Veronica Falls – Waiting for Something to Happen
Die Erinnerung ist noch nicht verblasst: für den romantisiert-melancholisch gemeinten, aber irgendwo doch beschwingt und leichtfüßig inszenierten Twee-Pop auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum fand das Quartett aus London vor eineinhalb Jahren selbst auf dem trostlosen Friedhof sehnsüchtige Liebe.
Unter diesen Vorzeichen ist das erste Album natürlich auch Messlatte und das schwierige zweite dementsprechender Prüfstein. Veronika Falls lassen die Sache dennoch entspannt anlaufen, niemand muß sich einen Jota vom Erfolgsrezept des Debüts entfernen, wenn aller ‚Misery‚ und Heartache der schwarz/weißen Twee Pop-Teenage-Welt bisher immer auch gleichbedeutend mit Hit und Ohrwurm war. ‚Waiting for Something to Happen‚ forciert diese Bedingung nun nicht mehr derart eklatant wie sein Vorgänger, sondern lässt sie eher wie zufällig geschehen, schmiegt sich unaufgeregt an den Gegebenheiten an: Veronika Falls schreiben immer noch eingängige Melodiefäden die vor Herzschmerz vibrieren, inszenieren diese weitestgehend flott ohne deswegen schweißtreibenden Rock zu Rate ziehen zu müssen – haben aber das Gesamtbild aber deutlich abgeschliffen und den Sound abgerundet. Das Schlagzeug etwa darf im Aushängeschild ‚Teenage‚ oder ‚Broken Toy‚ immer noch energisch nach vorne stampfen, es tut dies aber nicht mehr außerhalb des restlichen schrammelnden Instrumentariums sondern mitten drinnen – Veronica Falls haben ihren Klangraum viel deutlicher zu einer warmen Einheit verschmolzen.
Im direkten Vergleich wurde das Songwriting der Band zusätzlich um einige PS ausgebremst, ‚Waiting for Something to Happen‚ hat es so, nun ja, „eilig“ wie ‚Veronika Falls‚, zumindest kokettiert es damit, deutlich mehr Zeit zur Verfügung zu haben und ist somit ein beinahe gemütliches Album geworden, ein heimelig unaufgeregtes sogar über weite Strecken. Beschwingte und grundsympathische Indie-Singalongs wie der Titelsong fallen in ihrer vorangeschobenen Düster-Fröhlichkeit marginal aus dem Rahmen, freilich nicht in der wehmütigen Atmosphäre, wohl aber in ihrer annähernd aufbruchsreifen Ausrichtung. Kann aber auch daran liegen, dass hinter dem von Sängerin Roxanne Clifford angeführten, lieblichen Wechselgesang soviel Traurigkeit gute Miene zum Bösen Spiel der Liebschaften unter Menschen macht. Das anmutig nach vorne schunkelnde ‚If You Still Want Me‚ stellt sich so nicht alleine die Frage: „If you could have me/ Would you still want me?„.
Die eindeutige Antwort darauf finden die Engänder auch im zweiten Anlauf nicht in den gleichzeitig so entrückt wirken wollenden wie eigentlich schnörkellos aus der Zeit gefallenen Songs und schwelgen deswegen lieber abermals Hals über Kopf im potentiellen Desaster. Dem Erstling haben Veronica Falls in dieser Gangart kaum das Gewicht einer lächelnde Träne an neuen Erkenntnissen hinzuzufügen und warum ‚Everybody ’s Changing‚ im einen Moment noch bezaubernd schön, ‚Buried Alive‚ im nächsten aber geradezu sterbenslangweilig sein kann, ist ohnedies ein bittersüßes Geheimnis der Band, hat aber eventuell damit zu tun, dass ‚Waiting for Something to Happen‚ förmlich dazu verleiten will, die Augen genüsslich zum Wachträumen zu schließen – die Gefahr schlicht wegzudösen aber nie weit entfernt lauert.
Das nostalgische Dacapo klingt in all seinem traurigen Popweltschmerz jedenfalls nicht selten wie der Versuch, dem formidablen Genrewerk ‚Veronika Falls‚ eine ausgewogenere Platte entgegenzustellen, die gemeinhin als substantieller oder tiefgebender aufgefasst werden muss. Tatsächlich fühlt sich ‚Waiting for Something to Happen‚ auch an wie das Hinunterkommen nach dem Rausch, in den einen das Debütalbum bei passender Stimmung versetzen konnte, was grundsätzlich eine feine Sache ist. Dafür klingen Veronica Falls aber auch weitaus beliebiger und unverbindlicher als auf dem Albumeinstand; der Überraschungseffekt ist eben dahin, im dritten Anlauf werden Veronica Falls neue Impulse brauchen, um sich nicht unter Wert zu verkaufen.
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