Trish – Obscure World

von am 8. November 2022 in Album

Trish – Obscure World

Die Prognose, dass die nächsten Schritte von Trish spannender werden könnten, als jene von Quiet Commotion, wird mit dem kein halbes Jahr nach dem Debüt erscheinenden Zweitwerk Obscure World zu einem handfesten Paradoxon.

Immerhin haben die praktisch unmittelbar nach Dead Herrings servierten 22 Minuten hier zumindest teilweise womöglich schon mehr Monate auf dem Buckel als das Material des Erstwerkes: „I really just wanted to release these songs as they’ve been sitting on my drive for a long time as a project i was going to release at some point but just forgot about. all songs except „sickle moon“ (recorded in february 2022) were made & recorded in the first half of 2021.“ erklärt Teenager Daniel Katz, lässt aber offen, ob die stilistischen Unterschiede zwischen beiden Werken tatsächlich Auskunft über die weitere Zukunft des Projektes geben, oder aber eigentlich etwas über (weitestgehend zurückgelassene) Wurzeln verraten.

Die Obscure World trägt ihren Namen derweil durchaus nachvollziehbar – als seltsam entrückte Symbiose von psychedelisch aus dem minimalistischen Leim gegangenen, klimpernden Trip Hop mit wunderlichem Avalanches-Plunderphonics-Flair und entrückt im jazzigen Pop-Delirium dösenden Gesang (Lunarities), dominant laufenden Beats mit sedativen Shoegaze-Soundschichten, als hätte Katz im Fieberwahn siechend eine faszinierende Oldschool-Hip-Hop-Gerüst-Karambolage für Earl Sweatshirt neu zusammengeschraubt (Gray Waterdam), gewürzt mit aus der Vergangenheit schimmerndem Ambient wie im Titelstück oder der kontemplativer pendelnden Hypnose „I’m Not Afraid“, die irritierend friedlich am Abgrund eines schimmernden Meeres treibt.

Pause schleppt sich dagegen mit zurückgelehnt schepperndem Schlagzeug und verträumtem Piano elektronisch knisternd, derweil Sickle Moo schnipselnd und rasselnder den Trap mit experimentellen Avantgarde-Pop-Facetten schraffiert. Dass die fragmentarische Skizze kaputt mäandert, bis sich die Nummer mit mystischer Patina am Riemen reißt und doch einen übergeordneten Plan erkennen lässt, ist durchaus exemplarisch: Songs im klassischen Sinne sind das hier allesamt nicht, ein übergeordneter Spannungsbogen ist auf dieser gefühlten Lo-Fi-Compilation-EP freilich auch keineswegs auszumachen.
Aber als schrullige Stimmungsmusik mit potentiellen Ausblicken in eine alternative, verschrobene Realität funktioniert dieser eklektische Baukasten ziemlich faszinierend: wären diese 6 Tracks in der digitalen Mottenkiste belassen worden, wäre das sicher eine ziemliche Verschwendung gewesen.

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