Utopia – Shame
„What doesn’t kill you make you stronger/ What doesn’t make you stronger kills you“ bleibt die zwischen Cleric und Dilinger verankerte Devise von Utopia, die ihr 2021er Debüt Stalker mit Shame nahtlos fortsetzen.
„The new album continues the band’s themes of mental health and philosophy“ erklärt Bandkopf und Gitarrist John Bailey. „As with the last album it’s a a technical rollercoaster representing the chaos and the complexities of human life. The lyrics are sometimes abstract but deal with confusion, confirmation bias, illogical thinking. It’s not a particularly fun concept but it’s an honest one.“
Wo Shame inhaltlich erklärterweise mit fast konzeptueller Strenge weiter an der existentialistischen Ader des Vorgängers schürft, findet der stilistische Schulterschluss freilich noch offenkundiger statt: Utopia verlöten die Achse aus progressivem Metalcore und Tech Death mit vertrackt-atmosphärisch frickelndem Jazz, basteln in einem unberechenbaren, komplexen, hyper-präzisen Chaos freie Radikale, die als desorientierender Hirnfick mal brutal, mal dämonisch besessen, und immer virtuos schwindelerregend auftretend fauchen, keifen und strukturoffen skandierend brüllen.
Was spätestens beim zweiten Durchgang konzentriert durchdacht und auf ansprechend kaleidoskopartige Weise verkopft zündet, wo beim ersten noch der überfordernde Eindruck von Willkür schwindelig macht.
Ob der exzessive Strom der Schikane Waking Visions oder der Titeltrack-Single deswegen gleich als relativ zu betrachtende Eingängigkeit zu verstehen ist? Keineswegs!
Fakt ist aber, dass Utopia – also neben Bailey noch Chris Reese (Vocals), Bassist Arran McSporran, Jay Walsh (Drums / Producer), Jonathan Hill (Strings) und Thomas Harrison (Synths) – ein Gespür dafür haben, welche balancierenden Facetten ihr Fleischwolf benötigt, um in der Reizüberflutung nicht auf Durchzug schalten lassend zu betäuben.
Der Beginn von Sun Damage schimmert vor der Attacke in den Stress orchestral durchatmend, die Mitte von Withering Away and Laughing pflegt einen Suspense-Score. In Zither schattieren apokalyptische Texturen den Alptraum-Hintergrund und das und das lange ausgebreitete Moving Gently Towards the Grave schöpft sein Cinemascope-Panorama in retrofuturistischem Ambiente ab.
Dass vor explizit einprägsamen Szenen im Songwriting so vor allem die Ästhetik hängen bleibt, passt zur ganzheitlichen Attitüde von Shame.
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