Tom Morello – The Atlas Underground Fire
The Atlas Underground hat die Latte vor zwei Jahren besonders tief gelegt – und dennoch bemüht sich Tom Morello auf The Atlas Underground Fire halbherzig, diese im Qualitätslimbo noch zu unterschreiten.
Um es gleich vorwegzunehmen: es wird Morello nicht gelingen. Dafür ist das Doppel aus Driving to Texas, einem nett-ästhetischen Synthpop aus dem Kanon von Phantogram, der sogar das 08/15-Solo am Ende atmosphärisch erscheinen lässt, sowie The War Inside (als entspannter Acoustic-Americana-Rocker-Kitsch, dem Chris Cornell wohl nachhaltigere Relevanz einimpfen hätte können, als der sein bestes gebende Chris Stapleton) einfach zu solide gelungen.
Selbst Naraka, obwohl nach dem gefühlt unveränderbaren MO aus lauernder Strophe (hier: eindimensionaler Elektro-Murks) und vollem Abgeh-Saft im Chorus (hier: plakativer Trap), geht erstaunlich okay, oder ist zumindest ebenso belanglos wie der plumpe Popbaukasten Night Watch.
Das sind inmitten eines abermaligen Sperrfeuers die realativen Lichtblicke, an denen man sich nicht stören muss, auch nicht an deren mangelnder Substanz. Das geht ins Ohr rein und wieder raus ohne allzu gravierende Schäden zu hinterlassen, man verliert zumindest nicht wieder den Verstand vor lauter grauenhafter Selbstdemontage. Meistens aber ist die Achse aus nicht auszumachendem Geschmack und fehleingeschätzter Ambition doch wieder ein Kreuz, das Morello wie einen aufdringlichen Affront an jedweden Qualitätsstandards vor sich herträgt – und das Feature-Sammelsurium The Atlas Underground Fire letztendlich ein ähnlicher Offenbarungseid wie sein Vorgänger.
Harlem Hellfighter eröffnet etwa als zum Möchtegern-Song ausgewalztes Intro im Stile eines potentiellen Remix aus typischen Morello-Stangenwaren-Riffs, ausgelutschten EDM-Beats und japanischem J-Pop-meets-Metal-Klischees, von dem Poppy sich beschämt abwenden würde. Immer noch gnädiger, als wenn nach Charmed I’m Sure (diesem überholt-nervigen Dubstep-Unfall, mit Audioslave-Erbrochenen, wie ihn selbst Skrillex und Steve Aoki nur mit der Kneifzange anfassen würden) sowie dem willkürlich platzierten (uninspiriert-langweiligen Midtempo-Synthpop von) Save our Souls (mit seiner eingängigen, aber penetranten Hook entlang banaler Dennis Lyxzen-Texte) On the Shore of Eternity den pumpenden Instrumental-Abgang mit heulender Gitarre macht, über 9 Minuten mäandern, sich aber nach einer Ewigkeit mehr anfühlt.
Let’s Get the Party Started (mit Bring Me the Horizon-Mann Oli Sykes) klingt dagegen, als würden Weezer versuchen, einen geschrotteten Rage Against The Machine Kadaver zu einem Nu/Metalcore-Pop samt grotesker Texte aufwärmen. Hold the Line (mit Grandson) und (das dank Damian Marley mit ein wenig Reggae-Pastiche daherkommende, später aber auch mit nervtötenden Sirenen und fauchenden Vocals ausgestattete) The Achilles List sind so unangenehm für den Club-Dancefloor am Reißbrett konstruierte, fett detonierende Ärgernisse, mit denen sich Morello als Alternative/Elektro/Dance/Punk-Alchimist positionieren will, dabei aber jedweden Sinn für Originalität, Ästhetik oder kompositionelles Gespür vermissen lässt – quasi dem wunderschönen Cover entsprechend als der Elefant im Porzelanladen agiert.
Wie trittsicher Morello dabei den gemeinsamen Nenner aus übersättigender Überproduktion und einem charakterlos-eklektischen Songwriting ohne lohnenswerte Ideen hinter einer anbiedernden Fassade findet, ist jedoch nicht das faszinierendste an The Atlas Underground Fire. Sondern die Frage, wie zum Teufel Morello es wohl geschafft hat, Bruce Springsteen und Eddie Vedder zu einem ohne jede kreative Relevanz auskommenden Karaoke-Totalausfall wie dem AC/DC-Cover 2 zu überreden.
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