Underworld & Iggy Pop – Teatime Dub Encounters

von am 6. September 2018 in EP

Underworld & Iggy Pop – Teatime Dub Encounters

Die angedachte Zusammenarbeit von Iggy Pop und Underworld hat es letztendlich nicht geschafft, auf Trainspotting 2 aufzuspringen. Dafür ist sich mit Teatime Dub Encounters gleich eine ganze EP ausgegangen.

Dass Danny Boyle für seinen 2017er Film ausgerechnet den Protopunk-Exzentriker und die englische Elektronik-Großmacht auf einem Track vereinen wollte ist schlüssig. Immerhin waren gerade die Beiträge dieser beiden Parteien stilprägend für den ikonischen [amazon_link id=“B000002U3P“ target=“_blank“ ]Soundtrack[/amazon_link] der [amazon_link id=“B06W9KLSTJ“ target=“_blank“ ]Verfilmung[/amazon_link] des Irvine Welsh-[amazon_link id=“3453676602″ target=“_blank“ ]Romans[/amazon_link].
Aus dem ursprünglichen Vorhaben wurde letztendlich nichts – Pop empfand nicht die Notwendigkeit, sich in [amazon_link id=“B01N14T3OG“ target=“_blank“ ]Shotgun Mouthwash[/amazon_link] zu drängen. Als man ihn während der Tour zu Post Pop Depression jedoch in einem zum Studio umgebauten Hotelzimmer mit einer Flut an Songs überrumpelte, wollte Pop den Schwanz nicht einziehen und ließ sich vom patentierten Underworld-Sog kurzerhand für eine Stream of Consciousness-Performance mitreißen.

Diese Kamikaze-Entstehungsgeschichte hört man nun vor allem dem anschließenden Get Your Shirt an. Ein solide wummernd- pulsierender Four to the floor-Track, den es so im eigentlich runden Spannungsbogen der EP, die sich nach einem pushenden Start immer mehr beruhigt hatte, eigentlich ohnedies nicht gebaucht hätte, der aber auch abseits des Kontextes den schwächste Song von Teatime Dub Encounters darstellt.
Das Underworld‘sche Gerüst wirkt leidlich inspiriert und läuft ohne Austausch neben den Gesangslinien und Iggys vergleichsweise leidenschaftslose Rezitation her. Ein Schnellschuss, abseits dessen ein paar Straffungen und detaillierter ausgearbeitete Feinschliffe Teatime Dub Encounters allgemein gut getan. Gerade das muntere Trapped hätte mit seinem sportlich hastenden, zappelnden Beat mehr machen können, schafft über seine 8 Minuten allerdings nicht genügend Entwicklung, bis die souligen Harmonien von Rick Smitshs Tochter Esme Bronwen-Smith den Song gegen Ende doch immer melodischer aufgehen lassen.

Wobei weite Teile der EP gerade auch von der intuitiven Spontanität leben, hinter der sowohl Iggy Pop als auch Underworld durchaus individuelle Facetten ihrer Karriere hervorkehren.
Bells & Circles ist bärenstarker House/ Big Beat/ Techno-Hybrid mit wuchtig treibendem Rhythmus und schiebenden Synths, die Iggy ordentlich motivieren. Er rezitiert enthemmt darüber , was mit Flügel so alles möglich wäre und erinnert sich mit herrlich komödiantischer und spritziger Abgeklärtheit an die goldenen Tage des Fliegens: „I used to love the smoke on the airplane/ Those were the golden days of air travel/ They would just open the door at the airport/ And you’d walk right out the tarmac/ And up those stairs and light a big cigarette/ And stick it in the ashtray and the stewardess would come along/ And if she was hot, you can try to pick her up/ Once I was flying from New York to DC, I didn’t have much time/ And the stewardess was smoking/ She was a dusky tall American beauty/ And I put down my tray table, snorted a gram of cocain/ Till I got up my courage to say, „Can I have your phone number?“/ And she gave me the number, that was the good news/ The bad news was I got too stoned and I lost the number/ The stewardess would’ve been better than the cocain/I made an error in judgement“.

Pop steigert sich immer wieder selbst in die Manie, fällt nur für den von Karl Hyde unterstützten Refrain aus dem lakonischen Spoken Word in einen larmoyanten Gesang, liefert Zeilen und Parabeln  zum Niederknien.  „Teenage boys used to hijack the aeroplane and send it to Cuba/ Castro would charge 20 grand, the airline would get your aeroplane back/ He had a good business“ oder „There will be no revolution/ And that’s why it won’t be televised„.
Am anderen Ende des Spektrums besticht das sphärische I’ll See Big als nostalgische Ambient-Meditation, in der Iggy in Erinnerungen über die Anfänge der Stooges schwelgt, über Freundschaften und Vergänglichkeiten sinniert. Wo Teatime Dub Encounters zu Beginn unheimlichen Spaß macht, funktioniert die EP hier wunderbar auf emotionaler Ebene. Der getriebene 71 Jährige erweist sich einmal mehr als toller Entertainer und Erzähler. Die fesselnde Dynamik seiner charismatischen Stimme fusioniert ideal mit der Klasse von Underworld, die hier ihr Händchen für atmosphärische Reduktion unter Beweis stellen und mit subtiler Tiefe nachwirkende Wehmut produziert haben.
So grandios die beiden Highlights von Teatime Dub Encounters insofern auch bestechen, zeigen sie auch: Mit mehr Zeit hätte hier aus einer guten eine herausragende EP werden können.

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