U2 – Songs of Surrender
Von One bis „40„, inklusive auf den Boden geholter überlebensgroßer Hits und Abbitte leistender Aussöhnungen mit Rohrkrepierern: U2 untermalen Bonos Memoiren (mehr oder minder) mit den passenden Songs of Surrender.
Ungeachtet seiner Vermarktung als Quasi-Companion Piece zur Autobiographie von Paul David Hewson ist Songs of Surrender im Prinzip eine Werkschau im Acoustic-Gewand, zweidreiviertelstunden Quasi-Unplugged-Programm, wenn man so will.
Und, um es gleich eingangs vorwegzunehmen, dabei weder so schlecht, wie es etwa der Standard (neben gefühlt allen anderen Reviews weltweit) darstellt, noch derart nachhaltig überragend, wie es beispielsweise am anderen Ende des Spektrums den Rolling Stone jubilieren lässt. Wir haben es eher mit einer wohligen Komfortzonen-Gefälligkeit zu tun, die unsterbliche Evergreens in gemütlich über den Lebensabend hinausblickenden Perspektiven zeigt, die Dynamik und das gemächliche Tempo nur leidlich variiert, und sich tatsächlich ebenso solide wie stets ein klein wenig egal zwischen den beiden vorhersehbaren Extremen der rezeptionellen Wahrnehmung bewegt.
Freilich sollte man nicht den Fehler machen, von den neuen Versionen – unaufregende und unaufgeregte Reduktionen, die sich mit manchmal vorsichtig adaptierten Texte auf The Edge (der auch die sorgsam im Hall polierte Produktion besorgt und hin und wieder öfter als sonst als Zweitstimme Aufmerksamkeit generieren darf) und Bono (dessen Organ anstelle der Sturm-und-Drang-Kraft von einst mit dünner gewordener Gediegenheit croont, weit vorne im Mix stehend) konzentrieren – überragendes zu erwarten: das himmelstürmende Momentum sucht die hymnische Epik nunmehr beim gemütlichen Abend-Tee, suggeriert Einfühlsamkeit statt Aufbruchstimmungen, kann in der Dosierung des Stadion-Pathos dabei aber kaum für Gänsehaut sorgen, weil die Ergebnisse dann ganz nüchtern betrachtet doch zu reibungslos die mutige Inspiration für eine altersmilde Anmut links liegen lassen, gerade in Summe etwas zu gleichförmig und eintönig geraten, und sich ohne die aufwühlende Euphorie einfach keine Intensität einstellen will.
Vor allem wenn man zwangsläufig vergleicht, was vor allem Johnny Cash einst aus dem Kern von One – hier von U2 gelungen als eine ambient entschleunigten Melancholie interpretiert – machte (oder aber auch erwähnenswert: (Ăhk-to͝ong Ba͞y-bi) Covered), sind die Ergebnissen von Songs of Surrender nicht blutleer, aber doch einfach auf stimmige Weise unterwältigend geraten. Einigen wir uns einfach darauf: andere Künstler können U2-Songs im sparsamen, nahbaren und bescheidenen Licht einfach besser als U2 selbst.
Womit man gut leben kann. Schließlich ist die Klasse des Songwritings einfach zu beständig und die relative Intimität der Inszenierung einnehmend. Man verhebt sich höchstens an der die Grenze zur Langeweile übertretenden Darstellungen von Pride (In the Name of Love) oder Sunday Bloody Sunday – denn im Kontext funktionieren kontemplativ am Klavier sinnierende Träumer wie Where The Streets Have No Name oder von vornherein atmosphärische Stücke a la City Of Blinding Lights oder Stuck In A Moment You Can’t Get Out Of durchaus komfortabel (weswegen das Larry-Viertel der Compilation auch die rundeste Passage des Projekts geworden ist).
Die eigentliche Überraschung gelingt insofern aber, wenn Songs of Surrender in gewisser Hinsicht mit (dem durch immerhin acht Songs vertretenen) Material von Songs of Experience und Songs of Innocence aussöhnt, und alleine schon Every Breaking Wave als schöne Piano-Elegie, das endlich locker-nonchalante Get Out of Your Own Way oder das den formelhaften Baukasten aufgebende, sympathisch gewordene The Little Things That You Gave Away die Frage aufwerfen, ob die beiden 2010er Alben der Band mit einer aufregenderen, weniger bocköde schaumbremsenden Produktion nicht gar doch einfach gelungene Angelegenheiten werden hätten können.
Alleine dieser Faktor erhöht dann den Wiederhörwert von Songs of Surrender (das in seiner Masse vielleicht uninteressanter erdrückt, als es in kleineren Happen der Fall gewesen wäre) doch über den überschaubaren Erwartungshaltungen und macht die Sammlung mit ein bisschen Wohlwollen für eine wirklich angenehme (seine Subtilität authentisch einfangenden) Angelegenheit, wenngleich primär für den gepflegten Hintergrund.
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