Touchè Amorè / Pianos Become The Teeth – Split
Da bleckt die gesamte Gefolgschaft der Letztendlich-Doch-Nicht-Bewegung „The Wave“ zurecht lüsternd die Zähne: Dass beim Zusammentreffen von Pianos Become the Teeth und Touchè Amorè nichts schiefgehen konnte, war bei einem potentiell feuchten Traum für jeden Anhänger emotionalen Screamo-Hardcores eigentlich von vornherein klar. Dass diese knapp 10 Minuten aber derart berauschend geraten würden, überrumpelt dann doch gehörig.
Damit haben Touchè Amorè also beinahe die gesamte im Jahr 2011 noch als „The Wave“ richtig Furore machende, im Nachhinein doch „nur“ als loser Bund aus befreundeten Bands begeisternde Bandriege abgehakt – nach Make Do and Mend und La Dispute (beide 2010) nun eben die Topshelf-Kollegen Pianos Becomes the Teeth. Diese haben ja zuletzt auf ‚The Lack Long After‚ einstige Vorbilder doch ein wenig abgehängt und zeigen nun auf den hier aufgefahrenen fünfeinhalb Minuten noch einmal ausführlich, warum das wahlweise so gesehen werden kann. ‚Hiding‚ schmiedet einen atmosphärischen, ruhigen Anfangspart, beginnt aber schnell zu köcheln und verdichtet sich im Midtempo. Dazu kommt: Kyle Durfey singt hier mehr, als er sich in gewohnt hysterischer Weise durch die musikalisch ausgebreiteten, postrockigen Hardcore-Geflechte seiner Band schreit und hyperventiliert; und klingt so mehr denn je nach Conor Oberst im Rausch oder Titus Andronicus Geschichtenerzähler Patrick Stickles auf Speed.
‚Hiding‚ opperiert eindringlich als theoretisch balladeske Auslegung der klassischen Trademarks der Kombo, auch wenn die Band gegen Ende in einen mitreißenden Galopp verfällt. Nahe an den traditionell gemäßigter veranlagten Albumclosern wie ‚Young Fire‚ oder dem unerreichten Geniestreich ‚I`ll Get By‚ liefern Pianos Become The Teeth hier aufwühlendes mit viel Auslauf („But you can’t stay angry forever/ And I know but you can’t stay angry forever/ Or so I’m told./ But the house gets so quiet, sitting here wishing for just an hour or two/ Alone with you, well, it’s always too personal/ Always too close to comment/ They all mention how tired you look and you realize you haven’t said a word in hours/ Well, who’s hiding it, who the hell is hiding it?/ I guess it’s the things that I don’t say„), oder eben schlicht eine ihrer besten Kompositionen bisher – und wagen daneben trotzdem durchaus neues im Rahmen ihrer Möglichkeiten.
Aus dem Fenster lehnen sich auch Touchè Amorè am anderen Ende der Split-Zusammenkunft – wenn auch nicht musikalisch. Denn da ist das bereits Live-erprobte ‚Gravity, Metaphorically‚ von der ersten Sekunde an ein klassischer Song der Band, der dazu alle Beteiligten in Höchstform zeigt: Tyler Kirby`s Bass grummelt erbarmungslos, Elliot Babin’s Schlagzeug hat soundtechnisch wie immer eine Kurskorrektur vor sich, treibt aber gewohnt erbarmungslos an. Bis zur ersten Verschnaufpause nach knapp einer Minute hetzt die Nummer dabei grandios vorne weg und lässt keinen Vorzug der Ausnahmeband aus, bevor ‚Gravity, Metaphorically‚ nach zwei Minuten zum Break greift und sich in einen sanften Melodiereigen ziehen lässt.
Danach bauen Touchè Amorè die Spannung bis zum erlösenden Finale beinhart auf: „It was the first time, in a long time/ That I felt alive./ At least I tried, and my highest hopes were realized/ Then it flat lined./At least I tried./I woke up scared, but it’s alright because nothing’s changed“ schreit sich Jeremy Bolm die Seele aus dem Leib, wie das kaum jemand sonst aus seiner Generation aktuell derart berauschend kann. Und weil ‚Gravity, Metaphorically‚ mit über vier Minuten ein wahres Opus für die Band geworden ist (zumindest doppelt so lange also, wie die meisten bisherigen Touchè Amorè-Songs; selbst der bisherige Spitzenreiter – die ‚Honest Sleep‚-Version der selbstbetitelten 2008er EP – war eine satte Minute kürzer!) und die relative Langform der Band dazu unheimlich gut, nein, sogar ausgezeichnet steht, ist das hier ziemlich sicher das noch beachtlichere Statement als das schon großartige ‚Whale Belly‚ von der Split mit The Casket Lottery im letzten Jahr: eine regelrechte Hymne gar! Die Erwartungshaltungen für den noch dieses Jahr erscheinen sollenden Nachfolger zum Neo-Klassiker ‘Parting The Sea Between Brightness And Me‘ könnten damit eigentlich gar nicht höher gesteckt worden sein.
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