Trent Reznor & Atticus Ross – Challengers
Wie gut Trent Reznor und Atticus Ross mit der Ästhetik von Filmemacher Luca Guadagnino harmonieren, weiß man seit Bones and All. Für Challengers hat der italienische Regisseur die Nine Inch Nails-Köpfe aber aus ihrer Komfortzone verführt – und ihnen damit ein unkonventioneller ausgerichtetes Karriere-Highlight abgerungen.
„Do you want to be on my next film? It’s going to be super sexy?“ hat der Regisseur dem Musikerduo geschrieben und „very loud techno music“ gefordert, die nach Berlin schiele und den Spirit von 90er Raves in sich trage. Eine Steilvorlage für Reznor und Ross, die 14 Jahre nach In Motion ihre Synthies wieder vehement in den Club pushen lassen, Adrenalin und Euphorie am Anschlag halten und die Spannung im EBM und Acid-Rausch hochtreiben.
Wo so schon lange kein Film mehr derart eindrucksvoll von seinem Score auf den nächsten Level gehoben wurde, wie Challengers dies durch die Arbeit von Reznor und Ross gelingt, funktioniert die Musik auch für sich alleine stehen könnend ganz fabelhaft.
Der treibende Techno des Titelstück-Openers gibt dabei die Richtung vor – bis der iPhone-Wecker aus der Szene reißt und erst von Challengers: Match Point zu seinem Ende geführt werden wird, inklusive wirbelnder Streicher-Arrangements. Der schimmernde Retrofuturismus-Beat von „I Know“ erinnert dagegen vage Mutant Mayhem und wird herausfordernd von ein paar Ballwechseln unterbrochen, derweil der Titel von Yeah x10 (samt seinem Quasi-Reprise Stopper) die relaxte Party-Stimmung samt 80er-Patina vorgibt – Krawall und Remmidemmi zwischen The Rapture und Underworld. The Signal oder Brutalizer (samt der die Schrauben andrehenden Variation Brutalizer 2) pumpen beinahe mit Hotline Miami-Nervosität, während The Points That Matter kontemplativer tanzend halluziniert.
Spätestens Compress / Repress als konventionell am Songformat strukturierter Closer verdeutlicht dann aber auch, dass wir uns für diese Verausgabung meistens gar nicht so weit außerhalb der angestammten Nine Inch Nails-Zonen bewegen. Trent lässt sich hier von seiner How to Destroy Angels-Gattin Mariqueen Maandig-Reznor flüstern begleiten: „All is lust, all is lost, all is lost, inside us.“
Sieht man Challengers als eigenständiges Musikalbum, scheitert es nur einmal an seiner Geburts-Gebundenheit an das Medium Film: Wenn (das für sich genommen schön stimmungsvolle) L’oeuf als typische R&R-Ambient-Klavier-
Dem kurzen Interlude Lullabye gelingt dies später runder, weil homogener in das Pacing eingefügt. Zumal sich Final Set daraus auf ein atmosphärisches Klavier-Loop aufbaut und dann entschleunigt träumend, fast elegisch antreibt. Selbiges gilt für den Kinderchor in Friday Afternoons, Op. 7: A New Year Carol aus der Feder des Komponisten Benjamin, der butterweich zwischen Pull Over und der Assimilation Friday Afternoons, Op. 7: A New Year Carol (Part 2) gedeiht.
Wem Szenen wie diese den Techno-Purismus verderben, der wird vielleicht mit dem radikalen Boys Noize-Remix von Challengers ohnedies glücklicher werden. Reznor und Ross könnten derweil auch für diese Kontraste am 3. März 2025 durchaus verdient wieder ins Rampenlicht rücken.
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