Tunic – A Harmony of Loss Has Been Sung

von am 14. März 2025 in Album

Tunic – A Harmony of Loss Has Been Sung

Auch in einer Post-Cool World wird man anhand von A Harmony of Loss Has Been Sung als bisher bestem Album der Band darüber diskutieren können, wo der Windschatten der Daughters aufhört, und wo Tunic sich zu sehr auf rein imitierende Verhaltensmuster verlassen.

Songs wie vor allem The Sharpening of a Blade oder das starke Eyes Crossed Out sind einfach so demonstrativ für die Erbverealtubg von You Won’t Get What You Want maßgeschneidert, dass es weiterhin nicht ohne die unvermeidliche Assoziation geht: Auch wenn die Gitarren auf A Harmony of Loss Has Been Sung nicht wie ziselierende Synthies klingen, ist der MO von Tunic drei Jahre nach Wrong Dream weiterhin in nahezu jeder Hinsicht durch die Lehren der Daughters geprägt.
Von den Songstrukturen und den martialisch-sturen, vehementen archaischen Gesten der Drums von Dan Unger über die Spannungsbögen und die Seth Manchester-Produktion, bis hin zu der Art und Weise, wie David Schellenberg intoniert, indem er sein manisches Skandieren mit Spoken Word-Nölen ins verzweifelt flehende Gröhlen verlagert, oder sich selbst den im lethargischen Halbschatten hypnotisch lamentierenden Gespenster-Call-and-Reponse-Partner macht, bis das beunruhigend beherrschte Lauern in kakophonischen Tendenzen aufgelöst werden kann.

Die exzessive Panik und rauschhafte Hysterie ihrer ikonischeres Material erzwingenden Vorbilder erzeugen Tunic dabei nach wie vor nicht. Allerdings hat die Wirkungsweise ihres Methadons doch noch einmal ein paar Prozentpunkte an Effektivität zugenommen.
Der abgekämpft sinnierende Salmon von Sorrow’s Grip klopft den Noise Rock mit kargem Postpunk und Math wund (weswegen man nachschlagen darf, was es über das obskure Genre Pigfuck zu erfahren gibt, wo Tunic mit Marshall‘esker Trance ein fiebriges Sedativum in den abrasiven Groove ballern. Der schabende Bass von Ordinary Unique Pain und dem nunmehrigen Vollzeit-Mitglied Tomas Ingham pflegt einen exemplarisch stoischen Hang zur massiv polternden Wiederholung, flaniert dann aber entspannt torkelnd zur schunkelnden Rage, und schraubt wie auch Spoiled Fruit (eine verstört lächelnde Predigt vor kranken Körpern, die bis an den intimen Kern des behaglichen Drone vordringt) und die meisten Songverläufe einem kasteienden Finale entgegen.
Dass der geduldige Closer No Greater Loss dagegen wie ein rückwärts ablaufendes Ausbluten angelegt ist, sorgt zwar für einen reizvollen Kniff, kann aber dennoch nicht die an sich verdienten Früchte einer ausfallfreien, auf rundum hohem Niveau eingespielten Platte einfahren, die sich, mehr als alles andere, jedoch auch stets wie das Schmücken mit fremden Federn anfühlt.

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen