Ved Buens Ende – Those Who Caress The Pale
Eine exzellente Gelegenheit, um wieder einmal auf die unvergleichliche Brillanz von Ved Buens Ende hinzuweisen: Soulseller Records legt die Demo Those Who Caress the Pale neu auf.
Erstmals 1994 von Ancient Lore Creations auf Kassette veröffentlicht ist der bis vor kurzem jüngste Repress von Those Who Caress the Pale – aus dem Jahr 2015 von Kyrck Productions – nur bedingt zu vernünftigen Preisen verfügbar, weswegen die neuen (inzwischen eh auch schon längst wieder vergriffenen) Pressungen eine feine Sache sind.
Zumal es diesmal auch drei weitere Bonussongs gibt – die aber, bei aller Liebe zumindest nicht in Summe den elementaren Grund darstellen, sich die Demo abzuschaffen: You That May Wither (Rehearsal 1994) fokussiert auf die ideale instrumentale Artikulation und in Den Såkaldte (Live 1995) hört man das Publikum stellenweise lauter und sicher penetranter, als die dahinter spielende Band, weswegen die beiden Stücke nette chronistische Zeugnisse sind, aber in keiner Weise essentiell.
Ganz anders das brillante Strange Calm, ein bisher verlorenes Kleinod, offenbar von Carl-Michael Eide im Alleingang auf einem Vierspur-Gerät aufgenommen. Der Sound ist superdünner Lofi, die brutzelnde Metal-Ästhetik löst sich am Post Hardcore auf, der klerikal neben der Spur liegende Gesang kommt aus einer abgründigen Kathedrale. Ruhig und beschwörend ausgelegt bekommen die Drums und die Hummel-Gitarren irgendwann den Rappel, doch Eide lässt sich nicht hetzen und am Ende frickelt eine abstruser Wahnsinn irgendwo zwischen Blackgaze und Freejazz und kruder Undefinierbarkeit. Herrlich – selbst in dieser Anti-Produktion.
Strange Calm ist jedenfalls eine absolute Bereicherung für Those Who Caress the Pale – seines Zeichens bekanntlich das dezidiert nächstbeste Tondokument, dass die an Tondokumenten nicht gerade reiche Diskografie des norwegischen Trios Vicotnik (Gitarre und Vocals; ansonsten unter anderem auch bei Dødheimsgard, Code, Manes oder Naer Mataron aktiv), Bassist Skoll (siehe auch: Arcturus, Fimbulwinter, Ulver) sowie Drummer Carl-Michael Eide (Dødheimsgard, Aura Noir, Cadaver Inc, Infernö, Virus, Satyricon, Ulver) neben dem ikonischen einzigen Album zu bieten hat.
Drei Songs dieser EP haben es letztendlich auch auf besagtes Written in Waters geschafft, wenn auch freilich in adaptierter Form: das Titelstück Those Who Caress the Pale (hier noch ein bisschen all over the place wandernd, was Sound und Komposition gleichermaßen angeht), The Carrier of Wounds (kurbelt manisch mit seinem punmeligen Bass und der jazzige hibbeligen Repetition) und You That May Wither (eine kasteiende Beinahe-Goth-Beschwörung wird in die Stil-Melange addiert, auch mehr Melancholie und Theatralik) klingen hier allesamt roher und alleine gesangtechnisch harscher, als die Studioversionen. Auch dass die Songs hier noch zum zu abrupten Fade-Out im Lo-Fi-Gewand tendieren, ist exemplarisch für die EP – und ein seltener negativer Aspekt an der Veröffentlichung.
Unorthodox und bizarr hätten sich auch die beiden restlichen Nummern absolut einen Platz im Rampenlicht verdient gehabt.
A Mask in the Mirror schleudert wild ein rockiges Riff in den dreckig scheppernden Sound, kippt bald in einen halluzinogenen Strudel aus psychedelischen Tendenzen, verwaschenen Blastbeats und surreal rezitierender Stimme: Ein progressiver Avantgarde-Black Metal-Hybrid an der Thrash-Grenze zu Voivod. Im starken The Plunderer speien Ved Buens Ende fokussierter in einen Rausch, der difussen Schwermut im Delirium pflegt und dann wieder eine ungeschönte Katharsis windet. Insects, Pt. I toppt den Irrsinn als absurder Bienen-Ambient-Field Recording-Fiebertraum mit hirnwürigen Geschrei aus der rituellen Klapsmühle, der determiniert, dass diese Band nicht für jedermann ist.
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