Trent Reznor and Atticus Ross – Bird Box
Das beste an der exklusiv von Netflix vertriebenen, schrottig-langweiligen Romanverfilmung Bird Box von Susanne Bier ist definitiv der dazugehörige Soundtrack der Nine Inch Nails-Speerspitze um Trent Reznor und Atticus Ross – die eventuell gar beste Score-Arbeit des Duos seit The Girl With the Dragon Tattoo.
Wo sich Ross und Reznor seit dem 2011er-Werk abseits des Triptychons ihrer Stammband gemeinsam oder getrennt neben Kooperationen (mit Mogwai oder The Haxan Cloak) und verneigenden [amazon_link id=“B07HGGC725″ target=“_blank“ ]Coverversionen[/amazon_link] vordergründig mit dem musikalischen Untermalen von TV-Produktionen und Dokumentationen die Zeit vertrieben, es 2018 neben Bad Witch mit [amazon_link id=“B07JFRDP2T“ target=“_blank“ ]Mid90s[/amazon_link] eher ruhig angehen ließen, ist die Rückkehr auf die große Leinwand der Einstand zu vom Streamingdienst Netflix zusammengekaufter Resteverwertung potentiel scheiternder Blockbuster-Kandidaten in Form des abstrußen Bird Box an sich eine verschenkte Möglichkeit: Selbst der Soundtrack der beiden Oscar-Preisträger kann das Sandra Bullock-auf-Valium-Vehikel nicht retten.
Im Umkehrschluss lässt sich jedoch feststellen, dass dies keineswegs an der Qualität der Arbeit von Ross und Reznor liegt, überzeugt diese doch unmittelbar in ihren Bannkreis ziehend. Mehr noch: Die 66 Minuten des (nominell nur als verkürzte Version aufgelegten) Scores funktionieren nicht nur auch ohne die dazugehörigen Bilder absolut stimmungsvoll, sondern kurbeln das Kopfkino auf sich gestellt sogar durchaus einnehmender und imaginativer an.
Schon durch den Klang und Tonfall des prominent die Stimmung und Atmosphäre von Bird Box (etwa gerade in Sleep Deprivation oder A Hidden Moment) formenden Pianos nähert sich das Duo über die versammelten zehn Tracks sogar weiter an klassische Nine Inch Nails-Gefilde, als bisher. Gleich der das übergreifende Klavier-Thema gespenstisch in die hoffnungslose Melancholie fließen lassende Opener Outside positioniert sich trotz seiner verstörend im Hintergrund-Nebel wuchernder, zwitschernder Field Recordings melodisch in der Nähe von Ghosts I-IV, ist betörend schöner Ambient von seiner unterschwellig-beklemmendsten Seite: Diese subversive Form von Suspence und Horror kann der Film selbst niemals erzeugen. Vice Versa taucht die issolierte Musik den Alltag in ein ungemütlich-faszinierendes Zwielicht.
Ein Level, den Bird Box auch danach weitestgehend selbstverständlich hält, die stilistischen Gegebenheiten nur in subtilen Nuancen variiert. Die wellenförmig pulsierenden Synthieschwaden in Undercurrents werden etwa immer dramatischer und bedrohlicher, streifen den Noise, verweigern aber wie jede Szene hier den ultimativ befriedigenden Climax oder Ausbruch (nur das treibende Action-Stück Close Encounters hämmert unerbittlich symphonisch), während das kontemplative Looking Forwards and Backwards eine beinahe hoffnungsvoll betörende The Fragile-Ruhe ausstrahlt und What Isn’t Anymore gar mit einer nachdenklich-optimistischen Aufbruchstimmung liebäugelt. Careful What You Wish For drangsaliert dagegen die Spannung, das düstere And it Keeps Coming kriecht verstörend unter die Haut und das versöhnliche Last Thing Left entlässt mit tröstender Note.
Gelegentlich verliert sich der typische Signature Sound der beiden Klangbastler zwar über die volle Länge in einigen wenigen nicht unbedingt essentiellen Momenten des faszinierenden Leerlaufs, driftet aber auch dabei nie in eine austauschbare Beliebigkeit ohne Relevanz ab. Mit Bird Box haben Ross und Reznor eine selbst im schlechtesten Fall absolut solide Ergänzung ihres eigenen Hohheitsgebietes arrangiert, über weite Strecken jedoch weit mehr als das: ein wunderbar dicht gestrickter Albtraum für Fans.
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