Twin Temple – Bring You Their Signature Sound….Satanic Doo-Wop

von am 1. März 2019 in Album

Twin Temple – Bring You Their Signature Sound….Satanic Doo-Wop

Lee Dorian folgt seiner Vorliebe für okkulte Nischensensationen mit massentauglichem Konsens-Appeal einmal mehr und legt das 2018 im Selbstvertrieb erschienene Debütalbum von Twin Temple neu auf. Eine so typische wie unkonventionelle Ergänzung für den Roster seines Labels Rise Above.

Nach Veröffentlichungen von (höchstens stimmungstechnisch und ästhetisch nahverwandten Kombos wie) Ghost oder Uncle Acid & The Deadbeats fügt das Szene-Label aus England seinem Repertoire mit Bring You Their Signature Sound….Satanic Doo-Wop eine Platte hinzu, die de facto exakt das hält, was der Titel verspricht: Twin Temple spielen durch und durch klassischen Doo-Wop, wie direkt aus den späten 50ern und frühen 60ern einer alternaltiven Zeitlinie geborenen, der all jenen Anhängern von Amy Winehouse unmittelbar gefallen wird, die darüber hinwegsehen können, dass das Ehepaar Zachary und Alexandra James sich in den nonchalant shakenden, sehr traditionsbewusst arrangierten und unbombastisch inszenierten zehn schnittigen Songs inhaltlich ausnahmslos Beelzebub widmen und die emanzipatorischen Vorzüge des (feministischen) Satanismus preisen.
Bring You Their Signature Sound….Satanic Doo-Wop ist damit quasi ein bisschen das irgendwo zwischen Roy Orbison, King Dude und Dirty Dancing spielende Spin Off zu Zeal & Ardor im schmissigen Retrosound des Vintage-Rock’n’Roll, das in der vermeintlichen Schere aus Form und Inhalt ein durchaus erfrischendes, unkonventionelles Konzept bedient und dem Oldie-Anachronismus einen individuellen Kniff verleiht.

So penetrant die übergeordnete Attitüde des Duos aus Los Angeles dabei (abseits des Tonträgers) auch immer wieder wirken kann – eigener Zirkel samt teuflichen Merchandise-Ramsch im hauseigenen Store inklusive, ist ein Augenzwinkern bei Twin Temple im Gegensatz zu etwa The Devil’s Blood neben einer halbwegs glaubwürdigen Authentizität durchaus inkludiert – funktioniert das Amalgam jedoch, ohne zum klischeehaften Gimmick zu werden, weil das Songwriting hinter Bring You Their Signature Sound….Satanic Doo-Wop letztendlich weitestgehend stark genug ist, um etwaiges Hype-Potential auch ohne immanenten Klassiker-Anspruch zu stützen. Die kurzweiligen 36 Minuten der Platte sind stets angenehm zu hören, liefern unaufdringlich eine konsenstaugliche Hintergrundmusik, bieten trotz einer gewissen Gleichförmigkeit auch nach und nach kleine Ohrwürmer an.
Der sexy zur Eigenverantwortung shuffelnde Opener The Devil (Didn’t Make Me Do It) installiert dafür sogleich den grundlegenden MO der Platte, mit smoother Brass-Unterstützung, nonchalant dängelnder Gitarre und geschmeidig twistendem Schlagzeug, das über einen sofort hängen bleibenden, sehr eingängigen Refrain mit Barbershop-Backingvocals zu einem surfenden Solo findet. Alleine Sex Magick oder I Know How to Hex You servieren auf dieser Basis dann auch gleich unbedingt singletaugliche Hits. Lucifer, My Love probt dagegen romantisch schwofend einen eng umschlungen Schunkler, wo das relaxte Let’s Hang Together wie eine nette Reminiszenz an die grandiosen Dead Man’s Bones entwaffnet. Die Dynamik der Platte ist also keine eindimensionale.

Dieses Niveau kann Bring You Their Signature Sound….Satanic Doo-Wop allerdings eben nicht über die volle Distanz halten – gerade zur Mitte hin schleichen sich ein paar ermüdend-egale, jedoch nicht leere Meter ein.
I’m Wicked macht als aus Twin Peaks marschierende Trauergemeinde im fröhlich-ausgelassenen Blues-Modus an sich wenig falsch, dauert aber mit über vier Minuten Spielzeit zu lange, findet zwar kompakt zum Punkt, aber erschöpft seine Ideen in der enervierenden Wiederholung – übrigens ein grundlegendes Problem einiger Nummern. Auf der anderen Seite der Skala lehnt sich das dramatisch-schwere In Lvx ziemlich dreist an I Want You (She’s So Heavy), ist nach 81 Sekunden aber bloß ein unausgegorenes, zumindest im Kontext stimmungsvolles Interlude ohne eigenständiges Ziel. Santa Muerte setzt schließlich mit Latino-Twist Akzente, zeigt a er auch, dass das Konzept von Twin Temple ohne zwingende Melodien wenig wert ist.
Wenn das tolle Femme Fatale die Revue hinten raus zuerst ein bisschen abgesiffter in der NOLA-Bar schleift und der improvisierende Appendix In Nox das Szenario danach ansatzlos in den ausholenden Jam zieht, am Ende aber enttäuschenderweise kein Aufbäumen vor dem großen Finale darstellt, sondern sich als abrupt verflüchtigendes Flimmern ohne befriedigende Auflösung entpuppt, verschieben Twin Temple ein ultimatives Urteil über die Nachhaltigkeit ihrer Qualitäten mit liegen gelassenem Potential geradezu paradoxerweise erst einmal in die Zukunft. Für den Moment unterhält diese neu aufgelegte Talentprobe (wenn auch unter dezentem Welpenschutz stehend) jedoch ziemlich prächtig – besten Dank an Lee Dorian für sein Gespür also!

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