Tombs – Savage Gold
Ob ‚Savage Gold‚ nur eine Momentaufnahme ist oder Mike Hill sich tatsächlich für eine Nische entschieden hat wird freilich erst die Zukunft zeigen: klarer positioniert als auf dem dritten Album hat er die wiedereinmal in neuer Besetzung antretenden Tombs allerdings noch nie.
Hill reißt seiner Band das Post-Metal-, Harcore- und Sludge-Fleisch regelrecht von den Rippen und definiert seine Band mit verstörender Konsequenz im weitesten Sinne als fiebrige Post-Black Metal-Kombo. „The Most Extreme TOMBS-Release Ever!“ – Tatsache! Zwangsläufig in dieser Konstellation: mit Ben Brand übernimmt der Gitarrero der Szeneband Woe den Tieftönner, Flourishing-Gitarrist Garett Bussanick komplettiert die zum Quartett aufgestockte Kombo mit sägenden Riffs, aufgenommen wurde in den Mana Recording Studios in St. Petersburgh/Florida von Genremeister Eric Rutan (Cannibal Corpse, Morbid Angel, etc.). Prägend ist jedoch vor allem die Performanve von Schlagwerker Andrew Hernandez II: der Mann trommelt sich unermüdlich einen Wolf, tapeziert ‚Savage Gold‚ mit rasenden Blastbeats und schonungslosem Geknüppel, meistert aber gleichzeitig die Gradwanderung sich rechtzeitig zurückzuehmen und für seine Kollegen zusätzliche Räume zu öffnen. Hill muss seinen Sucht nach extremen Experimenten so nur auf den ersten Blick (ernüchternd) weitreichend eindämmen, sondern lässt diese viel eher nach strikteren Regeln spielen, auch wenn die enorm stringent ausgerichtete Eingangsphase der Platte dies auf die ersten Durchgänge kaschiert.
‚Seance‚ kotzt zwar in seiner letzten Minute ein regelrecht episches Szenario in die Finsternis, die Leadgitarre in ‚Thanatos‚ operiert verdammt methodisch am Math und ‚Portraits‚ hetzt mit sich überschlagenden Drums auf ein Shoegaze-Finale zu, die erste Verschnaufpause nach der ratternden Eröffnung gibt es dennoch erst mit dem tranceartigen ‚Echoes‚, in dem Hill seine Stimme auch abseits fieser Mastodon’scher Growlparts auffächert und zwischen tackernden Rhythmen, straighten Metalpassagen und flächigen Ambientpassagen wütet. Das Tempo drumherum ist jedoch zumeist halsbrecherisch, die Aussichten postapokalyptisch. Die kalten Post-Punk-Signaturen in den Melodien und der beklemmend dunklen Atmosphäre sind dabei allgegenwärtig geblieben, Tombs ziehen ihre intensiven Stimmungsspiele nach Belieben auf, vermengen den Wave der 80er mit einem corpsepaintbefreiten Blick zum Black Metal der Gegenwart: ‚Deathtripper‚ nimmt erst jegliches Tempo raus um sich beängstigend köcheln vor Killing Joke zu verneigen, nur um letztendlich Meshuggah und Liturgy zusammenzuführen.
Das überragende Doppel ‚Edge of Darkness‚ und ‚Ahes‚ assimiliert ausladenden Thrash-Motive und nackenbrechende Pitszenarien, während der beinahe zu spät kommende Ruhepol ‚Severed Lives‚ eines der Mankos von ‚Savage Gold‚ gleichermaßen wohl dosiert wie in übermäßiger Ausführlichkeit aufzeigt: wäre die Spielzeit an einigen Stellen beschnitten worden und die stramm gehaltenen Zügel paradoxerweise gleichzeitig öfter gelockert worden wäre Tombs wohl ein noch zwingenderes Album gelungen.
Zumal das hinterrücks variantenreiche ‚Savage Gold‚ mit seinem steten Drang nach tackernden Double-Bass Attacken auch durchaus weniger vielseitig, geradliniger und nicht derart unberechenbar wirkt wie das streunende ‚Path of Totality‚, in seiner Dynamik vor allem in frontaler Ansicht geradezu eindimensional im Korsett agierend wirkt: derart emotional intensive Momente wie auf den Vorgängern gelingen Tombs auch mangels wahrhaftig zurückgenommenerer, eindringlicher Augenblicke zu selten. Freilich alles eine Frage der Perspektive: mögen Tombs im eigenen Schaffen auch bereits ein breiteres Spektrum abgedeckt haben, fügen sie dem Raster von Post-Bands (██████, Woods of Desolation, etc.) die den Black Metal als Ausgangspunkt für die eigene Spielwut genommen haben mit dem Überraschungsmoment auf ihrer Seite praktisch spielend eines der packendsten Kapitel 2014 hinzu.
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