Urban Art Forms Festival [05.-07.07.2012 SFZ, Unterpremstätten]

von am 10. Juli 2012 in Featured, Reviews

Urban Art Forms Festival [05.-07.07.2012 SFZ, Unterpremstätten]

Die mittlerweile 13. Ausgabe des Urban Art Forms Festivals ist nach einem Abstecher 2011 nach Wiesen in der Steiermark gelandet und fand diesmal auf dem Gelände des Schwarzl Freizeit Zentrums in Unterpremstätten statt. Eine Perle angesichts dessen, was dort Konzert- und Eventtechnisch sonst geboten wird und als solche lieferte das drittgrößte österreichische Festival auch dieses Jahr ab.

Kolportierte 50.000 Besucher fanden sich vergangenes Wochenende am „Meer der Grazer“ ein, um sich elektrisieren zu lassen. Das Line-Up verspricht schon im Vorfeld eine Mischung aus Partyacts, Eklektischem und Hartem, auch die feinen Töne fehlen durchaus nicht. Auf insgesamt sechs Stages bemüht man sich, dem Festivalvolk Diversität zu bieten – und es gelingt.

Am Donnerstag geht es entspannt los, die Main Stage befindet sich noch in einer Art Dornröschenschlaf. Nach We Speak Digital im Zendome beweisen Etepetete auf der 2nd Stage in der gut gefüllten Davis Cup Halle jedoch, dass hier mehr geschieht, als schnödes Aufwärmen für die Headliner der folgenden beiden Abende. Vor allem letztere begeistern mit eindringlichen Visuals und finetuning im Set. Auf der D’n’B Stage dürfen sich unter anderem Body&Soul, Ill.Skillz und Subfocus austoben – mangels funktionierender Belüftung entpuppt sich die in der nach ländlicher Mehrzweckhalle müffelnden Steiermarkhalle untergebrachte Stage jedoch eher als Sauna denn als klug gewählte Location – ein Umstand, der auf Dauer nur die wirklich Hartgesottenen nicht nach wenigen Minuten wieder an die frische Nachtluft fliehen lässt.

Freitag, von chillig bis hart: Kalkbrenner bringt runter, Skrillex dreht auf

Nach einigen ausgefallenen Flügen, die den Auftritt von Noisia unmöglich machen, jenen von Oliver Koletzki um Stunden verspäten und von der Main auf die 2nd Stage verlagern und Shockone nach einer Absage überraschend doch auf der Matte stehen lassen, wird aufgrund einer Unwetterwarnung das Gelände am Nachmittag geräumt, die Main Stage gesperrt. Letztlich geben sich die Wettergötter jedoch gnädig und es kann weiter gehen. Nun stehen also die angekündigten Gegensätze auf dem Speiseplan. Turntablerocker stimmen die Crowd auf eine lange Partynacht ein, mit einer Mischung aus Altbekanntem und Neuem, das sich nach ihrer langen Pause durchaus hören lassen kann. Hier erlebt man Michi Beck – sonst quirlig bei den Fantastischen Vier am Werk – schon fast zurückhaltend. Das Nero DJ Set legt ein Schäuferl nach und lässt bereits erahnen, was der Abend auf der Main Stage an hartem, ehrlichem Dubstep zu bieten haben wird.

Ordentlich vorgewärmt empfangen die Massen dann Paul Kalkbrenner. Der Berliner, eigentlich deutsches Techno-Urgestein, befindet sich mit seinem cleanen, reduzierten Tracks auf dem Zenit, zumindest seines Bekanntheitsgrades im Mainstream, und verschanzt sich, zurückhaltend wie sein Set, vor seinem monströsen Logo, aber die Bässe wummern, es wird subtil gemixt und die Menge kocht. Monströs ist das Stichwort zum Finale der Headliner: in der Pause wird eine Mischung aus Sternzerstörer und Enterprise auf die Bühne geschafft – das Silbertablett, auf dem sich Skrillex später präsentieren wird. Mit einem vierminütigen Countdown lässt sich der 24-Jährige aus Los Angeles schon im Vorfeld abfeiern, bevor er schließlich eher erscheint, als die Stage betritt. Man kann das bombastisch finden – ist es auch – eines jedoch ist es nicht: unberechtigt. Von den einen als Wunderkind in hohe Sphären gelobt, von den anderen als Hype gescholten beweist Skrillex, dass sein Brachio-Dubstep allen Unkenrufen zum Trotz gerade live verdammt gut funktioniert. In Erinnerung bleiben vor allem ‚First of the Year‚ und ‚Scary Monsters and Nice Sprites‚, besonderes letzteres zeigt, dass er dann doch auch etwas sanfter kann und bietet einen fast schon eleganten Abgang.

A propos sanfter: das Klima in der Steiermarkhalle hat sich an diesem Abend von subtropisch zumindest auf warmgemäßigt normalisiert, was Noisia durchaus nicht zum Nachteil gereicht. Auf der 2nd Stage legt derweil der zweite Kalkbrenner – Pauls Bruder Fritz – auf und stimmt wieder minimalistischere Töne an.

Feiner Dub, Remmi-Demmi und Düsteres: Chase & Status, Deichkind, Justice

Der dritte und letzte Festivaltag stellt sich nicht nur chronologisch als Höhepunkt des UAF heraus. Auch heute bietet die Main Stage ein gut gewähltes Sortiment. Das Chase & Status DJ Set pumpt munter drauf los – beziehungsweise so munter wie die coolen Londoner eben sind – und bringt auch diesmal einen harten, aber feinen Mix aus DnB und Dubstep aufs Tapet. Knife Party geben sich dagegen fast dumpf und sind – allen packenden Beats zum Trotz eher mit der Dampfwalze unterwegs, was die Crowd jedoch alles andere als stört.

Den meisten geht es jetzt trotzdem darum, sich noch schnell hochpreisige Erfrischung an den Getränkeständen zu verschaffen, bevor mit Deichkind der Partybus abfährt. Die Hamburger machen es indes noch ein wenig spannender: gute 45 Minuten wird an der Bühne gebastelt. Als die ersten Beats des Intros loswummern, gibt es bereits kein Halten mehr und die Könige des Elektropunk-Hip-Hops (oder so ähnlich) halten, was all das Geplänkel verspricht. „Wir ziehen in den Krieg und unsere Waffe ist Musik“ heißt nicht umsonst das Gebot der Stunde und so werden sämtliche der neueren Hitmaschinen der „Typen, die am Deich wohnen“ virtuos durchdekliniert: ‚Bück dich hoch‚ und sein geistiger Bruder ‚Arbeit nervt‚ wummern die Crowd in Rage, das mittlerweile zum geflügelten Wort auch abseits der Fanbase gewordene ‚Leider geil‚ darf natürlich auch nicht fehlen, ebenso wenig wie der alte Klassiker ‚Bon Voyage‚. Zwischendurch reitet die Truppe auf einem gigantischen Fass durch die Menge und feiert die ‚Säufersolidarität‚, was zumindest einem Teil des Festivalvolks aus der Seele spricht. Mit ‚Limit‚ endet die unbestritten unterhaltsamste Show des Festivals mit einem Kracher und hinterlässt nicht nur die Fans benebelt und aufgedreht zugleich.

Justice schaffen es dann aber doch tatsächlich, noch eins drauf zu setzen. Die Franzosen – nicht nur geografisch aus einer ganz anderen Ecke als Deichkind – legen düstere Soundteppiche aus schneidenden Beats über die Menge, die es ihnen frenetisch dankt. Besonders das stampfende ‚Canon‚ heizt ein, ebenso das hellere ‚D.A.N.C.E.‚, virtuos gemixt und variiert. Hinter allem leuchtet eine Wand aus Marshall-Verstärkern eindringlicher als viele Visuals des gesamten Festivals. Kühl und distanziert auf der Bühne, kraftvoll, fordernd, mitunter aber auch erhebend, wie der das überragende ‚We Are Your Friends‚, das sich vor allem live immer noch ziemlich frisch anhört. Doch auch wenn das Urban Art Forms somit seinen Zenit erreicht hat, geht es mit Moonbootica auf der 2nd Stage gebührend in den Ausklang. KoweSix und Tobitob legen vom feinsten auf und auch hier sind die Visuals mehr als nur Untermalung, zumal sich die Hamburger nicht scheuen, auch in die pyrotechnische Trickkiste zu greifen. Joris Voorn fällt es da schon schwerer, das zu toppen, zumal nach zweieinhalb Tagen bei einem Großteil der Besucher ernsthafte Ermüdungserscheinungen einsetzen. Wer noch ein wenig bleibt, kann jedoch trotzdem ein feines Set erleben.

Unterm Strich bleiben die Eindrücke – nebst den üblichen „Kinderkrankheiten“ die Festivals dieses Formats an sich haben und die hier nicht breitgetreten werden müssen – durchwegs positiv. Ein auf den ersten Blick zwar nicht überraschendes, aber durchaus abwechslungsreiches Lineup das beweist, dass auch abseits des Nova Rock-Massengetöses auch auf dem Gebiet der Elektronika Festivalkultur herrscht, die sich sehen und vor allem hören lassen kann und nicht zuletzt eine Location die – trotz ihrer Schwachpunkte – eine zweite Chance mehr als verdient hat. Nächstes Jahr gerne wieder!

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