Venom Prison – Samsara

von am 12. April 2019 in Reviews

Venom Prison – Samsara

Der leidvolle Kreislauf des Lebens verdichtet sich in Südwales: Venom Prison lösen mit Samsara im Grunde nahezu alle Versprechen ein, die das bereits so potente Debüt Animus 2016 gab.

Daher die Band rund um die ehemalige Wolf Down-Shouterin Larissa Stupar im zweiten Durchgang ihr Amalgam aus Hard- und Grindcore infizierten Death Metal in nahezu jeder Hinsicht besser hinbekommt, als das noch vor drei Jahren gelang, sollen eingangs die wenigen Punkte abgehakt werden, an denen Venom Prison es nicht ganz schaffen, ihr schon so tollwütig randalierendes Amalgam zu toppen.
Der neue Drummer Jay Pipprell kann etwa nicht vollends mit seinem Vorgänger Joe Sheehy mithalten, hat aus dem Black Metal kommend eher den Hang zum tackernden Blastbeat, als zum einfallsreich variablen Spiel. Gerade im Verbund mit der Produktion von Tom Dring und dem Mix/Mastering von Arthur Rizk (die gemeinsame Tour mit Power Trip hat also alleine auf dieser Ebene Spuren hinterlassen!), die das Schlagzeug doch ein wenig zu steril und unorganisch klingen lässt, kann die rhythmische Ebene der Platte über 42 Minuten Spielzeit dann trotz aller Furiosität und Energie ein wenig zu gleichförmig und nicht vielschichtig genug klingen, nahezu eindimensional. Auch ein Grund, weswegen die kompaktere Spielzeit von Animus den Charakter von Venom Prison weniger auslaugend auf den Punkt brachte.

Im Umkehrschluss resultiert dies aber auch daher, weil das Quintett aus Großbritannien merklich selbstsicherer und ambitionierter als bisher agiert, so viel in seinen Songs passieren lässt, praktisch atemlos von einer nackenbrechenden Szene zum nächsten schwindelerregenden Highlight hetzt.
Gleich Matriphagy klingt gleich, als würden Nails und Slayer über die Vorzüge des Deathcore ringen um sich zumindest auf epische Soli einigen zu können, Megillus & Leana hakt mit irren Tempiwechsel auf der Überholspur vorbei, als gälte es Pig Distroyer zu beerben – wieviel mehr Raum Venom Prison dabei aber euphorischen Melodien gönnen, ist schon hier beachtlich. Uterine Industrialisation überwältigt erst mit seinem immensen Groove, ballert dann aber doch lieber auf Speed und schickt eine Gitarrenachterbahnfahrt hinterher, nur um sich letztendlich vor Pantera zu verneigen.

Vielleicht ist es auch die so organische Assimilation an sich Genre-„fremder“ Einflüsse in den Sound, der das offene Samsara zu solch einem bestialisch einnehmenden Leidenskreislauf macht, in Asura’s Realm fast schon transzendental zurückschaltet und erst später zu massiven Breakdowns galoppierend hyperventiliert. Sadistic Rituals flicht disharmonische Elemente in seine hämmernden Texturen und das Aushängeschild Dukkha eröffnet mit suizidalem Sample und Naraka peitscht unermüdlich nach vorne: Samsara hält den Druck bis hinten raus stand. Außerdem ist es immer ein gutes Zeichen, wenn die Favoritenrolle auf einer Platte praktisch mit jedem Durchgang wechselt – obgleich der eine oder andere ikonsch aus dem kohärenten Ganzen herausragende Moment, die zumindest eine wirklich originär-geniale Szene im schlüssigen Gesamt(kunst)werk Samsara abgeht.

Auch so ist das Zweitwerk der Band ein enormer Schritt: dynamisch und unberechenbar, extrem dicht und brachial, aggressiv und angepisst – ohne dabei abzustumpfen, seinen Hunger zu verlieren, oder die Atmosphäre zu vergessen.
Deswegen kommt man im Allgemeinen wie Speziellen kaum aus dem Schwärmen heraus, alleine der technische Aspekt dieser intuitiv wirkenden Brutalität ist beachtlich. Sängerin Stupar ist als Brüllwürfel zum Niederknien vielseitiger gewachsen, growlt und keift und bellt und faucht, kotzt ihre politischen und feministische Texte variabler aus, während die Gitarrenfraktion einen Veitstanz zum Husarenritt steigert, geniedelt und heult und bratzt, dass die Funken fliegen und Dimebag Darrell das wohl anerkennend abnickt. Überhaupt: Wer mit einem zwischen Carcass, Cannibal Corpse, Cattle Decapitation oder The Red Chord wütenden Karussell auch nur im entferntesten etwas anfangen kann, kommt um Samsara kaum herum. Die fiebrigen Eklektiker Venom Prison haben ihrem Sound das Fünkchen manisch getriebener Unbedingtheit eingeimpft, einen großen Teil des gewissen Etwas, das Animus noch fehlte. Die Speerspitze kommt in Greifweite.

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