Trhä – lhum jolhduc

von am 30. April 2021 in EP

Trhä – lhum jolhduc

Die Hintergründe von Trhä bleiben mysteriös. Sicher ist nur, dass lhum jolhduc die dritte faszinierende, bockstarke Veröffentlichung innerhalb eines knappen Jahres von der Atmospheric Black Metal-Anonymität geworden ist.

Drei überlange Songs – oder knapp 30 Minuten Spielzeit – fahren die Umlaute von Estland bis Albanien mutmaßlich als hirnwütige Lautmalerei durch einen extrem rohen, rauschhaftem Lo-Fi-Sound a la Paysage D’Hiver, der wie von allen guten Geistern verlassend keifend das Distanzgefühl irritiert, sich spitz schreiend die Haare aus dem Schädel rauft. Dazu hasten Melodien, die so unkonventionell gefühlt sonst nirgendwo ein Abonnement im Genre haben, noch und nöcher zu einer labyrinthischen Kaskade aus leviathanartigen Strukturen samt folkigen Elementen, überschwänglichen Harmonien und Bausteinen, die sich eben nicht nur auf Tremolos und Blastbeats limitieren.

Das ist dann so manisch und überschwänglich wie variabel und sehnsüchtig verzweifelt, episch, ja fast schon kitschig in der Eingängigkeit des pechschwarzen Bubblegum. Puristen könnten das klangtechnisch und ästhetisch lieben, kompositionell aber ebenso leicht verachten. Irgendwo dazwischen ist eine kaum zu stillende Sucht, durch die Vergänglich und die Rasanz und die augenscheinliche Unerschöpflichkeit an immer neuen Ideen im homogenen Ganzen.
Oder: das Songwriting macht in seiner bezaubernden Hässlichkeit einfach nihilistischen Spaß. Schon dôlh hat als längste Nummer mehr Wendungen und Tempowechsel in seinem organischen Fluss, als anderswo ganze Alben, während anderswo vor allem explizite Akzente wie der tackernde Goth-Piano-Minimalismus-Part von ëpfêrhäth fesselt.

tu ëëjatonëg lhëlh widmet sich dagegen dem reduzierten Synth-Ambient, melancholischer sinnierend entschleunigt, einer geradezu schmerzhafter Intensität. Am Ende klingt es, als würde der nominelle Closer erhobenen – aber kaputt eingeschlagenen – Hauptes durch einen mittelalterlichen Ballsaal in die Transzendenz schreiten.
Schlauer ist man danach ist, wenngleich euphorisiert, bevor mit erhlä eine Demo aus dem Jahr 2014 das Raum-Zeit-Kontinuum desorientiert. Hier agiert die mutmaßliche Ein-Mann-Macht Trhä kaum anders als in den ausformulierten (vermutlich) aktuellen Songs, obgleich die Dungeon-Synth-Schattierungen noch ungelenker und dominanter in der Auslage stellt, was all die Spekulationen über die Hintergründe von lhum jolhduc und seinen (noch etwas besseren) Vorgängerveröffentlichungen (der punkigen Deathspell Omega-Orientierung) novej kalhnjënno und Nvenlanëg nur noch leidenschaftlicher machen dürfte.

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