Tribulation – Sub Rosa In Æternum
Für wertkonservative Tribulation-Fans wird Sub Rosa in Æternum wohl zum Zankapfel werden: 15 Jahre nach dem Debütalbum wagen die Schweden die nahezu vollständige Abnabelung vom Metal und gefallen sich als eklektische Goth-Rocker.
Dieser Umstand sollte auf dem ersten Album ohne Jonathan Hultén – respektive dem ersten seit dem (Wieder-)Einstieg von Joseph Tholl – angesichts der bisherigen Evolution von Tribulation nicht wirklich überraschen.
Nicht einmal hinsichtlich der dabei an den Tag gelegten Konsequenz – die dann tatsächlich das eigentliche Trumpfass von Sub Rosa in Æternum darstellt: Tribulation haben ihren Sound nicht wahllos verändert, folgen keiner anbiedernden Business-Entscheidung. Sondern sie klingen rund und natürlich in den Modus Operandi eingefügt, gehenvollends in der neuen Rolle logisch auf.
Dafür setzt Johannes Andersson nun weitestgehend auf cleane Vocals einer sonor die Pathos-Dunkelheit pflegenden Grabesstimme und greift nur noch selten zu einem rapselig keifenden, melodiös verpflichteten Growlen. Was dann aber (wie beispielsweise im joggenden Rock der festivaltauglichen Ohrwurm-Bösartigkeit Saturn Coming Down) zu einem feinen Kontrast mit der Musik sorgt, die über simplere Strukturen auf Doppel-Leads verzichtet und sich ästhetisch zwischen Assoziationen an Sisters of Mercy, Moonspell, Into Others, The 69 Eyes, Grave Pleasures oder Type 0 Negative platziert – im mit Synthpop und Americana liebäugelnden Murder in Red darf man sogar an Ulver denken.
Und ja, das steht der Band eben ganz ziemlich gut. Richtig ist allerdings auch, dass Sub Rosa in Æternum seine Spannung diesbezüglich auch zu einem Gutteil aus dem Wer zieht – und weniger aus dem Was.
Denn wo es faszinierend und interessant ist, wie nahtlos und schlüssig Tribulation die Mutation in neue Gefilde (einmal mehr) bewerkstelligen, ist das daraus resultierende Songmaterial per se oft nur solide und auf eine harmlose Art und Weise reibungslos. Zwar wächst das Album nach dem ernüchternden Erstkontakt, macht irgendwann auch kurzweiligen Spaß. Doch letztlich fehlt der Biss, um wirklich zu begeistern zu können oder dorthin zu gehen, wo es weh täte und langanhaltend reizvoll wäre. Stattdessen mäandert die Band phasenweise zu gefällig in einer neuen Komfortzone – mit der ihr typischen Klasse und Kompetenz.
Nach dem langen, mystischen Aufbau setzt The Unrelenting Choir als Quasi-Intro die Stimmung der Platte im heroischen Horror jedoch gekonnt und das knackige Tainted Skies verbindet straight, flott und griffig die Gruft mit dem Stadion.
Hungry Waters lehnt sich in einen poppigen Groove zum AOR samt schön cheesy daherkommenden Solo zurück und das toll nach vorne gehende Drink The Love of God zelebriert seine Goth-Ader exemplarisch durchsichtig und stromlinienförmig. Und während Time & The Vovid Ore sowie der unterwältigende Closer Poison Pages relativ unspektakuläre Standards darstellen, zeigt Reaping Song als am Klavier getragene Romantik auf und erzeugt eine feierliche Grandezza, als würde Nick Cave Madrugada beigetreten sein.
Deswegen kann mna zwischen den Punkten bei der Wertung nicht nur aufrunden, nein. Hier stellt Sub Rosa in Æternum außerdem in Aussicht, gar nicht erst der Weisheit letzter Schluss sein zu wollen, sondern eben nur ein weiteres Übergangsalbum darzustellen. Vor allem aber gilt: Mögen die Ergebnisse, zu denen Tribulation kommen, nicht immer restlos überzeugen, bleibt es doch eine absolut Freude, die Band dabei zu beobachten, wie sie kreativen Stillstand stets zu umgehen versteht.
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