Tommy Prine – This Far South
Tommy Prine weiß, dass er sich das musikalische Leben durch Vergleiche mit seinem Vater John nur unnötig schwer machen würde, und bewegt sich auf This Far South deswegen nur ganz am Rande von etwaigen Country-Verortungen eher im Alt-Country-Rock oder Contemporary Singer Songwriter Folk.
Nach den beiden feinen (aber keinen Platz am Album findenden) Vorabsingles, dem sparsam inszenierten, berührend intimen und wirklich überraschend gelungenen Ships of the Harbor, sowie der angenehmen Routine Turning Stone, verfolgt der Ikonen-Spross den reduziert auf der Veranda sitzenden Ansatz nun aber nur bedingt. Das Instrumentarium ist nun gewachsen, das Songwriting routiniert, die Inszenierung professionell glatt, alles ist verträglich und generisch angerichtet – was aber nur in der ersten Hälfte des Albums negativ zu verstehen ist.
Mit dem gediegen rockenden Elohim (quasi eine zügig gen Alternative Rock eilende Boygenius-Baukasten-Melodie, tranig gesungen und bemüht wirkend, insofern gerade als Einstieg problematisch) sowie die ausgelassen freundlichen Party namens Mirror in the Kitchen Sink (die im Dunstkreis aus The Smiths– und The Cure-Gitarren/Harmonien samt ansteckendem Drive herausragend Spaß macht, und einem sonst unausgegorenes Werk pointiert seine Stärke im Indie-Americana weist), sind da außerdem zwei bewusst die Aufmerksamkeit auf sich ziehende Ankurbler platziert, die auf eine falsche Fährte lenken können, was den Charakter des Albums angeht – auch, weil diese mehr Eindruck hinterlassen, als weite Teile der restlichen Platte.
Tendenziell wird nämlich spätestens im letzten Drittel von This Far South schon klar, dass Prine eine ähnliche Stimmung (alleine mancher der gelungenen Texte wegen) wie bei Ships of the Harbor nutzt, diese nur auf eine breitere Basis legt, wenn auch manchmal weniger ob der Ausstattung der Nummern, als der erzeugten Atmosphäre wegen – ohne dabei aber die bewegende, hängen bleibende Prägnanz seiner ersten Single zu erreichen.
In Boyhood, dem ausnahmsweise nur Gitarren und Stimme genügen, um die angenehm subversives Understatement nutzenden Abgang der Platte einzuleiten, oder dem gehauchten Leisetreter-Pathos von Letter to My Brother sowieso, auch in dem gefühlvoll-romantischen Quasi-Fences-Sehnen Some Things oder dem mit Piano und Streicher schwelgenden Epilog I Love You, Always sind das bescheidene Kleinode, die jedoch abseits ihres balsamierenden Wohlklangs auch schnell vergessen sind. Es fehlt die wirklich unmittelbar in den Bann ziehende Leidenschaft – es gibt viel können, aber kein müssen.
Etwas kräftigere Konturen haben zwar das beschwörend verpuffende, episch aufmachen wollende, aber keine zwingende Intensität erzeugende Cash Carter Hill sowie der unaufgeregt schunkelnde, simple Semi-Ohrwurm Crashing Again (der so auch von David Duchovny stammen könnte), überzeugender gelingt aber eben der nachdenklich gezupften Folk des Titelstücks, auch wenn die Langeweile durch die latent banal bleibende Stimme lauert. Die richtige Balance aus Tempo und Kontemplation bereitet Schwierigkeiten.
So ganz scheint Prine aber generell noch nicht zu wissen, wo er auf Albumlänge (trotz einer relativen Kohärenz durch den formenden Sound) hin möchte. By the Way führt soulige Formatradio-Tendenzen zur entspannten Country-Verzierung und Reach the Sun pflegt beinahe einen schunkelnden Mainstream-Konsens im melancholischen Stadion-Feuerzeug-Licht, schön und nett, aber antiklimatisch. Zumal sich gerade hier zeigt, dass Prine Jr. von Produzent Ruston Kelly oftmals (und das ist der vielleicht größte Schönheitsfehler der zu gefällig eingefangenen Platte!) in dessen Komfortzone eine unangenehm nach Doppelungen gierende Vocal-Inszenierung auf den Leib schneidern hat lassen, was immer wieder auch eine enervierend an zeitgenössischen Trends gebügelten Plastikgeschmack bei This Far South mitschwingen lässt, der in seiner sauberen Kantenlosigkeit die zeitlose Wirkung des Songwritings untergräbt.
Viel besser hätten dem Material Ecken und Schrammen getan, denn auch wenn während des Konsums nicht der Eindruck entsteht, dass Tommy Prine wirklich etwas falsch machen würde, bleibt letztendlich auch kaum charakterstarkes in der Performance oder den soliden Kompositionen hängen. (Deswegen gibt es abschließend trotz vielversprechender Ansätze auch keine Aufrundung zwischen den Punkten – auch wenn sich die okaye Durchschnitts-Bewertung dann doch auch ein klein wenig zu niedrig gewählt und harsch für ein Potential zeigendes Debüt anfühlt.)
Kommentieren