Uncle Acid and The Deadbeats – Wasteland
Wasteland führt vor, dass Kevin Starrs verstanden hat, dass die Zeit auch für Uncle Acid and the Deadbeats nicht stehenbleiben darf: Der okkulte Serienkiller-Aufhänger ist einer dystopischen Überwachungsstaat-Fantase gewichen, während die Engländer mit weniger doomiger Schwere im Ausdruck einen stringenteren Zug zum Rock frönen und das Spektrum irgendwo am Ende der 70er finden.
Das konzeptionell aufgeladene Wasteland ist also gewillt, Feinjustierungen im Sound auch explizitier vorzunehmen, als die beiden ordentlichen Vorgänger Mind Control und The Night Creeper. Zwar pflegen Uncle Acid and The Deadbeats weiterhin primär ihre Trademarks – den nasal quängelnd-croonenden Gesang von Starrs über einer so eingängigen wie zitatfreudigen Melange aus plagiatsverdächtigen Black Sabbath-Riffs und Spät-60er Psychedelic Melodien, irgendwo zwischen den Beatles und den 13th Floor Elevators, dazu eine verdrogte Aura von hypnotischer Dichte.
Wo sich diese Bausteine mit jedem Album aber etwas mehr an der mangelnden Originalität und Inspiration am kompositionellen Sektor erschöpften, gelingt es Starrs nun, das simpel gestrickte Amalgam seiner eklektischen Band für Wasteland wieder ambitionierter und frischer in Szene zu setzen: Er befreit die Atmosphäre vom zu abgehangenen kultischen B-Movie-Horrorfilm-Ambiente und der zuletzt gesetzter wankenden Heavyness, taucht die typischen Tropen vor allem Geschwindigkeitstechnisch geradezu rasant an, um etwaigen Altlasten über weite Strecken erfolgreich zu entkommen.
Das gipfelt im protometallischen Blood Runner – einer flott und hungrig zu Iron Maiden schielenden Zuspitzung einer generell auszumachenden Vorliebe für die Manierismen der NWOBHM, die Wasteland immer wieder durchziehen, ohne den Signature Sound von Uncle Acid tatsächlich umzukrempeln.
Schon der Opener I See Through You rockt gelöster nach vorne, gibt dem retroaffinen Doom ein Gaspedal und findet auf dem Highway psychedelische Pop-Arrangements, die immer dann am besten sind, wenn sich die Harmonien hippiesk in den Armen liegen. Das knackige Shockwave City droht seine Kraft zwar in der geradezu irritierend dünn-kreischend brutzelnden Lo-Fi-Produktion von Wasteland zu verlieren – bevor Starrs nach einem eingangs absolut verschenkten Solo-Teaser doch noch imposant gniedeln lässt. So ambivalent der auf Substandard-Qualitäten getrimmte Mix diesbezüglich auch sein mag, kann man sich nonchalant twistenden Hüft-Übungen der Marke Stranger Tonight mit seinen hymnischen Andeutungen und groovend shakenden Rhythmus trotzdem kaum entziehen, während das entspannte Bedouin Uncle Acid mit Mellotron und trippig-verspulter Bläsern gar in die Nähe obskurer Folkrock-Irritationen schunkeln lässt.
So gut es Starrs mit diesen nahtlos eingeflochtenen Erweiterungen der vorhandenen Perspektiven jedoch auch gelingen mag, frischen Wind in den abgestandenen Kosmos der Deadbeats zu lüften, so frustrierend fallen neben dem allgemeinen Sound der Platte auch andere Aspekte negativ auf. Immer noch ist die übergeordnete Ästhetik nachhaltiger, als das schnell zu durchschauende Songwriting – und immer noch verirren sich Uncle Acid and the Deadbeats in einer unausgegorenen Albumdynamik auf Wegen, die man weniger effizient beherrscht.
Gerade das orgelnde No Return ist in seiner repetitiven Monotonie auf pure Trance ausgelegt, kann dann aber ohne jede Entwicklung über knapp neun Minuten Spielzeit keinen Rausch entfachen. Der starke Titelsong platziert sich dann als wehmütige Ballade mit der verrosteten Akustikgitarre am Western-Lagerfeuer und verleiht Wasteland damit einen sehnsüchtigen Raum, mäandert über die volle Spielzeit trotz schlagzeugspezifischer Impulse aber um die Nuancen zu unfokussiert. Und Exodus ist dann für sich genommen mit seinem retrofuturistischen Synths eine herrlich unaufgeregt rockende Garage-Jamsession mit viel nebulöser Optik, die sich trotz der stilistisch zerfahrenen Ausrichtung des Schlußdrittels gut als ausufernder Rausschmeißer eignen würde – gerade aber mit seinem etwas zu abrupten Ende auch unnatürlich früh den Strom abdreht: Trotz der 47 Minuten Spielzeit fühlt sich Wasteland auch wegen seiner wenigen leeren Meter nicht in der Nähe einer tatsächlich erschöpfenden Extase abspielend an, wirkt eher wie eine Übergangsplatte zu neuen Großtaten.
Auch wenn ihr überragendes, so erbarmungslos gehyptes wie konsequent stilbildendes Zweitwerk Bloodlust von 2011 für die Engländer trotzdem/deswegen wohl außer Reichweite bleiben wird, ist Wasteland – justament, wenn Uncle Acid entgültig von Bands wie Devil’s Witches, Salem’s Pot oder Pigs, Pigs, Pigs, Pigs, Pigs, Pigs, Pigs abgehängt zu werden drohten – ein erfreulicher Schritt in eine wieder spannender scheinende Richtung.
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