Ty Segall – Sleeper
Knapp zehn Monate sind seit dem letzten Ty Segall-Album ‚Twins‚ vergangen – eine schiere Ewigkeit für den notorischen Dauerveröffentlicher. Das hat mehrere Gründe, und jeden davon hört man dem kurskorrigierenden, zurückgenommenen ‚Sleeper‚ nun auf die eine oder andere Art nun an.
Kurz nachdem Ty Segall das Jahr 2012 zu seinem eigenen kleinen Veröffentlichungsmarathon umfunktionierte verstarb sein Stiefvater, in Folge kam es zum Bruch mit der eigenen Mutter. Dazu schlich sich das Gefühl bei dem 25 jährigen selbst hartgesottenen Fans mit der Überpräsenz auf die Pelle zu rücken. Genug Gründe für Segall die Gepflogenheiten des verschwitzten Garage-Rock so weit zurückzuschrauben, bis in seiner authentischen 60s Welt neben Stimme, einer Akustikgitarre und makellosen Songs nur wenig übrig blieb: ‚Sleeper‚ greift den Faden dort auf, wo Segall erst zum jüngsten Record Store Day abermals der minimalistischen Seite von Mark Bolan gehuldigt hatte.
‚Sleeper‚ ist bei weitem nicht so niedergeschlagen und bedrückend wie es angesichts der Umstände ausfallen hätte ausfallen können, ist inmitten von Songs wie den beatlesken ‚Crazy‚ oder dem sich anmutig ausbreitenden ‚She Don’t Care‚ vielmehr ein nachdenkliches Zurücklehnen in die Grundfesten des Handwerks und eine spielerische Annäherung an Singer-Songwriter- und Dylan-Folk-Anleihen der 1960er im nicht ausnahmslos spartanischen Gewand. Durch den Titelsong schwebt etwa eine Fidel und verleiht dezentes Countryflair, ‚The Keppers‚ baut auf ein entspanntes Schlagzeug und konzentriert neben ‚Come Outside‚ oder ‚6th Street‚ den allgegenwärtigen Psychedelik-Einschlag an seinem pfeifenden Ende. Eben dort bricht ‚The Man Man‚ mit seiner munter in den Song surfenden E-Gitarre rockig los, das kantige ‚Sweet C.C.‚ lehnt sich an den Blues an, während das schwere ‚Queen Lullabye‚ über viereinhalb Minuten zwischen halluzinierenden Schräglage-Pop und absolutem Lo-Fi – pardon: Ty-Fi – langsam das Gaspedal in rauschenden Noise drückt.
‚Sleeper‚ fühlt sich neben Kurt Vile’s ‚Wakin on a Pretty Daze‚ ebenso wohl wie neben Beck’s intimen ‚Sea Change‚ oder einer Love-Demo-Sammlung. Praktisch aus dem Nichts biegt Segall mit einer Veröffentlichung um die Ecke, die sich weniger als Bruch mit dem Garage-Feuerwerk der letzten Jahre anfühlt, als ein durchatmendes Beiseite-treten, das durchwegs neue Facetten anbietet und die zugrundeliegende Schönheit in der Musik des Amerikaners freilegt, vor allem aber als unaufgeregte Fingerübung dessen müheloses Händchen für erstklassisiges Songwriting erneut unter Beweis stellt. Während eine neuerliche Rock-Sause also durchaus willkommen gewesen wäre – und dank Segalls neuem Projekt Fuzz wohl auch nicht lange auf sich warten lassen wird – sorgt ‚Sleeper‚ für frischen Wind in der Discographie des Allrounders. Derart qualitätskonstant bei einer beispiellosen Output-Rate ist aktuell nach wie vor kaum jemand.
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