Various Artists – Songs for Australia

von am 19. März 2020 in Compilation

Various Artists – Songs for Australia

Julia Stone versammelt auf der Charity-Compilation Songs for Australia eine illustre Riege an befreundeten Bands, um Hilfsgelder für die vor einigen Monaten tobenden, verheerenden Buschfeuer am fünften Kontinent zu sammeln.

Eine Katastrophe, die während der Corona-Pandemie gefühlte Ewigkeiten zurückzuliegen scheint. Und wo Songs for Australia – digital bereits jetzt veröffentlicht, physisch erst im Juni erscheinend – den globalen Ereignissen in gewisser Weise hinterherhinkend einen denkbar schlechten Zeitpunkt für den Releasetermin getroffen hat, ändert das an sich weder etwas an der wichtigen Agenda der Compilation – noch an der musikalischen Qualität der Songsammlung, für die sich namhafte Indie-Bands aus aller Welt Kompositionen aus Down Under vorgenommen haben. Im chronologischen Durchgang sind dies….

The National – Never Tear us Apart (INXS)

The National adaptieren das schwelgend-schimmernde Original, indem sie den sanft angehauchten, niemals kompromisslos ausgelebten Elektronik-Vorlieben von Sleep Well Beast und I am Easy to Find einmal mehr entgegenkommen. Berninger doppelt den Gesang, Devendorf lässt die Drumbeats sanft polternd unter fanfarenartige Synthies schwimmen, später gibt es sogar ein Gitarrensolo, dass das weihevoll wiegende Finale einleitet. Absolut solide, aber die Extase fehlt – obgleich der Einstieg freilich schwer unter der Erwartungshaltung ächzt, die ein solch ikonischer Song einer makellosen Band abverlangt.

Laura Mvula – Reckless (Australian Crawl)

Minimalistisch auf Bass und Stimme zurückgenommen (und sogar das (Don’t Be So…) im Titel aussparend) schweben erst spät 80er- Synthies über das Geschehen. Die Melodie träumt erhebend aufblühend zum entschleunigten Beat, gerade der Refrain ist Mvula schön und rücksichtsvoll gelungen – auch wenn das Stück in Summe ein bisschen zu lang geraten ist.

Dope Lemon – Streets of Your Town (The Go-Betweens)

Angus Stone lässt die Nummer klingen, als hätte sich Amen Dunes von einem Kinderchor zu einer lockeren Gitarrenpopnummer am Strand begleiten lassen – ein Highlight.

Damien Rice – Chandelier (Sia)

Die irische Zauberstimme macht aus dem Popspektakel eine wundervoll sanfte, fragile Pianonummer, die Gänsehaut bereitet, absolut ergreifend ist – nicht erst, wenn die Bläser dezent aufgehen. My Favourite Faded Fantasy ist wirklich schon wieder viel zu lange her.

Joan as Police Woman – Hearts a Mess (Gotye)

Coversongs beherrscht die wunderbare Joan Wasser wie wenige andere. Hier zaubert sie minimalistisch pulsierenden Synthpop, der über eigenwillig Vintage-Samples und diese verführerische Stimme Charisma versprüht – karge Indietronic, das (okaye) Original mühelos übertreffend.

Kurt Vile – Stranger Than Kindness (Nick Cave & The Bad Seeds)

Slacker Vile übersetzt das Stück ohne Backingband in seinen sedativen Trademarksound, leicht schief neben der Spur eiernd. Da gibt es insofern viel zu lieben und wenig zu bemängeln.

Sam Amidon – Let Me Down Easy (Gang of Youths)

Die wahrscheinlich radikalste Neufassung der Compilation als rasant eingesprochene Version. Zur eilig und atemlosen Spoken Word-Hatz gesellt sich zwar später ein bisschen ambientes Banjo(?)-Geplänkel, doch durch das überlappend-vervielfachende der rezitierenden Vocals entsteht ein Rausch jenseits des klassisches Verständnisses von Musik. Das ist so experimentell und unkonventionell wie reizvoll. Auch wenn man das Stück zukünftig vielleicht primär für seinen Mut oder als Vorführtauglichkeit in Sachen kreativer Adaption nutzen wird.

Dermot Kennedy – Resolution (Matt Corby)

Ein so schwülstig wie kontrollierte inbrünstiges Stück Folk, das dort ansetzt, wo Mumford & Sons den Pathos von Snow Patrol missinterpretiert haben. Wenigstens bleibt die Inszenierung intim und kippt nicht vom kitschig-galligen Lagerfeuer ins Stadion.

Paul Kelly – Native Born (Archie Roach)

Gefälliger Indie-Poprock, der seinen betrübenden Inhalt mit Lächeln im Gesicht vorträgt, wahlweise so munter und angenehm luftig wie nett und austauschbar nach dem Genre-Einmaleins gebaut ist. Vom Aborigines-Herz bleibt gefühlt allerdings wenig über.

Martha Wainwright – The Ship Song (Nick Cave & The Bad Seeds)

Manchmal braucht es eben nicht viel, wenn eine zeitlose Klasse am Werk ist: Eine wirklich schöne Version, die von Stimme und Gitarre getragen langsam orchestral wächst, ohne Wagemut viel Anmut und Haltung zeigt.

Petit Biscuit – Chateau (Angus & Julia Stone)

Harmloser, latent tanzbarer Pop ohne Ecken und Kanten. Das bringt Fans der Band in den potentiellen Kreis an Unterstützern, hat aber aus kreativer Sicht kaum essentiellen Mehrwert.

Dan Sultan – Into My Arms (Nick Cave & The Bad Seeds)

Und schon wieder Nick Cave. Diesmal in einer ein bisschen zu bemüht soulig genölten Verneigung, die aus einer Ballade eine Ballade macht. Was aber sehr solide in Ordnung geht und gerade im Kontext der bedrückenden Grundstimmung spätestens dann funktioniert, wenn ätherische Chöre angedeutet werden.

Pomme – Big Jet Plane (Angus & Julia Stone)

Eine sparsam inszenierte, rundum niedliche Annäherung, die eingewilligt und charismatisch wie eine niemals konkret werdende Erinnerung an einen Ohrwurm mit märchenhaftem Finale aufzeigt.

Julia Stone – Beds Are Burning (Midnight Oil)

Als Epizentrum der Platte versteht man, weswegen sich so viele Menschen von dieser Version angezogen fühlen, die im Kontrast zum Original als ergreifende, einsame Version am Piano (abseits der eingestreuten mahnenden Phrasen) vielleicht kein sonderlich inspiriertes Ummünzen darstellt, den Fokus auf den melodramatische Kern der Nummer aber ohne übertriebene Geste schärft, das Gewicht der Texte enorm atmosphärisch herausarbeitet. Ein weniger abruptes Ende wäre das Tüpfelchen gewesen.

Party Face – Down Under (Man At Work)

Eine Zeitlupe auf den Hit mit abgedämpfter Akustikgitarre und bedächtig geflüsterten Gesang, der später Nuancen von freejazzigen Texturen andeutet, eine Kinderstimme und sogar apokalyptische Bläser einsetzt, diese aber wie in weiter Ferne passierend gespenstisch unnahbar inszeniert, wie so vieles hier gerade durch die neu forcierte Stille besonders eindringlich und aufrüttelnd nachhallt und in seiner frontalen Traurigkeit wenig subtil so bestechend dezent herausragt.

Gerade nach diesen beide anschließenden Nummern bleibt natürlich zu attestieren, dass der beinahe typisierte MO der Compilation und die oft praktizierte Herangehensweise an die Originale selten aufregend gerät, durch die vorhersehbare Entschleunigung und melancholische Aufarbeitung allerdings auch eine relativ kohärente Grundstimmung entsteht. Dass man sich nur in Ausnahmefällen an die Interpretationen erinnern können wird ist dann ebenso nebensächlich wie die Tatsache, dass eine waghalsigere Auswahl an Ursprungs-Kompositionen – man denke nur an Steilvorlagen von Silverchair oder Wolfmother – interessantes Potential für eine weniger harmlos kuratierte Fortsetzung ließe. Wenn auch hoffentlich nicht aus dem selben Anlass.

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