U2 – Songs of Innocence
Bei dem Brimborium rund um den Apple-Veröffentlichungs-Coup geraten die 49 dahinterstehenden Minuten Musik von ‚Songs of Innocence‚ beinahe ins Abseits. Vielleicht zwangsläufig: das 13. Studioalbum der irischen Stadionmaschine ist durchaus gefälliger und zweckmäßiger, letztendlich aber vor allem egaler Arenarock.
Wo über das aufsehenerregende Drumherum kontrovers diskutiert werden kann und muss (ist das halblegal-aufdringliche Zwangsbeglückung? ein geschenkter Gaul? oder als Dienst am Fan zu verstehen? eine Rettungsaktion nach den enttäuschenden Verkaufszahlen der letzten zwei, nicht am Album befindlichen, Singles ‚Ordinary Love‚ und ‚Invisible‚? vielleicht sogar die Zukunft der Musikbranche? die Kritik von Kollegen und den Spott von Kritikern wert? was sagen die enttäuschenden ersten Downloadzahlen aus? war der Gehaltcheck von Apple die Aufgabe des letzten Rests an Credibility? ist das überhaupt das angekündigte reguläre Album? den physischen Markt wird man erst im Oktober mit zahlreichen Versionen überschwemmen? und vor allem: können sich die heuchelnden Weltverbesserer U2 für die Zukunft ein paar neue halbseidene Steuertricks bei Apple abschauen?) ist ‚Songs of Innocence‚ auf seine eigentlichen elf Einzelteile heruntergebrochen und ungeachtet der selbst verschuldeten neuen Antipathiewelle betrachtet vor allem eines: ein weiteres okayes, glattgebügeltes und gnadenlos kalkuliertes U2-Album.
Dass die Band, die mit Relevanz in erster Linie Absatzzahlen meint, bei ‚Songs of Innocence‚ von einem „persönlichen Album“ und „künstlerischem Erfolg“ spricht, macht dennoch irgendwo Sinn: weil Bono mit weitestegend aufgesetzt wirkenden Plattitüden und billigen Reimen („We got language so we can’t communicate/ Religion so I can love and hate/ Music so I can exaggerate /My pain, and give it a name“ oder „A heart broken/ Is a heart open„) Erinnerungen an die Jugend als konsequent verfolgtes lyrisches Leitmotiv der Platte auserkoren hat; und weil die Band mit harmlosen Radiostandards wie dem klassisch angelegten ‚Every Breaking Wave‚ oder dem trotz seines markanten Flowerpowerstarts als vorhersehbarer Midtemporock endende ‚California (There is no End to Love)‚ wieder deutlich mehr massentaugliches/chartkompatibles Material am Start hat als der „enttäuschenderweise nur eine Hitsingle abwerfende“ Vorgänger ‚No Line on the Horizon‚. Gefällig ist das durchaus über weite Strecken.
Bezeichnenderweise bedeutet dies aber auch: der vor knapp 5 Jahren stattfindende Inspirationsschub erfährt diesmal keine Fortsetzung in den Kompositionen an sich, sondern höchstens im Sound der Platte statt: ‚Songs of Innocence‚ hofiert ein banales, fürs Stadion ausgelegtes Konsenssongwriting, das die U2-Trademarks in ein von zahlreichen Köpfen zu Tode gedachtes, weichgespültes und unaufgeblasen gemeintes – etwaigen bekannten Vorabversionen das Wasser abgrabendes – Produktionsgewand unter der Ägide von Danger Mouse pfercht. Dank der Beteiligung weiterer Studiotüftler wie Paul Epworth und Flood finden sich also genug Schichten für klinische Synthieteppiche und flächige Klaviertupfer; auf wessen Mist die oftmals prominent eingesetzten, supernervigen Und-Jetzt-Allee-„Ohoohooos“ wie jene im eröffnenden, polternden Riff-Stimmungsmacher ‚The Miracle (Of Joey Ramone)‚ gewachsen sind, scheint angesichts der sonstigen Herangehensweise Brian Burtons klar.
Bezeichnenderweise bedeutet dies aber auch: der vor knapp 5 Jahren stattfindende Inspirationsschub erfährt diesmal keine Fortsetzung in den Kompositionen an sich, sondern höchstens im Sound der Platte statt: ‚Songs of Innocence‚ hofiert ein banales, fürs Stadion ausgelegtes Konsenssongwriting, das die U2-Trademarks in ein von zahlreichen Köpfen zu Tode gedachtes, weichgespültes und unaufgeblasen gemeintes – etwaigen bekannten Vorabversionen das Wasser abgrabendes – Produktionsgewand unter der Ägide von Danger Mouse pfercht. Dank der Beteiligung weiterer Studiotüftler wie Paul Epworth und Flood finden sich also genug Schichten für klinische Synthieteppiche und flächige Klaviertupfer; auf wessen Mist die oftmals prominent eingesetzten, supernervigen Und-Jetzt-Allee-„Ohoohooos“ wie jene im eröffnenden, polternden Riff-Stimmungsmacher ‚The Miracle (Of Joey Ramone)‚ gewachsen sind, scheint angesichts der sonstigen Herangehensweise Brian Burtons klar.
So ergeben sich nebenher plätschernde Balladen ohne tatsächliche emotionale Berührungspunkte (‚Song for Someone‚), holprige Versuche die energische Vergangenheit mit polternden Theatralik aufleben zu lassen (‚Raised by Wolves‚) oder Songs wie ‚Iris (Hold Me Close)‚, das erst ‚Ghost Stories‚ hinterhechelt und sich dann die Zutaten von ‚X&Y‚ zurückholt. Kompositionen die am Reißbrett kalkuliert durchaus gute Einzelideen aufweisen, aber zu oft auch unter der eigenen Fallhöhe krepieren: die wirklich großen Momente, die U2 hier in Aussicht stellen – sie treten nie ein. Mehr noch: in den schwächsten Momenten klingen die Iren im Jahr 2014 auf Albumlänge nahezu 1:1 wie Coldplay, wenn diese versuchen einen auf U2 zu machen. Die Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Aber immer noch besser, als wenn Brian Burton aus dem Quartett mit forcierter Jugendlichkeit und flottem Discobeat einen flachen Black Keys-Klon bastelt (‚This is Where You Can Reach Me Now‚).
Dabei fußen auch die besseren Momente von ‚Songs of Innocence‚ auf der Zusammenarbeit mit dem Zeitgeistproduzenten. Das halbakustische Riff von ‚Cedarwood Road‚ schielt zu ‚Paranoid Android‚ von Radiohead und rockt über den Vintagedrang von Danger Mouse nonchalant hinweg – was bleibt ist ein swingender Popeinschlag und unverbindliche Leichtigkeit. Das eingängige ‚Volcano‚ groovt dann umständlich, überrascht gar mit seinem gefistelten Gesang im Refrain, auch wenn das ansonsten zu sehr ein Baukasten ist.
‚Sleep Like a Baby Tonight‚ breitet seine verträumte Melodie mit Depeche Mode-Atmosphäre aus, funktioniert als unaufgeregte Synthiepopnummer mit Industrial-Gitarreneinschlag und ist schlicht eine rundum starke Ballade. Ebenfalls ruhigere Töne schlägt das Albumhighlight (wie vor 5 Jahren der Closer!) ‚The Troubles‚ an, wenn U2 mit launischen Streichern (und Lykke Li als ersten Gast seit Johnny Cash vor 11 Jahren) ihr Album mit einem nachdenklichen Selbstzweifel beenden, der sich ganz unkaschiert nach den melancholischen Klangwelten der jüngsten Lana Del Rey-Großtat sehnt.
‚Sleep Like a Baby Tonight‚ breitet seine verträumte Melodie mit Depeche Mode-Atmosphäre aus, funktioniert als unaufgeregte Synthiepopnummer mit Industrial-Gitarreneinschlag und ist schlicht eine rundum starke Ballade. Ebenfalls ruhigere Töne schlägt das Albumhighlight (wie vor 5 Jahren der Closer!) ‚The Troubles‚ an, wenn U2 mit launischen Streichern (und Lykke Li als ersten Gast seit Johnny Cash vor 11 Jahren) ihr Album mit einem nachdenklichen Selbstzweifel beenden, der sich ganz unkaschiert nach den melancholischen Klangwelten der jüngsten Lana Del Rey-Großtat sehnt.
Hier zeigt sich auch, dass man U2 die nachdenklicheren und verletzlicheren Nummern nicht zwangsläufig abnehmen muss um zu erkennen, dass in den zurückgenommenen Stücken längst und eindeutig die eigentliche Stärke der Band liegt, nicht in den kalkuliert und forciert wirkenden Stadionsongs. Was im Rückspiegel aber ohnedies egal sein wird. Wenn die rockigen Nummern dieser Platte schnell wieder aus dem Live-Repertoire der Band verschwunden sein werden und Teile des 13. Studioalbums als netter Hintergrund-Soundtrack beim Abwasch gesummt werden: ‚Songs of Innocence‚ wird im Langzeitgedächtnis der meisten (Zwangs)Konsumenten nämlich in erster Linie untrennbar mit seinem Veröffentlichungs-Affront verbunden werden, nicht mit seinen Songs. Oder anders ausgedrückt: u2 haben auf mehr als einer Ebene Dinge gutzumachen.
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