter der drückenden Intensität schließlich zueinander findet. Nach knapp 6 minuten kippt der Song in ein erruptives Auskotzen, KW keift sich angenehm von Genrestandards abgesetzt zum Screamo hin, Rückkoppelungen stechen in den Ohren, bis sich das Geschehen plötzlich in einen klar schimmernden Ambientgitarrenpart transzentiert und mit mehr Volumen in den feisten Anschlägen zum ausgespieenen Hassbatzen schleppt. Sludge und Black Metal sind gefühlsmäßig nicht weit entfernt von dieser hypnotisiernden, sich stets neu umschichtenden Doom-Heavyness, die Adam Tuckers Mix – der 2014 mit Thou’s ‚Heathen‚ ein Referenzwerk miterschaffen hat – mit seinem bohrenden Mix variabel, brutal und gnadenlos hält.  ‚II: Motivated by Guilt‚ ist da das nötige Atemholen, bis Vile Creature eben wieder Gift und Galle spucken, bevor sich ‚III: A Steady Descent Into the Soil‚ klanglich aus dem rohen, scharfkantigen Dreck über immer weiter ausholende Postrock-Landschaften in einem mehrstimmigen, unangenhem weihevollen Chor von Kelsey Cheslock & Alyssa MacLennan auflösen und an den feenhaften Hass von Myrkur denken lassen.

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