Toe – The Future Is Now
Toe melden sich mit sommerlichem Math-Rock zurück, der einmal mehr aufzeigt, wie unfassbar entspannt und leichtfüßig die Instrumental-Japaner klingen können, obwohl sie sich in dieser Geschwindigkeit an ihren Instrumenten eigentlich wundspielen müssten.
So ganz haben sich die vier dabei trotz der Tatsache, dass ihre letzte Veröffentlichung auch schon wieder über drei Jahre her ist immer noch nicht entscheiden wollen, in welchem Eck sie sich letztendlich ausschließlich wohl fühlen, spielen ihren Mathrock deswegen weit drinnen im Post-Rock und holen so das beste aus beiden Genres: Toe bleiben eine der wenigen Math-Bands, die vertrackt im Limit der Instrumentierungen balancieren, deren Musik aber dennoch auch ganz formidabel den Kopf umwandern kann und es sich wohlig im Bauchbereich bequem macht. Die oftmals starren Strukturierungen des Post-Rock wiederum werden elegant umgangen, Spannungen werden nicht nur auf- und abgebaut, sondern fließen ineinander, drehen Pirouetten und verebben auch schon mal, wenn das songdienlicher ist, als wellenförmig von dannen zu ziehen.
Das Spiel der Japaner wird dabei noch immer exemplarisch angetrieben vom versierten Non-Stop Duracell-Drumming im Spannungsfeld Jazz und Rock von Takashi Kashikura, der in den versammelten 15 Minuten wohl mehr Schlagzeugkontakte hat, als andere Berufskollegen auf einem ganzen Album. Dennoch holt ‚The Future Is Now‚ das Gitarrenspiel der Band wenn schon nicht dominanter, so doch prägnanter als bisher in den Vordergrund, Takaaki Mino und Hirokazu Yamazaki denken und lenken die Strukturen vorneweg und definieren die vier Songs maßgeblich. ‚Run For Word‚ lässt die Saiteninstrumente perlen und picken, als sorgsame Eckpfeiler um den hastigen Math sprinten, in dem das Schlagzeug immer schon zwei Ecken vor dem hastigen Rest zu purzeln scheint. Und dennoch eben: von Hektik keine Spur.
In der EP Version von ‚Ordinary Days‚ springen die melancholischen Gitarren anschmiegsam in das polyrhythmische Schlagzeugspiel, der Bass grollt tief, E-Piano und Synthesizer werkeln unaufdringlich im Hintergrund, bevor der Song auf seine letzten Meter neben seine verstrickten Grundmelodien auch noch melodisch verträumt-gesummten Gesang einbaut. Im Titelsong passiert das bisher Dargebotene dann ganz ähnlich noch einmal ohne sich abzunutzen, mit Handpicking schielt man gen Folk und lässt elegante Pianolinien dazuplätschern. Am besten sind Toe jedoch im poppigen ‚Tsuki Kake‚, wenn sie gemeinsam mit Gastsängerin Aco in die Fußstapfen von Boris und ihrem sommerlichen ‚Rainbow‚ treten, selbst wenn hier keine Gitarre aus dem Schlaf reißt: verträumt schmiegt sich der zweistimmige Gesang an die perlenden Akustikgitarrenfäden, die unwirkliche Stimmung gedeiht herzlich und warm. Wäre hier nicht alles viel zu ausgefeilt und kompliziert komponiert, könnte man es beinahe mit Indierock zu tun haben. Ein markantes Aufzeigen nach der gefühlten Pause seit 2009: Halten Toe dieses Niveau auch auf dem kommenden Album aufrecht, steht da nicht nur ein Mathrock-Fest und Discographiehöhepunkt bevor, sondern vielleicht sogar auch ein bisschen das Album, das ‚For All Innocence‚ zuletzt nicht als adäquater ‚Phantasia‚-Nachfolger sein konnte.
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