Viagra Boys – Street Worms (Deluxe Edition)
Street Worms Revisited: Nur fünf Monate nach dem ursprünglichen Release wird das Debütalbum der Stockholmer Senkrechtstarter Viagra Boys mit ebenso vielen zusätzlichen Songs als Deluxe Version neu aufgelegt. Das ist für Fans leider der Rede wert.
Warum sich Street Worms bereits in seiner ursprünglichen Variante mit 9 Songs und 37 Minuten lohnt (und gerade mit ein bisschen Abstand trotz einer etwas unausgegorenen Gewichtung bisher auch souverän gealtert ist), lässt sich weiterhin hier nachlesen. Bevor dieses ergänzende Review nun erweitert, weswegen auch die mittlerweile nachgereichte Deluxe Variante für Fans des nihilistisch treibenden Assi-Post Punk essentiell ist, sei aber vorab dezidiert gesagt: Auch, wenn Street Worms im Speziellen bisher zumindest auf CD ohnedies noch gar nicht erschienen war, sind Veröffentlichungen wie diese im Allgemeinen wohl mit daran Schuld, dass keine Sau mehr physische Tonträger kauft. Die seit spätestens den frühen 2000ern gängige Praxis, Alben gut ein Jahr nach der Geburt bereits etwaige Tour– oder sonstige Special Editions mit einer Handvoll zusätzlicher Songs nachzuschieben, ist jedenfalls ein opportunistischer Faustschlag ins Gesicht jedes ohnedies zahlungswilligen Fans – Vinylsammler der Viagra Boys können sich die Platte nun ja nochmal holen, diesmal in weiß, und die neu hinzugefügten Songs per Downloadcode abgreifen. Naja.
Was paradoxerweise im Falle der Deluxe Version von Street Worms beinahe noch ärgerlicher ist: Die nun nachgereichten Nummern – vier B-Seiten sowie ein bisher unveröffentlichtes Exemplar – sind keineswegs Ausschussware, sondern hätten das ursprünglichen Album im Idealfall sogar aufwerten können, indem sie die Bandbreite und Dynamik weiter auffächern, ohne die Qualität zu verwässern.
Also die relative Verschwendung von Potential im Detail betrachtet. Jungle Man ist eine stacksender The Fall-Lauer, die das übliche Tempo der Viagra Boys mit polternder Perkussion und schabendem Bass rausnimmt, um im Refrain erst die breitbeinig riffende Geste andeutet, nur um dann doch lieber die jazzige Psychose zu zelebrieren. Bejing Taxi unterstreicht seinen Titel erst in den letzten Sekunden, streichelt aber bereits davor mit weichen Arrangements über motorischen Rhythmus. Sebastian Murphy singt wieder verführerischer in Richtung kontemplativ vibrierender Birthday Party mit einem mächtigen Schuss Modest Mouse, als dass er manisch skandiert – wie gut dieser Band diese melodische, zurückgelehntere Ausrichtung doch immer wieder steht!
Aufs Gaspedal tritt dagegen Up All Night als zügig in der Garage tanzendes Kleinod, dass die Verbindung von Co-Produzent Pelle Gunnerfeldt zu den Hives verdeutlicht und trotz einer typischen Entwicklungsresistenz damit ohnedies ideal auf Street Worms gepasst hätte.
Viagra Boys können einfach, was sie tun, müssen aber aufpassen, sich nicht im bekannten MO zu erschöpfen. Special Helmet begnügt sich nämlich damit, Malen nach Zahlen am monotonen Dancefloor zu sein, was dank der Noise-Tendenzen grundlegend auch nicht per se falsch ist. Und der neue Song I Ain’t Living Long Like This beweist zwar, dass die Band keine Eintagsfliege sein wird, auch wenn sich die tighte Rhythmusgrupoe irgendwann mal ein paar neue Trivks einfallen lassen wird müssen: Ein weiterer munter zum Rock‘n‘Roll und gurgelnder Trademarksong, sehr nett.
Wo sich die Frage nach der Form und allgemeinen Existenzberechtigung dieser Deluxe Edition also zumindest diskutieren lassen muss, kann durch die nachgereichten zusätzlichen 18 Minuten im Verbund mit dem Gros des Originalmaterial wahl- und ironischerweise natürlich ohne physische Beschränkungen jene Version von Street Worms zusammengestellt werden, die es mit mehr tragfähiger Nachhaltigkeit vielleicht sogar in die Zusammenstellung unserer Jahreshighlights 2018 geschafft hätte.
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