Uniform – American Standard
In den vier Jahren seit Shame waren Uniform im Studio nicht nur mit der Boris-Kooperation Bright New Disease oder der Neubearbeitung Ghosthouse in the Nightmare City beschäftigt: American Standard beendet die längste Plattenpause der regulären Band-Diskografie mit einem wahren Kraftakt – und endet als definitives Statement.
Personell sind Uniform um das Kernduo Michael Berdan (Vocals, Electronics) und Produzent Ben Greenberg (Guitars, Lap Steel, Keyboards) mittlerweile nicht nur um Rückkehrer Michael Sharp (Drums, Percussion, Keyboards aus), Interpol-Mann Brad Truax (Bass, Synth, Mellotron) und dem hier sein Studio-Debüt gebenden Tour-Schlagzeuger Michael Blume (Drums, Percussion) zum Quintett angewachsen, sie holen sich für die inhaltliche Seite der konzeptuellen Platte auch noch die Body Horror-Lyriker B.R. Yeager und Maggie Siebert als externe Reibungspunkte an Bord, um die Katharsis von Berdan im bulimischen Trauma noch radikaler umzusetzen.
Obwohl der eröffnende Titeltrack so fast einundzwanzig Minuten verschlingt, steht Berdan erst einmal doch alleine seinen eigenen Dämonen gegenüber: „A part of me, but it can’t be me/ Oh God, it can’t/ …/ This meat on my waist/ It hangs off my waist“ skandiert er im Call and Response, straft sich im analytischen Appell als reine Fleischmasse. Irgendwann schiebt seine Band schäbig reibende Industrial-Soundscapes unter diese Selbstkasteiung, platzt in stoischen Noise Rock-Schüben zwischen den Melvins, Swans und Chat Pile auf, in der repetitiven Monotonie des Drone Metal gespielt. Berdan brüllt hinter den würgenden Schüben quälend hervor, und wenn sich nach fünf Minuten die Handbremse zu lösen scheint, schichten Uniform American Standard eigentlich nur um, um den Texturen mehr Raum zu geben.
Das Riff fliest in harten, monotonen, eruptiven Amplituden nur archaisch moduliert, die Vocals greinen giftig wie Rumpelstilzchen, das im angespannten Herzschlag einer besessenen Maschine pocht: Boris werden das lieben, Alexis Marshall wohl auch. Nach 12 Minuten haben Uniform die Repetition genug geschliffen, atmen durch und lockern die Riemen, holen Gang Shouts aus der Deckung. Kurz scheint American Standard auszubluten, doch dann klopft der Monolith doch lieber den Punk zum schimmernden Synth-Cinemascope, wo der Bogen zum Einstieg gespannt nur im eigenen Schmerz triumphieren kann: „Carve it into my flesh/ So that I, so that I finally remember, remember“. Es muß immer dorthin gehen, wo es wehtut.
Damit sind die Extreme von American Standard – dem Album – praktisch ausgelotet. Was für Uniform aber kein Grund ist, sich von nun an versöhnlich zu geben.
This is Not a Prayer ballert eine Schikane hinter der Kampfzone von Future of the Left und Mclusky. Die unbeirrbaren Drums werden auch als Doppel ein verausgabend stringent durchgezogenen Workout auf der Bühne werden, das Drumherum braucht den Mut zur Hässlichkeit. Das Songwriting ist nicht an vielschichtiger Rafinesse interessiert, sondern an der Funktion. Clemency mag insofern zwar zwar aus einem Streicher-Delirium wachsen, setzt als breitbeinige Riff-Karawane unter ätherischem Panorama aber wieder ohne Umwege auf die Lehren von King Buzzo, verbeißt sich hartnäckig und regelrecht ritualistisch in eine spröde Grundidee, bis sich die Musiker als hässliche Klangästhetiker an diesem Wetzstein die Krallen abgerieben beginnen. Weswegen wir es hier mit keinem Konsens-, aber vielleicht mit dem definitiven Werk von Berdan zu tun haben, der seinen limitierten Tunnelblick als fokussierte Stärke umsetzenlässt.
Permanent Embrace darf folgerichtig schon fast als Entgegenkommen verstanden werden, weil es die Katharsis ausnahmsweise durch ein spielzeittechnisch kompaktes Ventil drückt, an dem sich Uniform mit einer latent archaisch wachsenden Goth-Patina austoben.
Angenehm zu hören ist die existentialistische Spirale in den Abgrund auch hier freilich nicht, wenn die Band weniger originell als so verdammt erschöpfend konsequent ihre Daumenschrauben immer enger dreht, bis sich die Dinge am Ende in ein Möbiusband der Wiederholung stürzen, an dessen Ende kein Happy End stehen kann: „Rust or rot together in permanent embrace/ Ashes on the pyre in permanent embrace/ …./ And your eyes, your eyes betrayed your terror/ And you found my love appalling/ And we found complete and total negation“.
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