Umbra Vitae – Shadow of Life

by on 10. Mai 2020 in Album

Umbra Vitae – Shadow of Life

Converge-Frontmann Jake Bannon legt im Verbund mit seinen Wear Your Wounds-Kumpels Sean Martin und Mike McKenzie, sowie der Rhythmusgruppe aus Jon Rice und Greg Weeks auf dem Umbra Vitae-Debüt Shadow of Life eine nonkonformistische Definition von Death Metal vor.

Es ist schon erstaunlich: Wenn man einer Band wie Converge vorsteht und sich dort einen scheinbar niemals versiegenden Schmerz aus dem Herzen und rauen Lungen schreit, würden wohl wenige eine zusätzliche derart betont aggressive Plattform als Ventil benötigen, geschweige denn speisen können. So hat auch Bannon mit Soloprojekt wie Supermachiner oder Wear Your Wounds bisher zwar ebenso düstere Seiten aufgezogen, sie aber mit einer ruhigeren Gangart in Balance zu seiner Stammband gebracht.
Mit 43 Jahren scheint Converge dem Mann aus Boston alleine als Eskalationsbrennpunkt aber nun nicht mehr zu genügen – Auftritt Umbrae Vitae, einer veritablen Allstar Combo um (ehemalige Mitglieder) von Hatebreed, Twitching Tongue, Job For A Cowboy, Uncle Acid & The Deadbeats und The Red Chord: „Ich liebe es, Teil von Converge zu sein – die Band ist seit ich ein Jugendlicher war Teil meiner DNA. Ich habe mehr als die Hälfte meines Lebens mit ihr verbracht.“ so Bannon. „Aber sie ist nicht wirklich eine Metal-Band, auch wenn sie Metal-Anklänge besitzt und hyper-aggressiv daherkommt. Das hier kommt von allen meinen Projekten einer traditionellen Death-Metal-Band am nächsten, zumindest in Sachen Geschwindigkeit und Wildheit und Heaviness.

Über Genre-Kategorisierungen lässt sich dann zwar diskutieren – richtiger wäre es schließlich, bei Shadow of Life von jener Sorte Death-infizierten Hardcore zu sprechen, der bis in den Grind- und Metalcore randaliert, an nahverwandte Kombos wie Full of Hell denken lässt, die Essenz des besagten Erbguts von Converge und mehr noch The Red Chord offenkundig hinausbrüllt. Doch bleibt die stilistische Verortung der Platte auch aufgrund ihrer instinktiven Arbeitsweise ohnedies höchstens sekundär (bzw. aufgrund marketingtechnisch schlau platzierter Schlagworte) interessant, natürlich auch alleine über die Produktion von Kurt Ballou in gewisser Hinsicht erwartbar.
Was zählt: Shadow of Life ist atemlos, schnell, angepisst, tollwütig und bestialisch – eine noch stromlinienförmigere, kaum Umwege gehende und auch limitierte Schlachtplatte für (einen nicht mehr so harsch wie zu seinen Haydays klingenden) Bannon und seine Kumpels, wenn man so will. Wenn sich das Album insofern etwas vorwerfen lassen muß, dann, dass die Platte ungeachtet der versammelten Kompetenz insofern ein typisches Debüt darstellt, als dass sie eben merklich erst einen ersten Schritt für die Band darstellt, keine Formvollendung anbietet, sondern immenses Potential mit Luft nach oben anteasert.
Umbra Vitae wollen inhaltlich nämlich gar kein weites Spektrum provozieren, emotional nicht erschöpfend in die Tiefe gehen oder Nachhaltigkeit über die Radikalität des Momentums stellen – weswegen Shadow of Life gerade hinten hinaus auch keine zusätzliche Substanz mehr auf der Schlachtplatte kredenzt, sondern etablierte Motive abermals durchdekliniert, bereits davor aber in erster Linie am reinigenden Rausch interessiert ist.
Mit diesem Hintergrund zerfleischen die 26 Minuten dieses Einstandes ihre überschaubare Kampfzone mit einer idealerweise schwindelerregenden Intensität, aber auch einem permanent am Ball haltenden, seine Gewichtungen variabel haltenden Druck.

Decadence Dissolves wärmt erst einmal atonal dunkel die Saiten im ambienten Metal auf, bevor Ethereal Emptiness gleich mit Blastbeats und epischen, eiligen Gitarren losbolzt, sich mäßigt, aber wie ein Presslufthammer über seine Riffs tackert – das hat schon nach den ersten 60 Sekunden hyperventilierende Wendungen und nach 120 trotzdem einen griffigen Appeal, dazu einen psychedelisch ins Hymnische solierenden Abgang – der warum auch immer im Fade Out mündend. Umbra Vitae werden später noch einmal zu dieser gerade im Kontext unnötigen Ausflucht greifen und alleine diesbezüglich Optimierungspotential für künftige Albenkontexte lassen.
Atheist Aesthetic könnte mit seinem nachhallenden Punk-Spitit auch so lange vom rotzigen You Fail Me stammen, bis die Backing Vocals guttural würgen und der Twist zur behäbig ballernden Abrissbirne vollzogen wird – und auch Mantra of Madness erinnert mit seiner Reminiszenz an The Dusk in Us an die gefährlichen Melodie-Brecher von Converge, doch ist der schleimig quiekende Deathcore-Anteil deutlich höher.
Für das hartnäckig hängen bleibende, stark motivgetriebene Fear is a Fossil räumt Bannon die erste Reihe am Mikro dann deutlicher, eine ranzigere Hook hätte sich die Band dazu freilich kaum unter den Fingernägel heraus kratzen können – grandios! Polluted Paradise reizt dieses Hin-und-Her-Werfen der Vocals sogar noch exzessiver aus, agiert wie eine übersteigerte Version von Knocked Loose für die Folterkammer anstelle des Gymns. Die methodische Gitarrenfigur im Hummelflug von Intimate Inferno sucht lange einen Kampf mit dem rasenden Schlagzeug, doch mähen die Ingedienzien dann aber doch unison hinfort und baden sogar atmosphärisch – nur dauert die Nummer länger als nötig, weil die kürzeren Stücke so kompromisslos alles gleich, nur noch effizienter machen. Return to Zero hat deswegen als alleinstehende Single genau genommen auch essentielleres Gewicht erzeugt, als im Spannungsbogen der Platte, bevor auch Blood Blossom genau genommen „nur“ alle Punkte des Sounds noch einmal ergiebig behandelt, irgendwann zu einem archetypischen Gemetzel mit getragener Ebene zwischen den Zeilen kippt, den MO der Band aber auch vorhersehbar streckt – zumal der Übergang zum Closer und Titelsong sehr abrupt geschieht und den Rahmen der Platte damit suboptimal und unrund um das Geschehen legt, inklusive folgenden, hier aber verschmerzbarem Fade Out. Dazwischen zeigen sich Umbra Vitae allerdings sogar schon fast balladesk und feinfühlig, würden die beiden Brüllwürfel an den Mikros nicht die restliche Band immer wieder zum Randalieren anstiften, doch ist es danach mehr als nur eine Ahnung, dass die prolongierte Supergroup in Zukunft durchaus noch weitere Facetten in ihren Charakter aufnehmen können wird, wohl noch interessanter auftreten wird. Ob man, wenn es denn soweit ist, noch sonderlich oft zur instinktiven Katharsis von Shadow of Life zurückgekehrt sein wird, steht auf einem anderen Blatt – und irgendwo auch weniger zur Diskussion, als etwaige Genrefragen: Man hat kurzweiligen Spaß an der Brutalität dieser Band.

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